Leitsatz (amtlich)

Zur Rechtsnatur eines Order-Depots und zu den sich aus den vertraglichen Beziehungen der Beteiligten ergebenden Rechten.

 

Normenkette

BGB §§ 430, 1006 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Marburg (Urteil vom 18.06.2003; Aktenzeichen 2 O 41/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Marburg vom 18.6.2003 (Az.: 2 O 41/03) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien waren von 1991 bis 2001 verheiratet. Unter dem 1.8.1997 errichteten sie auf beider Namen ein Wertpapierdepot als Oder-Depot. In der Zeit vom September 1999 bis Januar 2000 tätigte der Beklagte insgesamt vier Verkäufe und erzielte dabei Erlöse i.H.v. insgesamt etwa 140.000 DM. Die Klägerin ist der Ansicht, sie sei hälftige Miteigentümerin der in dem Depot verwalteten Papiere gewesen und verlangt die Auszahlung des hälftigen Erlöses aus den Verkäufen bzw. im Wege der Teilklage hiervon 13.000 EUR. Auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des LG Marburg vom 18.6.2003 wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit diesem Urteil hat das LG die Klage mit der Begründung abgewiesen, es könne nicht festgestellt werden, dass die Klägerin Miteigentümerin der in dem Depot verwahrten Papiere gewesen sei.

Das Urteil ist dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 18.7.2003 zugestellt worden. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung vom 21.7.2003, die am 22.7.2003 bei Gericht eingegangen ist. Mit Schriftsatz vom 30.9.2003, der an diesem Tage und mithin innerhalb der bis zum 8.10.2003 verlängerten Berufungsbegründungsfrist bei Gericht eingegangenen ist, hat die Klägerin ihre Berufung begründet. Darin vertritt sie weiterhin die Auffassung, sie sei Miteigentümerin der in dem Depot verwahrten Wertpapiere geworden.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 13.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 20.5.2000 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

II. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Weder beruht die angegriffene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrundezulegende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf hälftige Auszahlung des aus den Verkäufen der Wertpapiere erzielten Erlöses. Ein solcher Anspruch könnte sich in erster Linie als Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (Art. 229 § 5 EGBGB) wegen der Verletzung von Eigentumsrechten der Klägerin an den in dem Oder-Depot verwahrten Papiere ergeben. Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs sind jedoch nicht gegeben. Danach wäre erforderlich, dass den Parteien Rechte an den Papieren gemeinschaftlich zustehen (§ 741 BGB). Dies ist nicht der Fall. Es ist nicht zu beanstanden, dass das LG Miteigentum der Klägerin an den in dem Depot verwahrten Papieren nicht hat feststellen können.

Dies gilt, obwohl die Klägerin gemeinsam mit dem Beklagten Partnerin des mit der Bank geschlossenen Verwahrungsvertrages ist. Beim Oder-Depot ist zwischen der Eigentumslage an den verwahrten Papieren und den Rechten aus dem Depotvertrag zu unterscheiden. Lediglich in Bezug auf die Rechte aus dem Depotvertrag besteht Gesamtgläubigerschaft i.S.v. § 430 BGB, nicht aber hinsichtlich der verwahrten Papiere. Maßgebend ist insoweit allein die dingliche Berechtigung. Zwar sind die Berechtigten eines Oder-Depots mittelbare Mitbesitzer, für die § 1006 Abs. 3 BGB die Vermutung nach Miteigentum aufstellt, jedoch ist diese Vermutung nur schwach ausgeprägt und kommt nicht zum Zuge, wenn sich aus dem Parteiwillen etwas anderes ergibt oder wenn sie der Sachlage nicht gerecht wird (BGH v. 25.2.1997 - XI ZR 321/95, NJW 1997, 1434 f. [1435]).

Danach ergibt sich entgegen der Berufung Miteigentum der Parteien an den verwahrten Papieren nicht daraus, dass sie das Depot am 1.8.1997 gemeinsam errichtet haben. Die Errichtung eines Depots als Oder-Depot gibt in der Regel keinen Aufschluss über die Eigentumslage der verwahrten Papiere (so ausdrücklich der BGH v. 25.2.1997 - XI ZR 321/95, NJW 1997, 1434 f. [1435]).

Auch die Umstände, dass der Beklagte neben dem Depot noch zwei Privatkonten und zwei weitere Aktiendepots als alleiniger Berechtigter unterhält und dass die verwahrten Papiere mit Mitteln angeschafft worden sind, die einem gemeinschaftlichen Giro-Konto der Parteien entnommen worden sind, verhilft der Berufung nicht zum Erfolg. Maßgeblich ist, dass allein der Beklagte die jeweiligen Aufträge zum Ankauf von Papieren erteilt hat. Neu erworbene Papiere fallen regelmäßig in das Alleineigentum des Anschaffenden (BGH v. 25.2.1997 - XI ZR 321/95, NJW 1997, ...

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