Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe: Erforderlichkeit der förmlichen Zustellung des Aufforderungsschreibens
Normenkette
ZPO § 124
Verfahrensgang
AG Michelstadt (Beschluss vom 12.10.2020; Aktenzeichen 41 F 275/17 VKH1) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 120 a ZPO erfolgte Aufhebung der ihm für ein Sorgerechtsverfahren durch Beschluss des Amtsgerichts vom 27.06.2017 unter Beiordnung eines Rechtsanwalts ratenfrei bewilligten Verfahrenskostenhilfe.
Mit Verfügung vom 14.02.2020 leitete die Rechtspflegerin des Amtsgerichts das Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren ein und forderte den Antragsteller zur Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse binnen 3 Wochen auf. Das Aufforderungsschreiben, das auf die Folgen der Nichtabgabe der Erklärung hinwies, wurde dem Antragsteller und seinem Verfahrensbevollmächtigten formlos übersandt. Mit formlos übersandtem Schreiben vom 06.04.2020 wurde der Antragsteller an die Abgabe der Erklärung erinnert. Mit Schreiben vom 10.06.2020, das dem Antragsteller am 21.09.2020 zugestellt und seinem Verfahrensbevollmächtigen gegen Empfangsbestätigung übersandt wurde, erfolgte eine weitere Aufforderung, binnen 2 Wochen Veränderungen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mitzuteilen. Die Zustellung an den Verfahrensbevollmächtigten wurde am 13.08.2020 bewirkt.
Da keine Reaktion erfolgte, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 12.10.2020, der dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 30.10.2020 und dem Antragsteller am 03.11.2020 unter einer neuen Adresse zugestellt worden ist, die bewilligte Verfahrenskostenhilfe aufgehoben. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beschwerdeführer mit der am 09.11.2020 eingegangenen Beschwerde. Der Beschwerdeführer teilte mit, dass die Post an seine alte Adresse zugestellt worden sei. Mit Verfügung vom 09.11.2020 wurden dem Beschwerdeführer die Vordrucke zur Erklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erneut übersandt. Das ausgefüllte Formular ging nach erneuter Aufforderung vom 25.11.2020 am 03.12.2020 bei dem Amtsgericht ein. Der Antragsteller wurde mit Schreiben vom 04.12.2020 aufgefordert, die Kontoauszüge der letzten 12 Monate zu den Akten zu reichen. Laut seiner Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er keinerlei Einkünfte, lebte die vergangenen 17 Monate bei seinen Eltern und war auf Arbeitssuche, ohne beim Jobcenter gemeldet zu sein. Trotz nochmaliger Aufforderung vom 10.02.2021 und Hinweis auf die Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe bei fehlender Mitwirkung unter Fristsetzung von 1 Woche legte der Antragsteller keine Kontoauszüge vor. Das Amtsgericht hat nach Ablauf der Frist der Beschwerde durch Beschluss vom 09.03.2021 nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gemäß § 76 Abs. 2 FamFG i. V. m. §§ 567 ff., 127 Abs. 2 ZPO, 11 Abs. 1 RpflG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der Beschwerdeführer seiner Auskunftspflicht nicht vollumfänglich nachgekommen ist und das Amtsgericht die bewilligte Verfahrenkostenhilfe zu Recht aufgehoben hat.
Gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO soll das Gericht die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe aufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120 a Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht oder ungenügend abgegeben hat. Letzteres ist vorliegend der Fall. Der Antragsteller hat die Erklärung ungenügend abgegeben, weil er die von dem Amtsgericht zur Glaubhaftmachung seiner Angaben zu Recht geforderten Kontoauszüge trotz zweimaliger Aufforderung nicht vorgelegt hat. Werden die verlangten Belege nicht vorgelegt, soll die Verfahrenskostenhilfe aufgehoben werden (Schultzky, in : Zöller, ZPO, 33. Auflage 2020, § 120 a ZPO, Rn. 17). Es ist auch grundsätzlich zulässig, zum Nachweis der Hilfsbedürftigkeit die Vorlage von Kontoauszügen über einen längeren Zeitraum zu verlangen (Michael Nickel, in: Schulz/Hauß, Familienrecht, 3. Auflage 2018, Rn. 14). Da der Antragsteller geltend gemacht hat, die letzten 17 Monate von seinen Eltern unterhalten worden zu sein, durfte das Amtsgericht die Kontoauszüge der letzten 12 Monate verlangen. Aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer bereits vom Amtsgericht zwei Mal erfolglos zur Einreichung der Kontoauszüge aufgefordert wurde, hat der Senat von einer nochmaligen Aufforderung und Fristsetzung abgesehen.
Der Beschluss war auch nicht deshalb aufzuheben, weil das Aufhebungsverfahren wegen der fehlenden förmlichen Zustellung des Aufforderungsschreibens vom 14.02.2020 an einem Verfahrensmangel leidet. Ein ordnungsgemäß durchgeführtes Nachpr...