Leitsatz (amtlich)

Stellt der Rechtsmittelführer die Feststellungen nicht in Frage, auf die die Entscheidung nach §§ 61 StGB gestützt ist und macht lediglich geltend, diese trügen die Ablehnung des Fahrerlaubnisentzuges nicht, kann die Berufung auf diese Frage beschränkt werden.

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Aktenzeichen 4610 Js 22694/00 10 (3) Ns - 27. 08. 2001)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über den Rechtsfolgenausspruch und die Kosten der Revision und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen an eine andere Strafkammer des Landgerichts Kassel zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Kassel hafte den Angeklagten am 22. 8. 2000 wegen versuchter Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Die Berufung des Angeklagten gegen dieses Urteil verwarf das Landgericht Kassel mit Urteil vom 15. 11. 2000. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft änderte das Landgericht Kassel dagegen den Rechtsfolgenausspruch des amtsgerichtlichen Urteils dahin ab, daß es den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilte, ihm die Fahrerlaubnis entzog, seinen Führerschein einzog und eine Sperrfrist von zwei Jahren für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis festsetzte. Die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das amtsgerichtliche Urteil war wie folgt begründet worden:

"Neben der verhängten Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten ist die Fahrerlaubnis des Angeklagten gemäß § 69 zu entziehen und eine Sperrfrist zu deren Wiedererteilung gemäß § 69 a StGB festzusetzen. "

Auf die Revision des Angeklagten hat der erkennende Senat durch Beschluß vom 29. 5. 2001 das Urteil des Landgerichts Kassel vom 15. 11. 2000 im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Kassel zurückverwiesen. In dem Beschluß führt der Senat u. a. aus: "Dagegen kann der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben. Dabei kann offen bleiben, ob und in welchem Umfang die Berufung der Staatsanwaltschaft wirksam beschränkt war, da die Frage der Berufungsbeschränkung nicht entscheidungserheblich ist. Der Rechtsfolgenausspruch ist aus einem anderen Grund aufzuheben. " Am 27. 8. 2001 verurteilte nunmehr das Landgericht Kassel den Angeklagten auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wegen versuchter Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, entzog ihm die Fahrerlaubnis, zog seinen Führerschein ein und setzte eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von einem Jahr fest.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und ebenso begründete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Die Revision ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Bereits die Sachrüge zwingt zur Aufhebung des Urteils. Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht hat in ihrer Stellungnahme vom 18. 2. 2001 dazu folgendes ausgeführt:

"Ist ein Berufungsurteil vom Revisionsgericht nur im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und insoweit an den Tatrichter zurückverwiesen worden, so befindet sich dieser in einer ähnlichen Lage wie der Berufungsrichter, der über eine auf bestimmte Schwerpunkte beschränkte Berufung zu entscheiden hat (vgl. Loewe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl. , Rdnr. 26 zu 353). Soweit die Revision, verworfen worden ist, ist nach traditioneller Meinung Urteilsrechtskraft eingetreten (vgl. BGHSt 10, 71, 72, ;  30, 340, 342; BGHStV 1981, 607; NStZ-RR 1998, 342; OLG Frankfurt am Main, NStZ-RR 1997, 45;  1998, 342),nach neuerer Auffassung hingegen nur eine innerprozessuale Bindungswirkung entstanden (vgl. Loewe-Rosenberg, a. a. O. , Rdnr. 26 zu § 353; BGH NStZ 1999, 254). In einem solchen Fall sind der Schuldspruch und die ihm zugrundeliegenden Feststellungen die Grundlage für das weitere Verfahren (vgl. Loewe-Rosenberg, a. a. O. , Rdnr. 29 zu § 353). Daher dürfen die in der neuen Verhandlung zur Straffrage getroffenen Feststellungen grundsätzlich denen des Erstgerichts zur Schuldfrage nicht widersprechen. An sie ist der Tatrichter im weiteren Verfahren gebunden (BGHStV 1981, 607; NStZ 1982, 30;  1988, 88; NStZ-RR 1998, 342). Hierzu gehören auch Feststellungen zum Schuldumfang (vgl. BGH NStZ-RR 1996, 203, 304;  1997, 45). Gleichwohl getroffene, den Feststellungen des Erstgerichts zuwiderlaufende Feststellungen dürfen ebenfalls der Strafzumessung nicht zugrundegelegt werden (vgl. BGH NStZ-RR 1996, 203, 204; OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 1997, 45).

Feststellungen die den Schuldspruch tragen, umfassen in erster Linie die Tatsachen, in denen die Merkmale des angewandten Straftatbestands zu finden sind (vgl. BGHSt 24, 274, 275;  29, 359, 262;  30, 340, 342). Ob der neue Tatrichter sich an die Bindungswirkung des Schuldspruchs gehalten hat, ist vom Revisionsgericht von Amts wegen auf eine zulässige Revision auch ohne besondere Rüge zu überprüfen (vgl. Loewe-R...

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