Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Beschwerde im Betreuungsverfahren

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Beschluss vom 29.09.2003; Aktenzeichen 3 T 64/03)

AG Korbach (Beschluss vom 14.10.2002; Aktenzeichen 1 XVII 214/99)

 

Tenor

Der Beschluss des LG Kassel vom 29.9.2003 wird aufgehoben.

Die außerordentliche Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des AG Korbach vom 14.10.2002 wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1) ist als Berufsbetreuerin u.a. mit dem Aufgabenkreis der Sorge für die Gesundheit bestellt. Nachdem die Betreuerin einen Vergütungsantrag eingereicht hatte, beanstandete die Beteiligte zu 2) die geltend gemachten Aufwendungen und Vergütung für die Begleitung der Betroffenen zu einigen Arztterminen und wies darauf hin, dass die Betreuerin die Begleitung zu Arztbesuchen grundsätzlich nur zu organisieren, aber nicht selbst durchzuführen habe, wovon Ausnahmen nur bei Erstbesuchen oder wenn dies zur Unterrichtung des Betreuers über den Gesundheitszustand und die Therapie unerlässlich sei, in Betracht kämen. Darauf beantragte die Betreuerin mit Schreiben vom 13.10.2002 beim AG, die Betreuung auf die Begleitung zur ärztlichen Behandlung zu erweitern, und führte zur Begründung aus, die betagte Betroffene habe große Angst vor Arztbesuchen und könne krankheitsbedingt die Anweisungen des Arztes nicht mehr verstehen und umsetzen. In der Vergangenheit von ihr organisierte Arztbesuche habe die Betroffene strikt abgelehnt und nicht wahrgenommen. Nur nach längerer Überredung und bei persönlicher Begleitung sei sie in der Lage, die Betroffene der notwendigen ärztlichen Behandlung und Überwachung zuzuführen.

Der Vormundschaftsrichter des AG erließ daraufhin unter dem 14.10.2002 einen Beschluss, wonach „der Aufgabenkreis ‚Sorge für die Gesundheit der Betroffenen’ aus aktuellem Anlass dahin gehend präzisiert wird, dass er auch die Begleitung der Betroffenen zu notwendigen Arztbesuchen umfasst”.

Die Rechtspflegerin des AG setzte mit Beschluss vom 13.12.2002 unter Bezugnahme auf diese richterliche Entscheidung die beantragte Vergütung für die Begleitung der Betroffenen zu sämtlichen abgerechneten Arztterminen fest. Hiergegen hat die Beteiligte zu 2) sofortige Beschwerde eingelegt, über die noch nicht entschieden wurde.

Zugleich legte die Beteiligte zu 2) gegen den richterlichen Beschluss vom 14.10.2002 Rechtsmittel ein, soweit damit mittel- oder unmittelbar vergütungsrechtliche Fragen betroffen seien.

Das AG beschloss am 31.1.2003, der Beschwerde der Beteiligten zu 2) nicht abzuhelfen, und legte die Akten dem LG zur Entscheidung vor.

Nach Anhörung der Betreuerin hob das LG mit Beschluss vom 29.9.2003 den Beschluss des AG Korbach vom 14.10.2002 auf. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, zwar stehe der Staatskasse gegen den angefochtenen Beschluss, mit welchem der Aufgabenkreis der Betreuerin erweitert worden sei, grundsätzlich kein Beschwerderecht zu. Das Rechtsmittel sei jedoch als außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit ausnahmsweise zulässig.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Betreuerin mit der am 28.10.2003 eingelegten weiteren Beschwerde.

II. Die weitere Beschwerde ist gem. §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4, 21 Abs. 1 und 2 FGG zulässig. Die Beschwerdeberechtigung der Betreuerin ergibt sich aus § 69g Abs. 2 S. 1 FGG, da die angefochtene Entscheidung deren Aufgabenkreis betrifft (vgl. Keidel/Kayser, FGG, 15. Aufl., § 69g Rz. 21; OLG Hamm FGPrax 2000, 192).

Die weitere Beschwerde ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Verwerfung der von der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des AG Korbach vom 14.10.2002 eingelegten außerordentlichen Beschwerde als unzulässig.

Das LG hat das Rechtsmittel der Staatskasse gegen den Beschluss des Vormundschaftsrichters, wonach der Aufgabenkreis der Sorge für die Gesundheit der Betroffenen auch deren Begleitung durch die Betreuerin zu notwendigen Arztbesuchen umfassen soll, als außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit für zulässig erachtet und zur Begründung ausgeführt, eine Begleitung zu Arztbesuchen könne nur in Ausnahmefällen zur rechtlichen Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten der Betroffenen im Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge notwendig und deshalb vergütungsfähig sein, wie etwa bei Erstbesuchen oder zur unerlässlichen Unterrichtung des Betreuers über den Gesundheitszustand oder die Therapie. Hiermit sei die Beauftragung der Betreuerin zur Begleitung bei allen für die Betroffene notwendigen Arztbesuchen ohne nähere Differenzierung nicht vereinbar und greifbar gesetzwidrig. Diese Entscheidung des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts i.S.d. §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

Die Entscheidung des AG beinhaltet der Sache nach eine Konkretisierung und Erweiterung des der Betreuerin bisher allgemein übertragenen Aufgabenkreises der Gesundheitsfürsorge auf die Begleitung der Betroffenen zu notwendigen Arztterminen. An der Aufhebung dieser Entscheidung war da...

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