Entscheidungsstichwort (Thema)
GewSchG: Zur Auslegung des Merkmals "auf Dauer angelegter gemeinsamer Haushalt"
Normenkette
GewSchG § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Darmstadt (Beschluss vom 23.06.2024; Aktenzeichen 58 F 267/24 GS) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Der Antrag der Antragstellerin vom 14. Februar 2024 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner wendet sich gegen die Zuweisung der Wohnung an die Antragstellerin in einem Hauptsacheverfahren nach dem GewSchG.
Bei den Beteiligten handelt es sich um die nicht miteinander verheirateten Eltern von einer 20 Jahre alten Tochter und drei 16, 12 und 7 Jahre alten Söhnen. Ab März 2014 bewohnten die Beteiligten die gemeinsam angemietete streitgegenständliche Wohnung, die vom Jobcenter bezahlt wird. Während der Beziehung kam es zuletzt immer wieder zu Streitigkeiten. Seit Mai 2023 lebten die Beteiligten innerhalb der gemeinsamen Wohnung voneinander getrennt. Ende August 2023 hat die Antragstellerin mit den beiden jüngsten Kindern die Wohnung verlassen und ist seitdem bei ihrer Mutter untergekommen. Auch der dritte Sohn zog zwischenzeitlich dorthin. Der Antragsgegner ist mit der gemeinsamen Tochter in der streitgegenständlichen Wohnung verblieben. Die Antragstellerin behielt einen Wohnungsschlüssel, wobei zwischen den Beteiligten streitig geblieben ist, ob der Antragsgegner hiermit einverstanden war. Auch nach August 2023 hat die Antragstellerin wiederholt die Wohnung betreten, um Sachen zu holen.
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich geltend gemacht, dass der Antragsgegner sie wiederholt körperlich angegriffen habe und auch gegenüber einem Kind körperlich übergriffig geworden sei. Sie hat hierzu auf Vorfälle vom 10. und 14. Januar 2024 verwiesen. Der Antragsgegner hat sich dem entgegengestellt und die behaupteten Übergriffe bestritten. Er hat geltend gemacht, dass die Beteiligten zum Zeitpunkt der behaupteten Taten keinen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt mehr geführt hätten. Die Antragsgegnerin lebe seit mehreren Monaten mit ihrem neuen Freund bei ihrer Mutter. Zur jeweiligen weiteren Argumentation der Beteiligten wird auf die erstinstanzliche Entscheidung verwiesen.
Für die Sachverhaltsdarstellung im Einzelnen wird ebenfalls auf die amtsgerichtliche Entscheidung verwiesen.
Das Amtsgericht hörte die Beteiligten am 02. April 2024 persönlich an und hat außerdem Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen X und Y. Wegen des Ergebnisses der Anhörungen und der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 02. April 2024 Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 03. April 2024 hat das Amtsgericht der Antragstellerin die streitgegenständliche Wohnung bis zum 30. April 2025 zur alleinigen Benutzung überlassen und dem Antragsgegner eine Frist bis zum 30. April 2024 zur Räumung gesetzt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Antragsgegner am 10. Januar 2024 vorsätzlich und widerrechtlich den Körper sowie die Freiheit der Antragstellerin verletzt habe. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass er die Antragstellerin am Hals und an den Handgelenken gepackt und ihr den Weg aus der Wohnung versperrt habe. Die Beteiligten hätten zwar unterschiedliche Abläufe der Auseinandersetzung geschildert. Die Aussage der Zeugin X führe aber dazu, dass die Darstellung der Antragstellerin in sich schlüssiger sei als die des Antragsgegners. Das Geschehen vom 14. Januar 2024 sei hingegen nach der Beweisaufnahme ungeklärt geblieben. Die Beteiligten hätten zum Zeitpunkt der Tat am 10. Januar 2024 noch einen gemeinsamen Haushalt geführt. Zwar habe die Antragstellerin mit zwei Kindern die Wohnung verlassen, was allerdings lediglich eine Übergangslösung bis zur Klärung des Schicksals der Familienwohnung gewesen sei. Sie verfüge weiterhin über einen Schlüssel und gehe in der Wohnung ein und aus, ohne den Antragsgegner zu fragen. Eine endgültige Aufgabe des gemeinsamen Haushalts sei nicht erfolgt, sondern nur ein vorübergehender Rückzug. Es sei nicht im Sinne des Gesetzgebers den Elternteil, der versuche die Kinder durch einen vorübergehenden Rückzug aus dem Konflikt zu holen, schutzlos zu stellen. Die Belange der Kinder hätten gegenüber denen des Antragsgegners Vorrang. Ihm sei eine kurze Räumungsfrist zu gewähren, um vorübergehenden Wohnraum zu finden. Die Wohnungsüberlassung an die Antragstellerin sei schließlich auf ein Jahr zu befristen. Im Einzelnen wird auf den Beschluss vom 03. April 2024 verwiesen.
Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde vom 17. Mai 2024 gegen den ihm am 17. April 2024 zugestellten Beschluss. Zur Begründung macht er geltend, dass die Voraussetzungen des § 2 GewSchG nicht vorlägen, da die Beteiligten zum Zeitpunkt der angeblichen Tat keinen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt mehr geführt hätten. Die Antragstellerin habe seit August 2023 nicht mehr in d...