Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Aufwendungsersatzanspruchs für Ergänzungspflegschaft
Verfahrensgang
LG Hanau (Beschluss vom 12.01.2004; Aktenzeichen 3 T 310/03) |
AG Hanau (Aktenzeichen 20 VIII 40/02) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 187,63 Euro.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) wurde mit Beschluss vom 1.10.2001 zum Ergänzungspfleger für den Wirkungskreis ausländerrechtliche und asylrechtliche Betreuung für den ohne Begleitung der Eltern in die Bundesrepublik Deutschland eingereisten Minderjährigen bestellt. In dieser Eigenschaft stellte er für den Minderjährigen am 9.11.2001 bei dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge einen Asylantrag. Nachdem der Minderjährige freiwillig in seine Heimat Afghanistan zurückgekehrt war, nahm er den Asylantrag am 3.2.2003 zurück.
Nach Aufhebung der Pflegschaft mit gerichtlichem Beschluss vom 5.5.2003 beantragte der Ergänzungspfleger mit einem am 19.5.2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz die Festsetzung von Aufwendungsersatz für die von ihm für den mittellosen Minderjährigen geleisteten beruflichen Dienste auf der Grundlage einer Gebühr gem. § 118 Abs. 1 BRAGO aus einem Gegenstandswert von 3.000 Euro zzgl. Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer i.H.v. insgesamt 187,63 Euro gegen die Staatskasse.
Der Festsetzungsantrag wurde durch Beschluss des AG vom 27.10.2003 mit der Begründung zurückgewiesen, der Aufwendungsersatzanspruch sei nicht innerhalb der 15-Monats-Frist des § 1835 Abs. 1 S. 3 BGB geltend gemacht worden und deshalb erloschen.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Ergänzungspflegers wies das LG mit dem angefochtenen Beschluss zurück.
Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Ergänzungspflegers, mit welcher er insb. geltend macht, für den Bereich der anwaltlichen Tätigkeit sei für die Entstehung des Anspruches auf die Sondervorschrift des § 16 BRAGO abzustellen, wonach Fälligkeit und Entstehung des Anspruches auf den Zeitpunkt der Beendigung des Auftrages zusammenfielen. Der anwaltliche Gebührenanspruch sei deshalb erst mit dem Abschluss des Asylverfahrens beim Bundesamt durch die Zustellung des Einstellungsbescheides am 7.3.2003 entstanden.
II. Die sofortige weitere Beschwerde erweist sich kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss gem. § 56g Abs. 5 S. 2 FGG als statthaft und auch im Übrigen zulässig, da sie insb. form- und fristgerecht eingelegt wurde. In der Sache führt das Rechtsmittel nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
Gemäß §§ 1835 Abs. 1 und 3, 1908i Abs. 1, 1915 Abs. 1 BGB gelten als Aufwendungen, für die sowohl der ehrenamtlich als auch der berufsmäßig bestellte Vormund, Betreuer oder Pfleger Ersatz verlangen kann, auch solche Dienste, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören. Für die Auslegung dieser Vorschrift ist zu berücksichtigen, dass die Entschädigungsvorschriften der §§ 1835, 1836 BGB eine strenge Unterscheidung zwischen Aufwendungsersatz und Vergütung treffen und eine Entschädigung für den Arbeits- und Zeitaufwand grundsätzlich nur als Vergütung nach § 1836 BGB verlangt werden kann (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 63. Aufl., § 1835 Rz. 2; Schwab in MünchKomm, 13. Bearb., § 1835 Rz. 18 f.; Bauer/Deinert, HK-BUR, § 1835 Rz. 54; Jürgens, Betreuungsrecht, 2. Aufl., § 1835 Rz. 3). Deshalb ist der Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 3 BGB als Ausnahme anzusehen und nur auf solche Tätigkeiten anzuwenden, die üblicherweise einem hierauf spezialisierten Dritten übertragen werden und von dem Betreuer gerade aufgrund seiner Ausbildung als berufsspezifische Dienste selbst erledigt werden können (vgl. BayObLG FamRZ 1998, 1050; und FG Prax 2002, 64; OLG Braunschweig NdsRpfl 2001, 2061; RGRK/Dickescheid, BGB, 12. Aufl., § 1835 Rz. 9; Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl., vor §§ 65 ff. FGG Rz. 100; Staudinger/Engler, BGB, 13. Bearb., § 1835 Rz. 30; Palandt/Diederichsen, BGB, 63. Aufl., § 1835 Rz. 13; Deinert/Lütgens, Die Vergütung des Betreuers, 3. Aufl., S. 77; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1835 Rz. 21).
Gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 BRAGO kann ein berufsmäßig zum Betreuer, Vormund oder Pfleger bestellter Rechtsanwalt seine Tätigkeit grundsätzlich nicht auf der Grundlage der BRAGO liquidieren (vgl. BGH v. 17.9.1998 - IX ZR 237/97, BGHZ 139, 309 [311] = MDR 1998, 1435 = AG 1999, 80 = GmbHR 1998, 1133). Eine Honorierung bestimmter Einzelaufgaben gem. § 1835 Abs. 3 BGB auf der Grundlage der BRAGO kommt nach § 1 Abs. 2 S. 2 BRAGO jedoch ausnahmsweise in Betracht, wenn deren Erledigung sich als eine für den Beruf des Rechtsanwalts spezifische Tätigkeit im Sinne einer vertieften Befassung mit schwierigen Rechtsfragen darstellt (vgl. BVerfG v. 15.12.1999 - 1 BvR 1904/95, FamRZ 2000, 345 [347]; BGHZ 139, 309 [312]; BayObLG v. 17.12.2001 - 3 Z BR 268/01, NJW 2002, 1660; und FGPrax 2002, 64; OLG Karlsruhe v. 15.11.2000 - 11 Wx 88/00, OLGReport Karlsruhe 2001, 65 = NJW ...