Entscheidungsstichwort (Thema)
Treuwidrige Berufung auf Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung
Normenkette
BGB § 242
Tenor
Der Antrag auf Aufhebung des in dem DIS-Schiedsverfahren DIS-VP-2020-00401 durch das Schiedsgericht, bestehend aus dem Einzelschiedsrichter A, am 23.11.2020 erlassenen Schiedsspruchs wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 89.259,28 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt als Schiedsklägerin eines Schiedsverfahrens nach § 23 Abs. 8, Abs. 9 VerpackG die Aufhebung eines Schiedsspruchs, mit dem ihre gegen die Antragsgegnerin gerichtete Schiedsklage abgewiesen worden ist.
Die Antragstellerin beteiligte sich an einem Ausschreibungsverfahren der Antragsgegnerin nach § 23 VerpackG, das sich auf eine Beauftragung mit Leistungen zur Erfassung, zur Beförderung und zum Umschlag von Leichtverpackungen gemäß § 14 Abs. 1 VerpackG im Vertragsgebiet Landkreis1 für den Leistungszeitraum vom 01.01.2021 bis zum 31.12.2023 bezog. Bestandteil der in den Vergabeunterlagen der Antragsgegnerin (Anlage AST 2) enthaltenen Bewerbungsbedingungen war nach deren Ziff. I.1. u.a., dass jedes interessierte Unternehmen im Rahmen der Registrierung die von der Antragsgegnerin vorgegebene Schiedsvereinbarung zu akzeptieren hatte. Die Schiedsvereinbarung (Anlage AST 3), auf die anstelle einer Darstellung der Einzelheiten verwiesen wird, sah in § 1 vor, dass alle Streitigkeiten über die Ausschreibung und Zuschlagserteilung bei der Vergabe der Sammelaufträge gemäß § 23 Abs. 8 und 9 VerpackG durch ein von der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) eingerichtetes Schiedsgericht unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden werden. Darüber hinaus sollte die Schiedsvereinbarung nach ihrer Präambel mit der Registrierung auf der elektronischen Ausschreibungsplattform auch im Verhältnis zwischen dem registrierten Unternehmen und den übrigen registrierten Unternehmen gelten. § 2 Abs. 7 der Schiedsvereinbarung sah als Schiedsort Frankfurt am Main vor.
Die Antragstellerin reichte auf Grundlage der Vergabeunterlagen über die vorgegebene Vergabeplattform fristgemäß ein Angebot vom 15.06.2020 (Auszug Anlage AST 4) ein.
Mit E-Mail vom 15.07.2020 (Anlage AST 5) erhielt die Antragstellerin die in § 23 Abs. 6 S. 1 VerpackG vorgesehenen Informationen darüber, dass die Antragsgegnerin frühestens am 31.07.2020 den Zuschlag auf das Angebot einer anderen Bieterin, der X GmbH (im Folgenden: X GmbH), zu erteilen beabsichtigte und das Angebot der Antragstellerin nicht berücksichtigt werden sollte, weil es sich nicht um das preislich günstigste Angebot eines geeigneten Unternehmens handele.
Die Antragstellerin rügte mit E-Mail vom 25.07.2020 (Anlage AST 6) gegenüber der Antragsgegnerin erfolglos die beabsichtigte Zuschlagserteilung auf das Angebot der X GmbH und wies darauf hin, dass den Bietern mit der Vorgabe einer von ihnen zu akzeptierenden Schiedsvereinbarung verfassungswidrig der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten versagt worden sei.
Mit Schriftsatz vom 30.07.2020 beantragte die Antragstellerin bei dem Landgericht Köln, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung die Erteilung des Zuschlags zu untersagen. Parallel dazu stellte die Antragstellerin bei der DIS einen Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens nach § 23 Abs. 8 VerpackG und führte im Rahmen ihrer Schiedsklage u.a. aus, dass das Schiedsverfahren nach § 23 Abs. 8, Abs. 9 VerpackG verfassungswidrig sei, weil der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen werde und der Bieter eines solchen Vergabeverfahrens einer Zwangskontrahierung zum Abschluss der Schiedsvereinbarung unterliege. Die Antragstellerin wies in ihren Anträgen bei dem ordentlichen Gericht bzw. der DIS jeweils nicht auf die parallel erfolgte Antragstellung hin.
Die DIS unterrichtete die Antragsgegnerin mit E-Mail vom 30.07.2020 (Anlage AST 7) über den Eingang des Antrags auf Durchführung des Schiedsverfahrens.
Das Landgericht Köln ordnete mit Beschluss vom 30.07.2020 im Wege der einstweiligen Verfügung gegenüber der Antragsgegnerin das von der Antragstellerin begehrte Zuschlagsverbot an. Die einstweilige Verfügung wurde der Antragsgegnerin am 04.08.2020 zugestellt. Die Parteien streiten darüber, ob die Antragsgegnerin der X GmbH den Zuschlag gemäß ihrem Vortrag am selben Tag bereits kurz zuvor erteilt hatte.
Die Antragsgegnerin richtete im Folgenden ein Schreiben vom 06.08.2020 (Anlage AG 2) an die DIS und bat diese unter Hinweis darauf, dass sie sich aktuell nicht an die Schiedsvereinbarung gebunden sehe, darum, das Schiedsverfahren gemäß Art. 42.4 (ii) bzw. (iv) DIS-Schiedsordnung zu beenden oder hilfsweise ruhend zu stellen. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Hinblick auf das vor dem Landgericht Köln anhängige Verfahren u.a. aus, dass es aus prozessökonomischen Gründen sinnvoll sein dürfte, nicht zwei zeit- und kostenintensive Rechtsstreitigkeiten über denselben Verfahren...