Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkehrssicherungspflicht bei Einsatz von Himmelslaternen

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 26.03.2014; Aktenzeichen 19 O 286/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 19. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 26.3.2014 abgeändert.

Der Klageanspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

 

Gründe

I. Die klägerische Versicherung verlangt aus übergegangenem Recht Schadensersatz wegen zweier Brandschäden.

Am Abend des 11.07.2009 ab ca. 23.00 Uhr brannten in O1 die Gebäude A-Straße 3 (Eigentümer C) und A-Straße 1 (Eigentümer B). Zur gleichen Zeit fand auf X ..., D- Straße 2 in O1 die Hochzeitsfeier des Beklagten zu 2) mit der Tochter der Beklagten zu 1) statt, an der ca. 100 Gäste teilnahmen. Einer der Gäste war der Beklagte zu 3). Auf der Hochzeitsfeier wurden kurz vor 23:00 Uhr in einer Entfernung von ca. 100 m Luftlinie von den brandgeschädigten Gebäuden Himmelslaternen gezündet. Die Beklagte zu 1) hat die Himmelslaternen gekauft. Streitig ist, wie sie weiter mit den Laternen verfahren ist.

Unstreitig hatten sich die Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) im Vorfeld der Hochzeit wegen des Steigenlassens von Himmelslaternen beim Ordnungsamt erkundigt.

Die Beklagte zu 1) hatte sich am Montag, den 06.07.2009, mit folgender E-Mail an das Ordnungsamt der Stadt O1 gewandt:

"Sehr geehrte Damen und Herren, am Samstag, dem 11.07.2009 möchten wir zur Hochzeit unserer Tochter im X-Park von O1 gegen 22.30 Uhr ca. 20 Himmelslaternen steigen lassen. Die Flugsicherung hat keine Bedenken oder Einwände dagegen, mir aber empfohlen, noch mal beim Ordnungsamt nachzufragen, ob etwas dagegen spricht. Für eine rasche Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar" (Bl. 52 der Akte StA O2 ...).

Am gleichen Tag antwortete der Leiter des Ordnungsamts, der Zeuge Z1, per E-Mail:

"Sehr geehrte Frau E, das mit den Himmelslaternen ist so eine Sache. Eine Genehmigung werden Sie von uns nicht erhalten, da von den Himmelslaternen eine nicht zu kontrollierende Gefahr ausgeht. Es muss Ihnen bewusst sein, dass Sie unter Umständen wegen fahrlässiger Brandstiftung belangt werden können, wenn durch die Himmelslaternen etwas in Brand gesetzt wird. Zu Ihrer Information übersenden wir Ihnen folgenden Email-Verkehr zu Ihrer Kenntnis ..."

Die angehängte Mail enthält aufgrund zum damaligen Zeitpunkt häufiger Anfragen an Ordnungsämter Hinweise auf das Flugverhalten der Himmelslaternen und die davon ausgehende Brandgefahr sowie die folgende Warnung: "Himmelslaternen dürfen nicht ... in der unmittelbaren Nähe von Menschenansammlungen, Häusern und Hochspannungsmasten gestartet werden." Darüber hinaus werden auch die einschlägigen Straftatbestände erklärt (Bl. 49f der Strafakte).

Wenige Tage später am Freitag, den 10.07.2009 und somit einen Tag vor der Hochzeit sprach der Beklagte zu 2) den Zeugen Z1 auch noch einmal auf die Genehmigung des Starts der Himmelslaternen vom X aus an, was der Zeuge Z1 erneut abschlägig beschied: "Auch da hab ich ihm mitgeteilt, dass es von uns keine Genehmigung geben wird. Und ihm auch noch mal gesagt, welche Risiken die Dinger haben und was die eventuellen Folgen sind und dass das alles auf eigene Gefahr passiert" (Polizeiliche Vernehmung des Zeugen Z1 16.07.2009, Bl. 47 Strafakte).

Die Klägerin hat behauptet, die Brände seien durch die auf der Hochzeitsfeier entzündeten Himmelslaternen entstanden. Hierfür seien die Beklagten zu 1) und 2) als Veranstalter verantwortlich. Die Beklagte zu 1) habe die Laternen der Hochzeitsgesellschaft zur Verfügung gestellt. Die Beklagten seien ferner an der Entzündung der Himmelslaternen aktiv beteiligt gewesen.

Während die Beklagte zu 1) erstinstanzlich zunächst behauptet hatte, die Idee mit den Laternen nach der Auskunft des Ordnungsamtes fallen gelassen zu haben, und insbesondere vehement (zuletzt Schriftsatz vom 26.03.2012, Bl. 170 ff. d.A.) bestritten hatte, die Himmelslaternen gekauft und zu den Hochzeitsfeierlichkeiten mitgebracht zu haben, hat sie mit Schriftsatz vom 08.11.2012 schließlich eingeräumt, 20 Himmelslaternen als Geschenk mitgebracht und bei ihrer Ankunft neben dem Gabentisch platziert zu haben (Bl. 197 d.A.). Sie habe sie aber weder selbst angezündet noch jemanden dazu aufgefordert, dies zu tun.

Der Beklagte zu 2) hat ebenfalls behauptet, nach der negativen Auskunft des Ordnungsamts von dem Vorhaben Abstand genommen zu haben. Er sei dann im Laufe des Abends auf den Balkon getreten, nachdem aus der Menge der Hochzeitsgäste die Aufforderung an alle ergangen sei, man solle auf den Balkon treten, es werde eine Überraschung geben. Dann seien die Laternen ohne jedes Zutun der Brautleute autonom von Dritten - es stände noch nicht einmal fest, dass dies Gäste der Hochzeitsgesellschaft gewesen seien - entzündet worden. Er - der Beklagte zu 2) - habe dies weder organisiert noch unterstützt noch hiervon Kenntnis gehabt.

Im Übrigen haben die Beklagten die Aktivlegitimation der Klägerin in Frage gestellt u...

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