Entscheidungsstichwort (Thema)

Präklusion von Ablehnungsgründen/Keine Prozesskostensicherheit im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn eine Partei im Falle eines Ablehnungsgesuchs gegen eine Schiedsrichterin die nach § 1037 Abs. 3 Satz 1 ZPO mögliche gerichtliche Entscheidung bis zum Ablauf der vereinbarten bzw. der einmonatigen Frist nicht beantragt hat, so kann sie die Ablehnungsgründe im Aufhebungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht mehr geltend machen.

 

Normenkette

GKG § 45 Abs. 3; ZPO §§ 110, 137 Abs. 1, § 295 Abs. 1, § 1037 Abs. 3 S. 1, § 1042 Abs. 1, § 1059 Abs. 2, §§ 1060, 1064 Abs. 1-2, § 1066

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

1. Der in dem Schiedsverfahren zwischen den Parteien durch das Schiedsgericht, bestehend aus Frau A als Einzelschiedsrichterin, am 19. Juli 2021 ergangene und den Parteien am 23. Juli 2021 vom Deutschen Institut für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. zugestellte Schiedsspruch, durch den der Beschluss der Antragsgegnerin vom 22. April 2020, gemäß welchem die Anteile der Antragstellerin eingezogen werden sollten, für anfechtbar und nichtig erklärt wurde und durch welchen die Antragsgegnerin zur Zahlung der Schiedsverfahrenskosten in Höhe von EUR 7.308,00 und zur Zahlung der Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 56.950,00 verurteilt worden ist, wird für vollstreckbar erklärt.

2. Der Antrag der Antragsgegnerin auf Aufhebung des in Ziff. 1 genannten Schiedsspruchs wird zurückgewiesen.

3. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

4. Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf EUR 60.000,00 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten mit Vollstreckbarerklärungs- und Aufhebungsantrag um die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs, der in einem in Frankfurt am Main geführten Schiedsverfahren am 19. Juli 2021 erlassen wurde.

Die Antragstellerin ist eine in dem Emirat Dubai und nach dem Recht der Vereinigten Arabischen Emirate gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie erbringt Dienstleistungen im Bereich Travel Management für Unternehmen und Privatpersonen.

Die Antragsgegnerin ist eine nach deutschem Recht in Frankfurt am Main im Jahr 2017 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie erbringt Dienstleistungen im Bereich Travel Management (insbesondere im Geschäftsreisesektor sowie im Tagungs- und Veranstaltungsmarkt), organisiert, plant und führt Reisen durch und verkauft Reisen, insbesondere als Reisevermittler.

§ 13 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages der Antragsgegnerin hatte bis zum 27. Juni 2021 folgenden Wortlaut:

"Sämtliche Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Gesellschaftsvertrag oder dessen Gültigkeit und/oder dem Gesellschaftsverhältnis werden nach der Schiedsgerichtsordnung (DIS-SchG) und den Ergänzenden Regelungen für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten (DIS-SRCoLD) der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) ('DIS-Schiedsordnung') jeweils in der bei Einleitung des Schiedsverfahrens gültigen Fassung, unter Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit ausgetragen. Die Gesellschafter vereinbaren hiermit die Geltung der Ergänzenden Regeln für das beschleunigte Verfahren der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS), die nur im Einzelfall anwendbar sind, wenn der jeweilige Gesellschafter, der das Schiedsverfahren eingeleitet hat, explizit ihre Anwendbarkeit in der Schiedsklage beantragt. Ergänzend zu der DIS-Schiedsordnung und, falls anwendbar, den Ergänzenden Regeln für das beschleunigte Verfahren sind die Vorschriften der ZPO anwendbar, mit der Maßgabe, dass Parteien als Zeugen benannt werden können. Die Sprache des schiedsrichterlichen Verfahrens ist Englisch."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages der Antragsgegnerin wird auf die als Anlage Ast. 1 zu den Akten gereichte Kopie Bezug genommen (Anlagenband I).

Ab Mitte des Jahres 2017 hatte die Antragsgegnerin drei Gesellschafter, nämlich B und C, die jeweils 30 % der Geschäftsanteile der Antragsgegnerin hielten, sowie die Antragstellerin, die 40 % der Geschäftsanteile der Antragsgegnerin hielt.

Eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin beschloss am 22. April 2020, sämtliche Geschäftsanteile der Antragstellerin (also 40 % aller Anteile) gegen eine Abfindung in Höhe von EUR 40.880,00 nach § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags einzuziehen. Dieser Beschluss der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin wurde der Antragstellerin mit E-Mail vom 23. April 2020 übersandt.

Gegen diesen Beschluss erhob die Antragstellerin am 22. Mai 2020 Schiedsklage.

Die Antragstellerin beantragte im Schiedsverfahren,

1. a) festzustellen, dass der Beschluss der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Schiedsbeklagten (im Folgenden: der Antragsgegnerin) vom 22. April 2020, durch den die Geschäftsanteile der Schiedsklägerin (im Folgenden: der Antragstellerin) eingezogen wurden, nichtig ist;

bzw.

b) den Beschluss der ...

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