Normenkette
BGB § 426; AGBG §§ 3, 9
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 9 O 308/00) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Klägerin kann Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug nicht bewilligt werden, weil die von ihr beabsichtigte Berufung gegen das am 23.11.2001 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Wiesbaden keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Zu Recht hat das LG die Klage auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht für die aus dem Unfall vom 1.12.1997 entstandenen und noch entstehenden Schäden abgewiesen. Die Beklagte haftet für den Unfallschaden nicht.
Es kann offen bleiben, ob die beklagte Gemeinde verpflichtet war, die Verbindungsstraße zwischen dem B.-Ring und der U.-straße in ihrem Gemeindegebiet zu beleuchten und ob der Sturz der Klägerin mit dem Fahrrad auf einer schuldhaften Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht der Beklagten gem. § 823 Abs. 1 BGB beruht. Die Berufung hat selbst dann keine Aussicht auf Erfolg, wenn durch den Sturz der Klägerin mit dem Fahrrad in dem unbeleuchteten Abschnitt der Straße zunächst eine Haftung der Beklagten begründet worden sein sollte. Denn die Klägerin hat durch den am 8./11.9.1998 mit Herrn T. abgeschlossenen Abfindungsvergleich auf Ansprüche auch ggü. der Beklagten verzichtet.
In der mit „Vergleich- und Abfindungserklärung” überschriebenen Erklärung wurde seitens der Klägerin gegen Zahlung von 1.000 DM auf weiter gehende Ersatzansprüche nicht nur gegen Herrn T., sondern auch gegen die Beklagte verzichtet. Dieser Verzicht ergibt sich daraus, dass die Klägerin ggü. dem Haftpflichtversicherer als Vertreter des von ihr in Anspruch genommenen Herrn T. unter dem 8.9.1998 erklärte, wegen aller Ersatzansprüche anlässlich des näher bezeichneten Schadensfalles gegen Herrn T. und jeden weiteren Mitversicherten für jetzt und alle Zukunft abgefunden zu sein. Außerdem heißt es in der Erklärung der Klägerin: „Ich/wir bestätige/n, dass die Regelung ohne Anerkennung einer Haftung erfolgt und auch zu Gunsten solcher Dritter gilt, denen im Falle der Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen die Versicherten zusteht”. Mit dieser Abfindungserklärung hat die Klägerin zugleich zu Gunsten der Beklagten auf Ansprüche anlässlich des Unfallereignisses vom 1.12.1997 verzichtet. Denn der Beklagten würde im Falle ihrer Inanspruchnahme ein Ausgleichsanspruch gegen Herrn T. zustehen. Die zu Gunsten der Klägerin zu unterstellende Haftung des Herrn T. ergibt sich daraus, dass dieser schuldhaft seine Verkehrssicherungspflicht als Eigentümer des Anliegergrundstücks verletzte, in dem er die Kette, die er vor seinem Kfz-Stellplatz angebracht hatte, aufgrund Fahrlässigkeit nicht hinreichend gegen eine missbräuchliche Verwendung sicherte. Neben der danach anzunehmenden Haftung des Herrn T. aus § 823 Abs. 1 BGB steht die – in diesem Zusammenhang ebenfalls zu Gunsten der Klägerin zu unterstellende – Haftung der Beklagten wegen fahrlässiger Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht gem. § 823 Abs. 1 BGB, weil trotz Beleuchtungspflicht im Unfallbereich der Defekt der dort befindlichen Straßenlampe nicht rechtzeitig an die Main-Kraftwerke AG, die ggü. der Beklagten zur Instandhaltung der Straßenbeleuchtung verpflichtet war, gemeldet wurde. Die – hier zu unterstellende – Haftung der Beklagten würde danach dazu führen, dass sie neben Herrn T. aus unerlaubter Handlung verantwortlich ist und demgemäß nach § 840 Abs. 1 BGB neben diesem als Gesamtschuldner haftet. Der Beklagten stand somit – unabhängig davon, ob sie von der Klägerin in Anspruch genommen wurde – ein Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB gegen Herrn T. zu. Demgemäß wirkt die Abfindungserklärung der Klägerin auch zu Gunsten der Beklagten.
Der in der Abfindungserklärung der Klägerin enthaltene Verzicht von Ansprüchen gegen die Beklagte ist nach seinem klaren Wortlaut umfassend und nicht etwa eingeschränkt in dem Sinne, dass Herr T., dessen über 1.000 DM hinausgehende Verbindlichkeit erlassen wurde, zugleich von seiner im Innenverhältnis aus § 426 Abs. 1 BGB ggü. der Beklagten als anderem Gesamtschuldner ggü. begründeten Haftung befreit werden soll. Da die Ausgleichspflicht der Gesamtschuldner bereits bei Begründung des Gesamtschuldverhältnisses und nicht erst mit der Leistung eines Gesamtschuldners an den Gläubiger entsteht, ist dies wirksam nur in der Weise möglich, dass der Anspruch des Gläubigers gegen den am Vergleich nicht beteiligten Gesamtschuldner im Wege eines Vertrages zu Gunsten Dritter in dem Umfang aufgehoben wird, in welchem der durch den Erlass begünstigte Gesamtschuldner, wäre er vom Gläubiger voll in Anspruch genommen worden, Ausgleich von dem anderen Gesamtschuldner verlangen könnte (BGH v. 21.3.2000 – IX ZR 39/99, MDR 2000, 943 = NJW 2000, 1942 [1943] m.w.N). Für eine nur beschränkte Gesamtwirkung des Vergleiches in dem genannten Sinne enthält d...