Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Nachlaßpflegschaft. Nachlasspflegschaft
Leitsatz (redaktionell)
Die Anordnung einer Nachlasspflegschaft kann aufzuheben sein, wenn die Erben bekannt sind und auch nicht ungewiss ist, ob sie die Erbschaft angenommen haben.
Normenkette
BGB § 1960
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 26.08.1993; Aktenzeichen 4 T 337/93) |
AG Bad Schwalbach (Beschluss vom 03.05.1993; Aktenzeichen (früher VI L 7/98)) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Rechtspflegers bei dem Amtsgericht Bad Schwalbach vom 3. Mai 1993 werden aufgehoben.
Gründe
Der am 07.02.1989 verstorbene Erblasser hat keine Verfügung von Todes wegen hinterlassen. Seine gesetzlichen Erben sind seine Mutter … und seine drei Geschwister … Zum Nachlaß gehört eine in Wiesbaden gelegene Eigentumswohnung, hinsichtlich derer das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – in Wiesbaden die Zwangsverwaltung und die Zwangsversteigerung angeordnet hat.
Gegenüber dem Amtsgericht Bad Schwalbach, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, haben die Erbschaft ausgeschlagen die Mutter des Erblassers durch notariell beurkundete Erklärung vom 22.03.1989 – bei dem Nachlaßgericht eingegangen am 22.03.1989 –, die Schwester … durch notariell beglaubigte Erklärung vom 23.03.1989 – bei dem Nachlaßgericht eingegangen am 06.04.1989 – und der Bruder … der in Thailand arbeitet und wohnt, für sich und zusammen mit seiner Ehefrau … für ihre drei gemeinschaftlichen … durch notariell beglaubigte Erklärung vom 27.07.1989 – bei dem Nachlaßgericht eingegangen am 29.07.1989. Die Schwester … hat durch notariell beglaubigte Erklärung vom 22.02.1989 die Erbschaft für sich und ihre beiden ehelichen Kinder … ausgeschlagen. Diese Ausschlagungserklärung hat sie jedoch nicht an das Nachlaßgericht, sondern an das für ihren Wohnsitz zuständige Amtsgericht – Vormundschaftsgericht – Wilhelmshaven übersandt mit der Bitte, ihre für ihre beiden Kinder erklärte Ausschlagung vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen, und mit der Ankündigung, die Ausschlagungserklärung des Vaters der beiden Kinder nachzureichen. Das Vormundschaftsgericht Wilhelmshaven hat durch Beschluß vom 12.04.1989 die von der Mutter nachgesuchte Genehmigung verweigert mit der Begründung, das Gericht habe keine Feststellungen darüber treffen können, ob die von der Mutter behauptete Überschuldung des Nachlasses tatsächlich vorliege. Zu den Akten des Nachlaßgerichts ist eine Ausschlagungserklärung der Schwester bisher nicht gelangt.
Das Amtsgericht Bad Schwalbach hat auf Antrag eines Nachlaßgläubigers mit Beschluß vom 16.08.1990 die Nachlaßpflegschaft für die unbekannten Erben angeordnet und Rechtsanwalt … zum Nachlaßpfleger mit dem Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie der Erbenermittlung bestellt. In einem Aktenvermerk vom 01.06.1992 und in einem an den Nachlaßpfleger Rechtsanwalt … gerichteten Schreiben vom 15.10.1992 hat der Rechtspfleger des Nachlaßgerichts ausgeführt, nach dem derzeitigen Sachstand sei die Schwester des Erblassers … als Erbin anzusehen, zumal sie sich nicht auf eine wirksame Ausschlagung der Erbschaft berufe. Der Nachlaßpfleger Rechtsanwalt … hat in seinem mit der Schlußrechnung verbundenen Abschlußbericht vom 21.12.1992 diese Auffassung geteilt und die Aufhebung der Nachlaßpflegschaft, beantragt. Diesem Antrag hat der Rechtspfleger durch Beschluß vom 08.03.1993 wegen Zweckerreichung entsprochen.
Unter dem 21.04.1993 hat das Amtsgericht Wiesbaden, bei dem hinsichtlich der zum Nachlaß gehörenden Eigentumswohnung noch ein Zwangsverwaltungs- und ein Zwangsversteigerungsverfahren anhängig ist, die erneute Anordnung einer Nachlaßpflegschaft angeregt mit der Begründung, Zustellungen an Frau … in jenen Verfahren könnten, da ein ihr Erbschaft ausweisender Erbschein noch nicht vorliege, möglicherweise unwirksam sein, so daß es der Rechtssicherheit diene, wenn Zustellungen an einen Nachlaßpfleger erfolgen könnten. Daraufhin hat der Rechtspfleger des Nachlaßgerichts unter dem 03.05.1993 erneut Nachlaßpflegschaft für die unbekannten Erben mit dem früheren Wirkungskreis angeordnet. Als Nachlaßpfleger hat er den Beteiligten – Rechtsanwalt … ausgewählt, der sich vor Einsicht in die Gerichtsakte zur Übernahme des Amtes bereiterklärt hatte. Nachdem der Beteiligte unter dem 04.06.1993 verpflichtet worden war und Einsicht in die Gerichtsakte genommen hatte, hat er unter dem 15.06.1993 Erinnerung gegen seine Bestellung als Nachlaßpfleger eingelegt mit der Begründung, für die erneute Anordnung der Pflegschaft habe ein Bedürfnis nicht bestanden, weil sowohl das Nachlaßgericht als auch das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – Wiesbaden sich auch ohne das Vorliegen eines Erbscheins unschwer davon überzeugen könnten, daß Erbin Frau … geworden sei. Der Rechtspfleger und der Richter des Nachlaßgerichts haben der Einnerung nicht abgeholfen. Ersterer hat dies damit begründet, das Erbrecht von Frau … stehe nicht zweifelsfrei fest, der letztere hat ausgeführt...