Leitsatz (amtlich)

1. Vergrößert ein Wohnungseigentümer die vom Bauträger entsprechend dem Aufteilungsplan errichtete Terrasse, stellt dies eine bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG dar. Diese ist zustimmungsbedürftig nach §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 14 Nr. 1 WEG, wenn sie eine intensivere Nutzung ermöglicht und sich daraus konkrete Beeinträchtigungen des nicht zustimmenden Wohnungseigentümers ergeben.

2. Keine bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG liegt dagegen vor, wenn bereits der Bauträger in Abweichung vom Aufteilungsplan das Wohnungseigentum errichtet. Ein Beseitigungsanspruch gegen erwerbenden einzelnen Wohnungseigentümer besteht dann nicht, auch wenn die Veränderung auf seine Veranlassung vorgenommen wurde, sondern allenfalls ein Anspruch auf plangemäße Herstellung ggü. der Gesamtheit der Wohnungseigentümer.

 

Normenkette

BGB § 1004; WEG § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3, § 22 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 19 T 399/04 und 19 T 488/04)

 

Gründe

Die Beteiligten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft A-Str. in O1 und die Antragsteller und die Antragsgegner streiten um den Rückbau von Terrassen und eines Balkons.

Vor der Teilung war die weitere Beteiligte zu 3) Alleineigentümerin des Grundstücks. Nach den Feststellungen des LG war sie zur Zeit der Antragstellung vor dem AG im Oktober 2003 noch als Wohnungseigentümerin aller vier durch die Teilungserklärung vom 20.10.2000 (Bl. 10-21 d.A.) gebildeten Wohnungen im Grundbuch eingetragen. Weiter waren an der Wohnung Nr. 1 (Erdgeschoss links) seit 27.12.2000 eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Antragsgegner zu 1) und 2), an der Wohnung Nr. 3 (Erdgeschoss rechts) seit 3.7.2001 eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Antragsgegnerin zu 3), an der Wohnung Nr. 2 (Obergeschoss und Dachgeschoss links) seit 21.2.2002 eine Auflassungsvormerkung zugunsten der weiteren Beteiligten zu 1) und 2) sowie an der Wohnung Nr. 4 (Obergeschoss und Dachgeschoss rechts) seit 19.4.2001 eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Antragsteller in den angelegten Wohnungsgrundbüchern eingetragen. Die Antragsteller waren seit 10.1.2005 als Eigentümer der Wohnung Nr. 4 und die weiteren Beteiligten zu 1) und 2) als Eigentümer der Wohnung Nr. 2 im Grundbuch eingetragen, der Besitz an den jeweiligen Wohnungen war an die Antragsteller, die Antragsgegner und die weiteren Beteiligten zu 1) und 2) schon vor Verfahrenseinleitung übergegangen.

Nach der Teilungserklärung gehören die Balkone der Wohnungen Nr. 2 und 4 zum Sondereigentum. Bei den Wohnungen Nr. 1 und 3 bestimmt die Teilungserklärung: "... Mit diesem Sondereigentum ist die Befugnis zur ausschließlichen Nutzung der im Sondernutzungsplan jeweils ... gekennzeichneten Terrassen- und Gartenfläche ... verbunden.

Wie das LG nach Beiziehung der Grundakten festgestellt hat, stimmt der Aufteilungsplan (Grundriss Erdgeschoss), auf den in Abschnitt 2 der Teilungserklärung Bezug genommen wird und der der Teilungserklärung beigefügt war, überein mit der Anlage Ast2, die der Antragschrift beigefügt gewesen ist (Bl. 23 d.A.). Auf diesem Grundriss sind auf der Freifläche zur westlichen Grundstücksgrenze vor den Wohnungen Nr. 1 und 3 mit gestrichelter Linie jeweils getrennte Terrassen vor den Wohnzimmern eingezeichnet und 4,46 qm innerhalb des gestrichelten Rechtecks vermerkt. Zusätzlich ist mit durchgezogener Linie eine Fläche eingezeichnet, die die beiden Rechtecke umfasst, aber ca. 4 mal so groß ist, da sie weiter in Richtung westlicher Grundstückgrenze und mit Ausnahme einer Sichtschutzwand in der Mitte durchgehend an den Wohnungen 1 und 3 entlang verläuft. Die weitere Beteiligte zu 3) hatte die Terrassen so ausgeführt, dass sie in etwa der eingezeichneten durchgezogenen Linie entsprach mit einer Größe der durchgehenden Terrasse von etwa 2,50 m × 7,50 m. Die Antragsgegner haben eine Vergrößerung der Terrassen vorgenommen, indem sie sie sowohl in der Tiefe erweitert, als auch jeweils bis zur Hausgrenze verlängert haben, was nach ihren Angaben zu einer Größe von je 57, 80 qm geführt hat. Über die Genehmigung des Terrassenausbaus bzw. den Rückbau hat die Wohnungseigentümerversammlung vom 10.9.2003 unter TOP 6, 7 nicht abgestimmt (Bl. 47 d.A.).

Die Antragsteller haben -neben anderen nicht mehr verfahrensgegenständlichen Anträgen- erstinstanzlich den Rückbau der Terrassen entsprechend der im Aufteilungsplan ersichtlichen Lage und Größe beantragt.

Die Antragsteller haben geltend gemacht, es liege eine unzulässige bauliche Veränderung vor, da nach dem Aufteilungsplan die Terrassen nur jeweils 4,46 qm groß und nicht tiefer als die Balkone hätten sein sollen. Die erforderliche Zustimmung aller Wohnungseigentümer liege nicht vor, da die Antragsteller dem Ausbau widersprochen hätten. Die Antragsteller seien durch den Terrassenausbau beeinträchtigt, da er eine erheblich intensivere Nutzung der Terrassenfläche ermögliche. Damit seien u.a. erheblich größere Lärm- und Geruchsimmissionen nach oben verbunden als bei einer Terrassenfläche, die nur u...

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