Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsvollstreckung nach Titelfortfall
Leitsatz (amtlich)
Keine Festsetzung eines Ordnungsgeldes für Verstoß in der Vergangenheit, wenn e.V. nach Widerspruch aufgehoben wird und dem Urteil nicht zweifelsfrei entnommen werden kann, dass die e.V. für die Vergangenheit bestätigt werden sollte.
Normenkette
ZPO §§ 890, 926
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 29.06.2010; Aktenzeichen 2/18 O 410/08) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Frankfurt/M. vom 29.6.2010 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 10.000 festgesetzt.
Gründe
I. Das LG Frankfurt/M. hat mit Beschluss vom 7.10.2008 auf Antrag des Antragstellers eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher der Antragsgegnerin untersagt wurde, ohne Einwilligung des Antragstellers den Film "..." "..." im Internet und/oder über Printmedien zum Verkauf anzubieten und/oder zu bewerben.
Am 3.3.2010 bot die Antragsgegnerin auf der von ihr betriebenen Internetseite www... de den genannten Film an.
Mit Schriftsatz vom 4.3.2010 beantragte der Antragsteller, gegen die Antragsgegnerin wegen Verstoßes gegen den Beschluss der Kammer vom 7.10.2008 ein Ordnungsgeld festzusetzen (Bl. 48 ff. d.A.). Die Antragsgegnerin legte daraufhin mit Schreiben vom 9.4.2010 Widerspruch ein und beantragte zudem, den Ordnungsmittelantrag zurückzuweisen (Bl. 93 ff. d.A.). Zur Begründung verwies sie darauf, dass die dem Antragsteller eingeräumten exklusiven Vertriebsrechte mit Schreiben vom 22.8.2008, dem Antragsteller am 27.10.2008 zugegangen, gekündigt worden seien.
Das LG Frankfurt/M. hat mit Urteil vom 29.6.2010 die einstweilige Verfügung vom 7.10.2010 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestünde eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Erlöschen der ursprünglich dem Antragsteller eingeräumten ausschließlichen Nutzungsrechte. Da die Aufhebungsgründe nicht von Anfang an bestanden hätten, habe der Antragsteller nur die Kosten des Aufhebungsverfahrens zu tragen (Bl. 144 ff. d.A.).
Die hiergegen eingelegte Berufung hat der Antragsteller nach Hinweis des Senats zurückgenommen.
Mit Beschluss vom 29.6.2010 hat das LG Frankfurt/M. zudem den Ordnungsgeldantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Wegfall des vollstreckungsfähigen Titels durch das Urteil vom 29.6.2010 der Festsetzung eines Ordnungsmittels entgegenstünde (Bl. 152 f. d.A.).
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.
Er ist der Ansicht, die einstweilige Verfügung sei erst mit Wirkung zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aufgehoben worden. Zuwiderhandlungen vor diesem Zeitpunkt könnten - u.a. im Hinblick auf den Zweck des Ordnungsmittels - auch nach Titelfortfall geahndet werden. Sollte mit dem Urteil vom 29.6.2010 der Beschluss rückwirkend aufgehoben worden sein, hätte das LG Frankfurt/M. der Antragsgegnerin mehr zugesprochen als beantragt. Hilfsweise werde der Ordnungsgeldantrag auf einen Verstoß am 26.10.2008, einen Tag vor Zustellung der Kündigung des Lizenzvertrags, gestützt.
Die Antragsgegnerin hält die sofortige Beschwerde für unbegründet, da der Vollstreckungstitel mit Wirkung ex tunc entfallen sei. Zudem habe die Antragsgegnerin nicht schuldhaft gehandelt.
Das LG Frankfurt/M. hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 11.8.2010 nicht abgeholfen.
II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde i.S.d. §§ 793, 567 ZPO ist unbegründet.
1. Es liegt kein vollstreckbarer Titel mehr vor, auf dessen Grundlage wegen Zuwiderhandlung der in dem Titel enthaltenen Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld festgesetzt werden kann. Die im Rahmen des Beschlusses vom 7.10.2008 enthaltene Unterlassungsverpflichtung ist mit Urteil vom 29.6.2010 aufgehoben worden. Der Fortfall des Titels führt dazu, dass er grundsätzlich auch nicht mehr als Grundlage für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes dienen kann, soweit es um Verstöße gegen die Unterlassungsverpflichtung vor Erlass des Urteils vom 29.6.2010 geht (Zöller/Stöber, 28. Aufl., § 890 Rz. 9).
Den Regelungen in §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO ist zu entnehmen, dass die Festsetzung von Ordnungsmitteln als Maßnahme der Zwangsvollstreckung zwingend einen vollstreckbaren Titel voraussetzen. Dies gilt auch für die zur Erzwingung von Unterlassungen gem. § 890 ZPO bestehende Möglichkeit, ein Ordnungsgeld festzusetzen (vgl. BGH NJW 2004, 506, 508 - EUR-Einführungsrabatt).
Das Erfordernis eines noch vollstreckbaren Titels stellt sicher, dass staatliche Zwangsmaßnahmen nur auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung ergehen, die rechtskräftig geworden ist oder deren Rechtmäßigkeit jedenfalls noch in dem dafür vorgesehenen gerichtlichen Verfahren überprüft werden kann (ebenda).
Nachdem der Antragsteller die Berufung gegen das Urteil, mit welchem die einstweilige Verfügung aufgehoben wurde, ...