Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Nachteilige bauliche Veränderung durch nachträgliche Errichtung zusätzlicher Garagen
Verfahrensgang
AG Kassel (Aktenzeichen 6 UR II 30/85) |
LG Kassel (Aktenzeichen 2 T 460/85) |
Tenor
Die weiteren Beschwerden werden zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde haben die Beteiligten zu 39. und 56. zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Wert: 9.000,– DM.
Gründe
Wegen des Sachverhalts wird auf dessen Darstellung in den Gründen des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Die zulässigen weiteren Beschwerden sind in der Sache nicht begründet, da der angefochtene Beschluß nicht auf einer Gesetzesverletzung beruht. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, daß der Eigentümerbeschluß vom 15.4.1985 (TOP 2) ungültig ist, weil er nicht einstimmig gefaßt worden ist.
Die geplante Errichtung von zusätzlichen Garagen auf gemeinschaftlichem Eigentum stellt eine bauliche Veränderung dar (§ 22 I 1 WEG). Es kann dahingestellt bleiben, ob dazu die Zustimmung des Antragstellers deshalb notwendig ist, weil – wie das Landgericht angenommen hat – ein Nachteil darin besteht, daß mit dem Garagenbau und dem damit zunehmenden Verkehr auf dem Grundstück eine größere Lärmbelästigung verbunden sein würde (§ 22 I 2 WEG). Nach der Auffassung des Senats kommt nämlich, wie auch die bei den Akten befindlichen Lichtbilder zeigen, hier, insoweit entgegen der Begründung des Landgerichts, jedenfalls ein die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erfordernder Nachteil deswegen in Betracht, weil mit dem Bau von 14 Garagen der Pflasterung des Vorplatzes, der Verlegung des Kinderspielplatzes und der notwendigen – teilweisen – Beseitigung der Bepflanzung eine nicht unbeträchtliche Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage beabsichtigt wird (vgl. OLG Frankfurt OLGZ 80, 78: zur Umwandlung eines Müllcontainerplatzes; Rpfleger 83, 64: zur Sprossenverglasung von Fenstern; DWE 86, 30: zur Errichtung einer Gartenhütte, zum Einbau einer Markise; 20 W 130/84 vom 26.11.1984: zur Balkonverglasung; 20 W 192/84 vom 29.11.1984: zur einheitlichen Verglasung von Loggien; vgl. auch Bay ObLG NJW 81, 690; BGH Rpfleger 79, 130; OLG Köln NJW 81, 585; OLG Stuttgart Justiz 80, 474). Dies muß von dem Antragsteller und den Miteigentümern, die nicht zugestimmt haben, ohne Verstoß gegen § 242 BGB nicht hingenommen werden.
Auch liegt – und dies ist bisher nicht berücksichtigt worden – ein Nachteil darin, daß nach dem Inhalt des Eigentümerbeschlusses vom 15.4.1985 die Gemeinschaft wegen des für sie bestimmten Gerätehauses an den Unterhaltungskosten beteiligt werden soll (KG Rpfleger 77, 314). Dies stellt gleichzeitig eine Abweichung von § 16 III WEG dar. § 16 III WEG – Kostenfreiheit für den, der einer Maßnahme nach § 22 WEG nicht zustimmt – ist zwar abdingbar, aber – von unangefochtenen Mehrheitsbeschlüssen abgesehen – nur einstimmig (§ 10 I 2 WEG) mit der Folge, daß der sich gegen die bauliche Veränderung wendende Wohnungseigentümer den Eigentümerbeschluß fristgerecht anfechten muß, wenn er der Kostentragungspflicht entgehen will (OLG Frankfurt Rpfleger 79, 217; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, Rdnr. 453).
Das Landgericht hat die nötige Einstimmigkeit unabhängig von § 22 WEG aber auch damit begründet, daß hier Maßnahmen beschlossen worden sind, die im Widerspruch zu der Teilungserklärung und dem Aufteilungsplan stehen. Dies ist nicht zu beanstanden, da Änderungen der Teilungserklärung, die die erste Vereinbarung der Wohnungseigentümer darstellt, ebenfalls der Einstimmigkeit bedürfen (§ 15 I, II WEG; Palandt-Bassenge, BGB, 45. Aufl., § 10 WEG Rdnr. 2 a). Dem Landgericht ist schließlich auch darin zu folgen, daß Einstimmigkeit – wiederum unabhängig von § 22 WEG – dann notwendig ist, wenn wie hier an gemeinschaftlichem Eigentum Sondernutzungsrechte zugunsten einzelner Wohnungseigentümer begründet werden sollen, die andere Miteigentümer von ihrem Mitgebrauchsrecht (§ 13 II 1 WEG) ausschließen würden (Bay ObLG Rpfleger 74, 314; OLG Frankfurt DWE 86, 30; Palandt-Bassenge, a.a.O., § 15 WEG Anm. 2 c).
Die weiteren Beschwerden waren danach mit der Kostenfolge aus § 47 Satz 1 WEG zurückzuweisen. Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten war nicht veranlaßt.
Die Wertfestsetzung erfolgte nach § 48 II WEG.
Fundstellen