Leitsatz (amtlich)

1. Mit dem Tod des Erblassers entfällt das (isolierte) Feststellungsinteresse für eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Pflichtteilsentziehungsrechts.

2. Da der Erfolg einer von der Antragstellerin erhobenen Auskunftsklage über den Bestand des Nachlasses gem. § 2314 BGB oder einer Leistungsklage auf Auszahlung des Pflichtteils von der Wirksamkeit der Pflichtteilsentziehung abhängen, besteht keine Notwendigkeit, den Bestand der Pflichtteilsentziehung durch eine Feststellungsklage isoliert vorab zu klären.

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Beschluss vom 22.06.2004; Aktenzeichen 4 O 181/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG Limburg v. 22.6.2004 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Das LG hat der Antragstellerin die begehrte Prozesskostenhilfe (PKH) für die angestrebte Feststellungsklage mit Beschluss v. 22.6.2004 versagt. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Klagebegehren habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der hiergegen mit Schriftsatz v. 26.7.2004 eingelegten (sofortigen) Beschwerde hat das LG durch Beschluss v. 30.11.2004 nicht abgeholfen und darin ausgeführt, die angestrebte Klage sei (zudem) wegen fehlendem Feststellungsinteresses unzulässig.

II. Die nach § 127 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässige und gem. § 568 ZPO durch den Einzelrichter zu bescheidende sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat der Antragstellerin die begehrte PKH im Ergebnis zu Recht versagt.

1. Allerdings durfte die PKH nicht mit der Begründung verweigert werden, dass der angestrebten Klage eine hinreichende Aussicht auf Erfolg fehle.

Die Anforderungen an die rechtlichen und tatsächlichen Erfolgsaussichten dürfen grundsätzlich nicht überspannt werden. Eine hinreichende Erfolgsaussicht für eine Rechtsverfolgung liegt vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragsstellers auf Grund seiner Sachdarstellung für zumindest vertretbar hält. Das gilt auch dann, wenn über die Behauptung der PKH begehrenden Partei Beweis zu erheben ist und die Beweisführung nicht von vornherein unmöglich erscheint (BGH v. 21.1.1994 - V ZR 238/92, MDR 1994, 479 = NJW 1994, 1161; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 114 Rz. 26).

Vorliegend ist über die Wirksamkeit der Pflichtteilsentziehung von Seiten der Erblasser Beweis zu erheben, da die Antragsstellerin bestreitet, sich überhaupt einer nach § 2333 Nr. 2 BGB relevanten Verfehlung schuldig gemacht zu haben.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Beweiserhebung von vornherein zu Ungunsten der Antragsstellerin ausgehen muss, zumal die Beweislast für das tatsächliche Vorliegen der den angegebenen Entziehungsgrund tragenden Umstände gem. § 2336 Abs. 3 BGB die Antragsgegner als Pflichtteilsschuldner trifft.

2. Die begehrte PKH war jedoch deshalb zu versagen, weil es der angestrebten Feststellungsklage an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis mangelt, worauf das LG in seinem Nicht-Abhilfebeschluss v. 30.11.2004 zutreffend abgestellt hat.

Soweit die Antragstellerin unter Verweis auf ein Urteil des BGH v. 20.1.93 (BGH v. 20.1.1993 - IV ZR 139/91, NJW-RR 1993, 391) meint, eine Feststellungsklage sei das taugliche Rechtsmittel zur Durchsetzung ihre Begehrens, übersieht sie, dass der BGH dies in der zitierten Entscheidung nur für den Fall angenommen hat, dass der Erblasser entweder noch am Leben ist oder über das Begehren in Form einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO als Vorfrage i.V.m. weiteren Ansprüchen zu entscheiden ist, die auf Auskunft oder Leistung gerichtet sind.

Mit dem Tod des Erblassers aber entfällt das (isolierte) Feststellungsinteresse für eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Pflichtteilteilsentziehungsrechts. Nunmehr kommt es nicht mehr allein darauf an, ob ein Pflichtteilentziehungsrecht bestand, vielmehr geht es jetzt um das umfassendere Rechtsverhältnis, ob trotz der Pflichtteilsentziehung ein Pflichtteilsrecht besteht (BGH v. 20.1.1993 - IV ZR 139/91, NJW-RR 1993, 391 = FamRZ 1993, 689).

Da der Erfolg einer von der Antragstellerin erhobenen Auskunftsklage über den Bestand des Nachlasses gem. § 2314 BGB oder einer Leistungsklage auf Auszahlung des Pflichtteils von der Wirksamkeit der Pflichtteilsentziehung abhängen, besteht keine Notwendigkeit, den Bestand der Pflichtteilsentziehung durch eine Feststellungsklage isoliert vorab zu klären. Ein solches Rechtsbedürfnis könnte die Antragstellerin - was sie aber nicht will - allenfalls mit einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO verbunden mit weiteren Ansprüchen geltend machen (BGH v. 6.12.1989 - IVa ZR 249/88, BGHZ 109, 306 = MDR 1990, 420).

Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nach § 127 Abs. 4 ZPO entbehrlich.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1311958

OLGR-West 2005, 300

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