Leitsatz (amtlich)
Ein Anrecht ist im Sinne des § 20 Abs. 1 VersAusglG nur insoweit nicht ausgeglichen, als weder eine Verrechnung mit gegenläufigen Anrechten nach dem bis 31.08.2009 geltendem Recht noch die Anordnung eines Ausgleiches erfolgten (Anschluss an OLG Celle NJW 2011, 1743, 1744f.).
Private Kranken- und Pflegeversicherungsaufwendungen des Ausgleichspflichtigen können vom Ausgleichswert im Sinne des § 20 Abs. 1 S. 2 VersAusglG aus Billigkeitsgründen auch in der Höhe abgezogen werden, soweit der Ausgleichspflichtige bei fiktiver freiwilliger Versicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf den Ausgleichsbetrag dort Aufwendungen hätte.
Normenkette
VersAusglG § 2 Abs. 2, §§ 20-21, 53
Verfahrensgang
AG Bad Homburg (Aktenzeichen 93 F 657/15) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 03.05.2018 wird der auf den 29.03.2018 datierte und am 04.04.2018 auf die dortige Geschäftsstelle gelangte Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Bad Homburg vor der Höhe, Az. 93 F 657/15 VA, unter Zurückweisung seines Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Dem Antragsgegner wird geboten,
an die Antragstellerin im Voraus
ab 01.08.2015 mtl. EUR 261,35,
ab 01.03.2016 mtl. EUR 261,80,
ab 01.06.2016 mtl. EUR 261,91,
ab 01.07.2016 mtl. EUR 257,27,
ab 01.06.2017 mtl. EUR 257,40,
ab 01.07.2017 mtl. EUR 255,23,
ab 01.06.2018 mtl. EUR 255,44 und
ab 01.07.2018 mtl. EUR 251,70
zu zahlen sowie
b) seine ab dem Monat, der dem Monat des Eintritts der Rechtskraft hiesiger Entscheidung folgt, fällig werdenden Ansprüche gegen die A. Lebensversicherungs-AG in Höhe von mtl. EUR 215,67 und gegen die E. Lebensversicherung AG in Höhe von mtl. EUR 36,03 an die Antragstellerin abzutreten.
Die Gerichtskosten des Verfahrens beider Instanzen tragen die Beteiligten je hälftig; im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.
Beschwerdewert: EUR 4.418,00
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Frage fort, in welchem Umfang der Antragstellerin Ansprüche auf Versorgungsausgleich nach der Scheidung gegen den Antragsgegner zustehen.
Die Beteiligten heirateten am 30.04.1999 einander. Der Antrag des jetzigen Antragsgegners auf Scheidung der Ehe wurde der jetzigen Antragstellerin am 25.10.2003 zugestellt. Die Ehe wurde durch rechtskräftiges Urteil vom 06.05.2005, Az. 91 F 661/03 des AG Bad Homburg vor der Höhe, geschieden. Mit nachfolgendem Beschluss vom 21.06.2005 begründete das Amtsgericht - zu Lasten des Versicherungskontos des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung - zu Gunsten der Antragstellerin auf deren Versicherungskonto in der gesetzlichen Rentenversicherung Rentenanwartschaften von mtl. EUR 47,60, bezogen auf den 30.09.2003, und ordnete deren Umrechnung in Entgeltpunkte an. Im Übrigen behielt es den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vor.
Dieser Entscheidung legte es zugrunde ermittelte Anrechte des Antragsgegners wegen Alters in Höhe von mtl. EUR 173,75 bei der E. Lebensversicherung AG (im Folgenden: E.), die es gemäß der BarWertVO in einen volldynamischen Rentenbetrag von mtl. EUR 90,80 umrechnete, ebenso ein Anrecht des Antragsgegners bei der A. Lebensversicherungs-AG (im Folgenden: A.) von mtl. EUR 641,70, umgerechnet nach der BarWertVO in einen volldynamischen Rentenbetrag von mtl. EUR 335,36. Dem setzte es gegenüber ein ehezeitliches Anrecht der Antragstellerin von mtl. EUR 140,65 in der gesetzlichen Rentenversicherung, so dass es zu einem Differenzbetrag von mtl. (EUR 90,80 + EUR 335,36 - EUR 140,65=) EUR 285,51 gelangte und - rein rechnerisch - eine Ausgleichspflicht des Antragsgegners von mtl. EUR 142,76 annahm. Da der Antragsgegner über keine ehezeitlich erworbenen, real teilbaren Anrechte verfügte, beschränkte das Familiengericht den Ausgleich auf einen in der gesetzlichen Rentenversicherung zu übertragenden Monatsbetrag von EUR 47,60, § 3b I VAHRG, und verwies die Beteiligten im Übrigen auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, § 2 VAHRG. Die hiergegen gerichtete befristete Beschwerde, mit der der Antragsgegner auch eine Unbilligkeit des Ausgleiches geltend machte, nahm er am 02.06.2006 zurück.
Der am 27.09.1936 geborene Antragsgegner ist wieder verheiratet.
Die Antragstellerin bezieht seit 01.06.2015 Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Mit Antrag vom 22.06.2015, dem Antragsgegner zugestellt am 01.08.2015, machte sie Ausgleichsansprüche nach der Scheidung geltend; sie begehrt insoweit auch die Abtretung künftig fällig werdender Ansprüche des Antragsgegners gegen die Versorgungsträger an sie.
Mit dem angefochtenen Beschluss, dem Antragsgegner zugestellt am 06.04.2018, verpflichtete es diesen - soweit im Beschwerdeverfahren noch von Interesse -, an die Antragsgegnerin ab 01.08.2015 mtl. EUR 383,15 sowie ab 01.03.2016 mtl. EUR 383,70 zu zahlen; in letzterer Höhe ordnete es die Abtretung der Ansprüche des Antragsgegners gegen die Allianz, beginnend ab 01.05.2018, an.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners...