Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeitsbestimmung - gemeinsamer Gerichtsstand nach § 32b ZPO
Normenkette
ZPO §§ 32b, 36 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-15 O 413/13) |
Tenor
Eine Gerichtsstandsbestimmung wird abgelehnt.
Gründe
I. Mit der vor dem LG Frankfurt/M. eingereichten Klage nimmt der Kläger die Beklagten im Zusammenhang mit einer Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds in Anspruch.
Der Kläger erwarb im Jahre 1994 eine Beteiligung an der A. GmbH & Co. KG. Dem Erwerb ging eine Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten zu 1) voraus. Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte zu 1) hafte als beratende Bank wegen Verletzung eines Anlageberatungsvertrages, weil ihr Mitarbeiter ihn weder über erhaltene Rückvergütungen noch über Prospektfehler aufgeklärt habe. Die Beklagte zu 2) hafte als Treuhandkommanditistin unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne; sie habe auch ihrerseits die Gründungskommanditistin der Beteiligungsgesellschaft gegründet. Beide Beklagten seien auch verbundmäßig miteinander verflochten.
Der Kläger hat einen Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung gestellt. Er beantragt, das LG Frankfurt/M. als gemeinsam zuständig zu bestimmen. Beide Beklagte haben diesem Antrag zugestimmt.
II. Die Voraussetzungen einer Gerichtsstandsbestimmung liegen nicht vor.
Nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erfolgt auf Antrag eine Gerichtsstandsbestimmung, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist.
Im vorliegenden Fall haben die als Streitgenossen in Anspruch genommenen Beklagten ihren allgemeinen Gerichtsstand zwar bei verschiedenen Gerichten. Vorliegend ist jedoch ein gemeinsamer Gerichtsstand nach § 32b ZPO begründet.
Die Beklagte zu 2) wird als Treuhandkommanditistin u.a. wegen behaupteter Prospektmängel, also wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation i.S.d. § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Anspruch genommen. Der geltend gemachte Anspruch gegen die Beklagte zu 1) stützt sich ausweislich der Klageschrift - dort insbesondere S. 30 und S. 38 - nicht nur darauf, dass bei der Beratung verdeckte Rückvergütungen verschwiegen worden seien, sondern ausdrücklich auch darauf, dass der Kläger nicht auf - im einzelnen dargelegte - Prospektmängel aufmerksam gemacht worden sei. Damit handelt es sich insoweit um eine Klage i.S.d. § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO, mit der ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird wegen Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist.
Zwar greift nach dem Wortlaut des letzten Halbsatzes § 32b Abs. 1 ZPO nur dann ein, wenn die Klage auch gegen den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft gerichtet wird. Anbieter i.S.d. § 32b ZPO ist dabei derjenige, der für das öffentliche Angebot von Vermögensanlagen verantwortlich ist und so auch den Anlegern gegenüber nach außen erkennbar auftritt. Wenn der Vertrieb über Vertriebsorganisationen erfolgt, ist derjenige als Anbieter anzusehen, der die Verantwortung für die Koordination der Vertriebsaktivitäten innehat [BGH NJW-RR 2013, 1302 m.w.N.; Toussaint in: Beck'scher Online-Kommentar ZPO, § 32b Rz. 14]. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, da keiner der beiden Beklagten in diesem Sinne als Anbieter anzusehen ist.
Nach der vorzitierten Entscheidung des BGH ist der mit der Neufassung des § 32b ZPO durch das Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes und zur Änderung anderer Vorschriften vom 19.10.2012 eingefügte letzte Halbsatz nach Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck jedoch einschränkend dahingehend auszulegen, dass diese zusätzliche Voraussetzung nur für den Fall gelten soll, dass sich die Klage ausschließlich gegen Anlageberater, Anlagevermittler oder sonstige Personen wegen der in § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO aufgeführten Handlungen richtet [BGH a.a.O.]. Wird hingegen die Klage - wie im vorliegenden Fall - zumindest gegen einen Beklagten auf eine der den von § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO erfassten Handlungen gestützt, greift die Zuständigkeitsregel des § 32b ZPO insgesamt auch dann ein, wenn Emittent, Anbieter oder Zielgesellschaft nicht mitverklagt werden [BGH, a.a.O.; Toussaint, a.a.O., Rz. 16-19].
Danach besteht hier ein gemeinsamer (ausschließlicher) Gerichtsstand am Sitz des Anbieters der Vermögensanlage.
Fundstellen