Leitsatz (amtlich)
Voraussetzungen der Rüge der Verletzung rechlichen Gehörs nach § 44 FamFG
Normenkette
FamFG § 44
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. Das erstinstanzliche Aktenzeichen wird aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht mitgeteilt.
Die Rügen in den Beschwerdeverfahren 20 W 155/15 und 20 W 362/15 werden als unzulässig verworfen.
Die Rüge in dem Verfahren 20 W 392/15 wird zurückgewiesen.
Gründe
Soweit die Beteiligten mit Schriftsatz vom 23.05.2020 erklärt haben, die Beschlüsse des Senats vom 12.05.2020 in den Verfahren 20 W 155+362+392/15 per Beschwerde und Rüge zurückzuweisen, war der damit eingelegte Rechtsbehelf gegen die genannten Beschlüsse ausschließlich als Rüge der Verletzung des Anspruchs der Beteiligten auf rechtliches Gehör im Sinne von § 44 FamFG auszulegen.
Denn die Gehörsrüge findet statt, wenn ein Rechtsmittel oder Rechtsbehelf gegen die Entscheidung oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht gegeben sind (§ 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 FamFG) und ein durch die Entscheidung beschwerter Beteiligter eine entscheidungserhebliche Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend macht (§ 44 Abs. 2 S. 4, Abs. 1 Nr. 2 FamFG).
Die genannten Senatsbeschlüsse können mit der Rechtsbeschwerde als ordentlichem Rechtsmittel nicht angegriffen werden. Denn der Senat hat in den Beschlüssen vom 12.05.2020 zu den Aktenzeichen 20 W 362/15 und 20 W 392/15, mit denen er über Beschwerden der Beteiligten erkannt hat, die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen (§ 70 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 FamFG). Mit der Entscheidung vom 12.05.2020 unter dem Aktenzeichen 20 W 155/15 hat der Senat eine Gehörsrüge der Beteiligten zurückgewiesen; jene Entscheidung ist gemäß § 44 Abs. 1 S. 3 FamFG unanfechtbar.
Die Beteiligten rügen unter Verweis u. a. auf Art. 103 GG ausdrücklich, dass die genannten Entscheidungen des Senats auch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzten.
Neben der für das Verfahren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in § 44 FamFG normierten Gehörsrüge findet - entgegen der Ansicht der Beteiligten - darüber hinaus keine weitere allgemeine Rüge der Verletzung des Anspruchs aus Art. 103 Abs. 1 GG (oder auch anderer Rechte) mit möglicherweise niedrigeren Anforderungen statt, als sie § 44 FamFG stellt. Die mit AnhörungsrügenG vom 09.12.2004 (BGBl. I, 3220) durch den Gesetzgeber vorgenommene Erweiterung der Vorschriften betreffend verfahrensspezifische Anhörungsrügen stellt eine Reaktion auf den Plenarbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30.04.2003 (Az. 1 PBvU 1/02, zitiert nach juris) dar (vgl.: BR-Drs. 663/04, S. 1). In jenem von den Beteiligten angeführten Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass ein Rechtszustand verfassungswidrig ist, wenn (und soweit) eine Verfahrensordnung keine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit für den Fall vorsieht, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. Fachgerichtliche Abhilfemöglichkeiten waren seinerzeit in den Verfahrensordnungen nicht in allen Fällen vorgesehen, insbesondere nicht im Hinblick auf Entscheidungen von Rechtsmittelgerichten. Da eine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit auch gegen Entscheidungen im Beschwerdeverfahren mit § 44 FamFG nach der hier geltenden Gesetzeslage aber eröffnet ist, gibt es keinen Anlass, einen weiteren darüberhinausgehenden übergesetzlichen Rechtsbehelf als eröffnet anzusehen.
Von dem umfangreichen Vorbringen der Beteiligten nach Erlass der gerügten Senatsentscheidungen (einschließlich Anlagen über weitere 1.000 Seiten eingereichtes Schriftgut) bleiben nach dem 03.06.2020 von den Beteiligten erstmals vorgebrachte nach ihrer Auffassung bestehende Gehörsverletzungen bei der Entscheidung in den Rügeverfahren außer Betracht.
Für die Erhebung der Rüge gilt gemäß § 44 Abs. 2 S. 1 FamFG nämlich eine Frist von zwei Wochen ab Kenntniserlangung von der Verletzung rechtlichen Gehörs; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Regelmäßig besteht ab dem Zeitpunkt der Zustellung der gerügten Entscheidung die Gelegenheit, etwaige Gehörsverletzungen in der Entscheidung auch zur Kenntnis zu nehmen (vgl. Obermann in BeckOK FamFG, 34. Edition, Stand: 01.04.2020; § 44 FamFG, Rn. 39a; BGH, Beschluss vom 11.05.2006, Az. IX ZR 171/03, zitiert nach juris Tz. 2).
Innerhalb dieser Frist müssen die jeweiligen Rügegründe regelmäßig dargelegt sein. Nach Ablauf der Einlegungsfrist kann die Anhörungsrüge nicht durch eine nachgeschobene Begründung auf weitere, neue Grundlagen gestellt werden (BGH, Beschluss vom 08.12.2015, Az. V ZB 44/15, zitiert nach juris, Tz. 5).
Da die Beteiligten vorliegend keine Umstände dargelegt und glaubhaft gemacht haben, aus denen sich eine Kenntniserlangung etwaiger Rügegründe erst nach Zustellung der gerügten Entscheidungen ergeben würde, ist nur auf solche überhaupt einzugehen, welche spätestens zwei Wochen nach Zustellung der gerügten Entscheidung an die Beteiligten, und damit bis 03.06.2020, bezeichnet worden sind.
Bis zu d...