Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung Entlassung als Nachlasspfleger
Leitsatz (amtlich)
Die erfolgreiche Anfechtung der Entlassung eines Nachlasspflegers führt gleichzeitig jedenfalls dann zur Aufhebung der hierdurch veranlassten Bestellung eines anderen Pflegers durch das Beschwerdegericht, sofern beide Entscheidungen in einem einzigem Beschluss vorgenommen worden sind.
Normenkette
BGB §§ 1886, 1960
Verfahrensgang
AG Hanau (Beschluss vom 30.04.2021; Aktenzeichen 21 VI 860/20 D) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts Hanau vom 30. April 2021 aufgehoben.
Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Am XX.XX.2020 verstarb die zuletzt in Ort1 sich aufhaltende Erblasserin. Sie hinterließ keine letztwillige Verfügung. Zunächst in Betracht kommende gesetzliche Erben schlugen mit notarieller Urkunde vom 7. April 2020 die Erbschaft aus. Daraufhin ordnete das Nachlassgericht auf Antrag der Vermieterin der Erblasserin Nachlasspflegschaft an und bestellte den Beteiligten zu 1) mit Beschluss vom 15. April 2020 zum Nachlasspfleger.
In der Folge erstattete der Beteiligte zu 1) verschiedene Sachstandsberichte, hinsichtlich deren Inhalts auf Bl. 27 ff. d. A. verwiesen wird. Mit Schreiben vom 6. Januar 2021 wandte sich die Bank1 Stadt1 an das Nachlassgericht und teilte mit, dass der Beteiligte zu 1) die Auflösung zweier Konten der Erblasserin begehrt habe, hierzu aber keinen rechtskräftigen Beschluss des Nachlassgerichts vorgelegt habe (Bl: 71 d. A.). Das Nachlassgericht forderte den Beteiligten zu 1) mehrfach vergeblich zur Stellungnahme auf und drohte schließlich mit Schreiben vom 22. März 2021 die Entlassung des Beteiligten zu 1) aus dem Amt des Nachlasspflegers an, da durch sein Verhalten das Verfahren unnötig in die Länge gezogen werde.
Nachdem erneut keine Reaktion des Beteiligten zu 1) erfolgte, hat das Gericht mit dem angefochtenen Beschluss den Beteiligten zu 1) aus dem Amt des Nachlasspflegers entlassen und gleichzeitig den Beteiligten zu 2) zum neuen Nachlasspfleger bestellt, der in der Folge das Amt angenommen hat.
Gegen den ihm am 13. Mai 2021 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1) mit am 7. Juni 2021 beim Nachlassgericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und zur Begründung vornehmlich vorgetragen, er habe bereits am 9. April 2021 einen Schlussbericht mit Schlussabrechnung zur Akte gereicht. Zudem sei die Entlassung stets das letzte Mittel.
Das Nachlassgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen, sondern das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt und dabei maßgeblich darauf hingewiesen, dass kein Schlussbericht zur Akte gelangt sei und im Übrigen ein solcher auch nicht vor Schließung sämtlicher Konten möglich sei. Mildere Mittel als die Entlassung hätten keinen Erfolg gezeitigt, da bereits die Androhung der Entlassung zu keiner Verhaltensänderung des Beteiligten zu 1) geführt habe.
Der Senat hat dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme eingeräumt, woraufhin der Beschwerdeführer ergänzend vorgetragen und insbesondere seinen Schlussbericht vom 9. April 2021 zur Akte gereicht hat.
II. Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Nachlassgericht hat zu Unrecht den Beschwerdeführer aus dem Amt des Nachlasspflegers entlassen, was zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses in seiner Gesamtheit führt.
1. Die gemäß § 58 FamFG statthafte Beschwerde ist zulässig und insbesondere fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses beim Nachlassgericht eingegangen, § 63 FamFG. Zudem ist der Beteiligten zu 1) als Nachlasspfleger gegen seine Entlassung beschwerdebefugt (vgl. OLG Oldenburg FGPrax 1998, 108; Palandt/Weidlich, BGB, 2021, § 1960 Rn. 19). Die bereits erfolgte Bestellung des Beteiligten zu 2) steht der Zulässigkeit der Beschwerde schon deshalb nicht entgegen, weil die zeitgleiche Tätigkeit mehrerer Nachlasspfleger möglich ist (vgl. bspw. OLG Oldenburg, Beschluss vom 25. Februar 1998 - 5 W 263/97).
2. In der Sache hat das Rechtsmittel ebenfalls Erfolg.
a) Unter den Voraussetzungen des § 1886 i.V.m. §§ 1962, 1915 BGB kann ein Nachlasspfleger entlassen werden. Eine Entlassung auf Grund dieser Vorschrift ist jedoch - abgesehen von den Untauglichkeitsfällen gemäß § 1781 BGB - nur dann zulässig, wenn die Fortführung des Amtes das Interesse der vom Nachlasspfleger vertretenen Erben gefährden würde, wobei eine objektive Gefährdung ausreicht; dem steht nicht entgegen, dass § 1886 BGB auch von pflichtwidrigem, im Zweifel also schuldhaftem Verhalten spricht, denn damit ist nur einer der möglichen Entlassungsgründe hervorgehoben (zu allem vgl. BayObLG vom 10. März 1983 - 1 Z 40/82, juris Rn. 22; BeckOK BGB/Hau/Poseck, Stand 1. Mai 2021, § 1960 Rn. 8). Die Entlassung kommt aber nur dann in Betracht, wenn weniger einschneidende Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder objektiv im ...