Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligung des Insolvenzverwalters am Versorgungsausgleichsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. In Fällen der Insolvenz eines Ehepartners ist der Insolvenzverwalter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG am Versorgungsausgleichsverfahren zu beteiligen und gemäß § 59 FamFG beschwerdeberechtigt, soweit der von der Insolvenz betroffene Ehepartner über ein Versorgungsanrecht verfügt, welches nach § 35 InsO zur Insolvenzmasse gehören kann.
2. Private Altersvorsorgeverträge, bei denen es sich nicht um eine Riesterrente gemäß § 10a EStG handelt und soweit nicht die Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 ZPO vorliegen, fallen in die Insolvenzmasse und sind dem Versorgungsausgleich entzogen.
3. Während der Anwartschaftsphase fallen betriebliche Anrechte gemäß § 36 Abs. 1 InsO nicht in die Insolvenzmasse und können intern geteilt werden, wobei die Beschränkungen des ursprünglichen Anrechts aufgrund des Insolvenzverfahrens auch für das übertragene Anrecht gelten.
Normenkette
EStG § 10a; FamFG § 7 Abs. 2, § 59; InsO §§ 35, 36 Abs. 1; ZPO § 851c
Verfahrensgang
AG Lampertheim (Beschluss vom 05.11.2019; Aktenzeichen 2 F 523/14 S) |
Tenor
1. Die angefochtene Entscheidung wird in Ziffer II der Beschlussformel bezüglich des Anrechts des Antragstellers bei dem Versorgungsträger X AG (Vers. Nr. ...) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Ein Ausgleich des Anrechts des Antragstellers bei dem Versorgungsträger X AG (Vers. Nr. ...) findet nicht statt.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
4. Der Beschwerdewert wird auf 2.400 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beschwerde richtet sich gegen Teile der Entscheidung zum Versorgungsausgleich in einem Scheidungsverbundbeschluss.
Der am ... ..1961 geborene Antragsteller und die am ... ..1967 geborene Antragsgegnerin haben am ... ..1994 die Ehe geschlossen. Der Scheidungsantrag wurde am 04.11.2014 zugestellt. Die Ehe wurde mit Beschluss vom ... ..2019 geschieden. In der nach § 3 Abs. 1 VersAusglG bestimmten Ehezeit, die am 01.07.1994 begonnen und am 31.10.2014 geendet hat, haben die geschiedenen Ehegatten folgende Anrechte auf Versorgungen erworben:
Der Antragsteller
a) in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Anrecht mit einem Ausgleichswert von 8,4776 Entgeltpunkten,
b) bei dem Versorgungsträger Y AG (Vers.-Nr.: ...) ein Anrecht aus einer betrieblichen Altersversorgung mit einem Ausgleichswert von 8.165,15 Euro,
c) bei dem Versorgungsträger X AG (Vers. Nr. ...) ein Anrecht aus einer privaten Altersversorgung mit einem Ausgleichswert von 29.293,75 Euro.
Die Antragsgegnerin:
d) in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Anrecht mit einem Ausgleichswert von 8,6494 Entgeltpunkten,
e) bei dem Versorgungsträger Y AG (Vers.-Nr.: ...) ein Anrecht aus einer betrieblichen Altersversorgung mit einem Ausgleichswert von 4.425,36 Euro,
f) bei dem Versorgungsträger Z AG (Vers.-Nr.: ...) ein Anrecht aus einer privaten Altersversorgung mit einem Ausgleichswert von 1.272,37 Euro.
Mit Zessionsvertrag vom 23.07.2010 trat der Antragsteller seine Rechte und Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag bei dem Versorgungsträger X AG (Vers. Nr. ...) vollständig an die Bank1, Stadt1, Österreich, ab zur Sicherung aller Forderungen aus seiner Geschäftsbeziehung mit der genannten Bank. Durch Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - Darmstadt, Az. ..., wurde am 21.01.2019 um 15Uhr das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers als eingetragenem Kaufmann eröffnet und Rechtsanwalt A, der Beschwerdeführer, zum Insolvenzverwalter bestellt. Obwohl dem Amtsgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekannt war, wurde der Insolvenzverwalter in 1. Instanz nicht beteiligt.
In dem angefochtenen Scheidungsverbundbeschluss hat das Amtsgericht die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Es hat dabei u.a. bzgl. der Anrechte b) und c) die interne Teilung ausgesprochen. Mit E-Mail vom 02.04.2020 wies der Insolvenzverwalter den Antragsgegnervertreter darauf hin, dass die Besicherung des Darlehens bei der Bank1, Stadt1 insolvenzfest sei. Nach seiner Kenntnis habe das Familiengericht hinsichtlich der Kapitallebensversicherung den Arrest angeordnet. Er fragte, ob Einwände gegen eine Verwertung im Gleichlauf bestehen. Mit Schreiben vom 24.06.2020 teilte die X der Bank1, Stadt1 mit, dass der Vertrag im Rahmen eines Versorgungsausgleichsverfahrens intern geteilt wurde und ein Anrecht von 33.733,38 Euro nach Maßgabe der Teilungsordnung übertragen und als Einmalbetrag für die Rentenversicherung Nr. ... der ausgleichsberechtigten Person verwendet wurde. Mit Schreiben vom 24.02.2021 kontaktierte der Insolvenzverwalter die X unter Bezugnahme auf deren Schreiben vom 24.06.2020, und teilte mit, dass aus seiner Sicht aufgrund der bestehenden Insolvenz die Aufteilung zu Unrecht erfolgt sei und wies zugleich darauf hin, dass ihm der zugrundeliegende Beschluss bislang nicht vorlie...