Leitsatz (amtlich)
Unterbleibt im Scheidungsverfahren entgegen § 128 Abs. 1 FamFG die persönliche Anhörung eines Ehegatten, ist er gleichwohl nur beschwerdeberechtigt, wenn er irgendwelche Anhaltspunkte vorträgt oder solche ersichtlich sind, welche gegen ein Scheitern der Ehe sprechen könnten (Anschluss an BGH, Beschluss vom 17.10.2018 - XII ZB 641/17, juris, Rn. 23 = FamRZ 2019, 229), selbst wenn dafür nicht unbedingt ein eindeutiges und vorbehaltloses Festhalten an der Ehe zu fordern ist (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 26.06.2013 - XII ZR 133/11 = FamRZ 2013, 1366).
Normenkette
FamFG § 59 Abs. 1, § 117 Abs. 2 S. 1, § 128 Abs. 1; ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Aktenzeichen 542 F 36/21 S) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners vom 06.08.2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 08.07.2021 wird auf Kosten des Antragsgegners als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdewert wird auf 6.231,30 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 08.07.2021, mit dem die Ehe der Beteiligten geschieden wurde.
Die Beteiligten, serbische Staatsangehörige, schlossen am 14.12.2016 die Ehe miteinander. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 17.09.2020, gerichtet an das Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt, beantragte die Antragstellerin, die Ehe zu scheiden. Mit Schriftsatz vom 17.11.2020 zeigte Herr Rechtsanwalt ... die Vertretung des Antragsgegners an und beantragte eine Verlängerung der Erwiderungsfrist bis zum 01.12.2020, die ihm auch gewährt wurde. Am 20.03.2021 bat er dann um Sachstandsmitteilung. Wegen örtlicher Unzuständigkeit verwies das Amtsgericht Frankfurt am 21.04.2021 auf entsprechenden Antrag des Antragstellervertreters das Verfahren an das Amtsgericht - Familiengericht - Wiesbaden.
Das Amtsgericht Wiesbaden bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung über den Scheidungsantrag auf den 10.06.2021. Zu diesem Termin wurde der Antragsgegner ausweislich der Zustellungsurkunde unter seiner vormaligen - nicht mehr aktuellen - Anschrift geladen, obgleich in der Antragsschrift die aktuelle Anschrift mitgeteilt worden war. Zu dem Termin erschien lediglich die Antragstellerin mit ihrem Bevollmächtigten. Im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung erklärte sie, dass die Trennung im Februar 2020 mit Auszug des Antragsgegners aus der gemeinsamen Wohnung erfolgt sei. Das Amtsgericht bestimmte einen Fortsetzungstermin, zu dem der Antragsgegner erneut unter der falschen Anschrift geladen wurde. Zu dem Termin am 08.07.2021 erschien lediglich der Antragstellervertreter. Mit dem angefochtenen Beschluss sprach das Amtsgericht die Ehescheidung der Beteiligten aus. Der Beschluss wurde dem Antragsgegnervertreter am 23.07.2021 zugestellt. Mit am 06.08.2021 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt. Er begründet diese damit, dass er zu dem Termin zur Verhandlung über den Scheidungsantrag nicht "ordentlich" geladen worden sei. Er mache mithin auch die Verletzung seines rechtlichen Gehörs geltend. Einen ausdrücklichen Antrag hat der Antragsgegner nicht gestellt.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Beschwerde für rechtsmissbräuchlich. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners habe sich nicht nach dem Verfahrensstand erkundigt. Die Ladung zu den Terminen sei auch an ihn erfolgt; offensichtlich solle das Verfahren verzögert werden.
Mit Beschluss vom 15.09.2021 hat der Senat darauf hingewiesen, dass mangels Beschwerdeberechtigung Bedenken an der Zulässigkeit der Beschwerde bestünden. Mit weiterem Beschluss vom 29.10.2021 hat der Senat erneut auf die Unzulässigkeit der Beschwerde hingewiesen, nachdem der Antragsgegner keine Anhaltspunkte vorgetragen habe, aus denen sich eine Aussicht auf Fortführung der Ehe ergeben könnte. Zugleich hat der Senat eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und unter Absehen von weiteren Verfahrenshandlungen angekündigt.
Eine Stellungnahme ist nicht erfolgt.
II. Die gemäß § 58 FamFG statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde war gemäß §§ 117 Abs. 1 FamFG, 522 Abs. 1 ZPO mangels Beschwerdeberechtigung des Antragsgegners als unzulässig zu verwerfen.
Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde grundsätzlich demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine solche Rechtsbeeinträchtigung erfordert einen unmittelbaren Eingriff in ein im Zeitpunkt der Entscheidung bestehendes subjektives Recht des Beschwerdeführers, indem der Beschluss das Recht aufhebt, beschränkt, mindert oder gefährdet, die Ausübung des Rechts stört oder erschwert oder eine Verbesserung der Rechtsstellung vorenthält (BGH, Beschluss vom 08.10.2014 - XII ZB 406/13, juris, Rn. 14 = FamRZ 2015, 42). In Ehesachen bedarf es zwar einer solchen formellen Beschwer nicht, wenn der Beschwerdeführer sich gegen die Scheidung wendet und mit seinem Rechtsmittel die Aufrechterhaltung der Ehe anstrebt (F...