Leitsatz (amtlich)
Im Hinblick auf den Regelstreitwert des § 48 Abs. 1 FamGKG hat ein Antrag auf Nutzungsentschädigung hinsichtlich der Ehewohnung während des Getrenntlebens bereits dann hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne der §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO, wenn ein solcher Anspruch auch nur in geringer Höhe in Betracht kommt.
Der Antragsteller ist gehalten, eigenes Immobiliarvermögen zur Verfahrensfinanzierung einzusetzen und hierfür notfalls die Teilungsversteigerung zu betreiben. Hieran ist er nicht durch § 1365 BGB gehindert, wenn auf die Ehe kein deutsches Güterrecht Anwendung findet.
Normenkette
ZPO §§ 114-115; FamGKG § 48; BGB §§ 1361b, 1365; EGBGB §§ 17a, 15
Verfahrensgang
AG Hanau (Aktenzeichen 64 F 959/16) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 27.10.2016 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Hanau vom 01.09.2016, Az. 64 F 959/16 RI, - Nichtabhilfebeschluss vom 28.12.2016 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Dem Antragsteller wird Verfahrenskostenhilfe für die 1.Instanz aus einem Wert von EUR 3.000,00 unter Beiordnung von ... bewilligt.
Dem Antragsteller wird aufgegeben, am 01.04.2 018 EUR 802,00 an den Landesjustizfiskus zu zahlen.
Gründe
I. Der Antragsteller verfolgt sein Begehr mit der sofortigen Beschwerde fort, Verfahrenskostenhilfe zur Rechtsverfolgung für ein von ihm zu betreiben beabsichtigtes Verfahren auf Nutzungsentschädigung während der Trennungszeit zu erhalten.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind türkische Staatsangehörige und miteinander verheiratet. Sie leben seit Ende 2015 getrennt. Aus der Ehe
hervorgegangen sind vier Kinder, drei davon noch minderjährig. Eines der minderjährigen Kinder lebt beim Antragsteller, die beiden anderen minderjährigen Kinder leben bei der Antragsgegnerin in der im Miteigentum beider Beteiligter stehenden Immobilie ..., H. ... .
Für diese Immobilie hatte der Antragsteller am 06.01.2011 im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens den Zuschlag erhalten. Mit notariellem Vertrag vom 19.01.2011, der auch zur Eintragung ins Grundbuch gelangte, ließ er einen 50%igen Miteigentumsanteil an die Antragsgegnerin auf.
Bei dem Objekt handelt es sich um ein Haus im Bungalowstil mit einer Wohnfläche von 103m2 im Erdgeschoss. Es ist voll unterkellert. Die Kellerräume sind zur Wohnnutzung ausgebaut; in beiden Geschossen befindet sich je ein Bad.
Im Dezember 2015 zog der Antragsteller aus dem Objekt aus.
Wegen der Finanzierung des Objekts sind die Beteiligten gesamtschuldnerisch haftend zur Annuitätenzahlung von mtl. EUR 653,35 verpflichtet. In einem Verfahren vor dem AG Hanau zu Az. 64 F 1389/16 RI macht der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin deswegen und in Bezug auf verauslagte Versicherungsprämien, Stromkosten, Müllkosten, Grundsteuer und Gaskosten ab Januar 2016 teils hälftigen (Versicherung, Kredit, Grundsteuer, Müll), teils vollständigen Gesamtschuldnerausgleich (Strom und Gas), auch für die Zukunft, im Umfang von zusammen mindestens mtl. EUR 368,45 geltend.
Der Antragsteller hat Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit bzw. Krankengeld von mtl. ca. EUR 2.100,00. Die Antragsgegnerin ist nicht erwerbstätig. Sie hat(te) Einkünfte aus Krankengeld- bzw. Rentenbezug.
In einem weiteren Verfahren vor dem AG Hanau zu Az. 64 F 1291/16 UK machen die Beteiligten wechselseitig Mindestkindesunterhalt für die bei ihnen lebenden Kinder gegen den jeweils anderen Beteiligten geltend.
Am 01.09.2016, zugestellt am 29.09.2016, wies das Familiengericht sein Verfahrenskostenhilfegesuch mit dem angefochtenen Beschluss zurück. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 27.10.2016, mit der er sein Verfahrenskostenhilfegesuch fortverfolgte. Am 28.12.2016 half das Familiengericht dieser sofortigen Beschwerde nicht ab. Im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 27.10.2016 ist zulässig, §§ 76 II FamFG, 127 II - IV, 567 ff. ZPO, und hat in der Sache Erfolg.
Im Einzelnen:
Bereits der Ausgangspunkt des Familiengerichts, eine Familienstreitsache im Sinne des § 266 FamFG anzunehmen und die Erfolgsaussicht des in der Hauptsache gestellten Antrages hieran zu messen, vermag nicht zu überzeugen.
Zwar sind die Beteiligten türkische Staatsangehörige, nach Art. 17a EGBGB richten sich aber die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung nicht nach dem Recht der allgemeinen Ehewirkungen (wie man aufgrund der Einordnung des § 1361b BGB in den entsprechend überschriebenen Titel 5 des Abschnitts 1 des Buchs 4 des BGB meinen könnte), sondern nach dem Recht der Belegenheit der Ehewohnung. Da vorliegend um Nutzungsentschädigung für eine in H. belegene Wohnung (...) gestritten werden soll, die bis zum Auszug des Antragstellers Ende 2015 auch dem ehelichen Zusammenleben der Beteiligten diente (also Ehewohnung war), ist deutsches materielles Recht anzuwenden. Dabei richtet sich ein Nutzungsentschädigungsanspruch zwischen Ehegatten während der Trennungszeit in Bezug auf die Ehewohnung aussc...