Entscheidungsstichwort (Thema)
Rotlichtverstoß mit SUV rechtfertigt allein keine erhöhte Geldbuße
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 03.06.2022; Aktenzeichen 947 OWi - 533 Js-OWi 18474/22) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen verurteilt, fahrlässig als Kraftfahrzeugführer in anderen als den Fällen des Rechtsabbiegens mit Grünpfeil ein rotes Wechsellichtzeichen bei schon länger als 1 Sekunde andauernder Rotphase nicht befolgt zu haben. Es hat deshalb gegen ihn eine Geldbuße von 350 € festgesetzt. Zudem untersagte es ihm unter Anwendung von § 25 Abs. 2a StVG, für die Dauer von einem Monat Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.
Hierbei hat es die vom Bußgeldkatalog, neben einem einmonatigen Fahrverbot, vorgesehene Regelbuße von 200 €, Ziff. 132.3 BKat, unter Berücksichtigung der Vorahndungen des Betroffenen wegen der „größeren abstrakten Gefährdung durch das geführte Kraftfahrzeug“ erhöht. Die kastenförmige Bauweise und die wegen der größeren Bodenfreiheit erhöhte Frontpartie des Fahrzeugs erhöhten „bei einem SUV das Verletzungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer“.
Gegen dieses in Abwesenheit des gemäß § 73 Abs. 2 OWiG von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbundenen Betroffenen und in Anwesenheit seines ihn gemäß § 73 Abs. 3 OWiG vertretenden Verteidigers am 3. Juni 2022 verkündete Urteil hat der Betroffene mit Eingang beim Amtsgericht Frankfurt am Main am 10. Juni 2022 Rechtsbeschwerde eingelegt.
Nachdem dem Verteidiger die schriftlichen Urteilsgründe am 24. Juni 2022 zugestellt worden waren, hat dieser für den Betroffenen die Rechtsbeschwerde mit Eingang beim Amtsgericht Frankfurt am Main am 7. Juli 2022 begründet und die Verletzung formellen sowie materiellen Rechts gerügt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit ihrer Zuschrift vom 19. August 2022 beantragt, die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
Mit Beschluss vom 27. September 2022 hat der befasste Einzelrichter die Sache nach § 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG zur Fortbildung des Rechts dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
II.
Der statthafte, §§ 79 Abs. Nr. 1, 80 Abs. 1 OWiG, und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde ist in der Sache Erfolg zu versagen.
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerde hat jedenfalls im Ergebnis keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen erkennen lassen.
Soweit der Betroffene geltend macht, das Gericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt, indem es unterlassen hat, ein „verkehrstechnisches und unfallanalytisches Sachverständigengutachten“ einzuholen, ist diese Verfahrensrüge nicht den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechend ausgeführt.
Eine diesbezüglich ordnungsgemäße Rüge erfordert unter anderem die Darlegung, welches bestimmte Ergebnis als konkrete Beweistatsache von der unterbliebenen Beweisaufnahme zu erwarten gewesen wäre (KK-Gericke § 344, StPO, Rn. 51; KG BeckRS 2019, 18053; NStZ 2022, 244; Cirener, Die Zulässigkeit von Verfahrensrügen in der Rechtsprechung des BGH - 1. Teil, NStZ-RR 2013, 1 ff.). Hieran fehlt es vorliegend.
Hinsichtlich des Schuldspruchs deckt die Rechtsbeschwerde keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf.
Soweit das Amtsgericht hingegen die Regelbuße - neben den Vorahnungen auch - wegen der „größeren abstrakten Gefährdung durch das geführte Kraftfahrzeug“ erhöht und hierbei auf das bei einem „SUV“ wegen der „kastenförmigen Bauweise“ und der „erhöhten Frontpartie größere Verletzungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer“ abgehoben hat, hält dies auf die ebenfalls erhobene Sachrüge einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Zutreffend hat das erkennende Gericht aufgrund des von ihm festgestellten Verstoßes eine Regelbuße von 200 € gemäß Ziff. 132.3 BKat seiner Bemessung zugrunde gelegt.
Im Ausgangspunkt ebenfalls nicht zu beanstanden ist das Abstellen auf eine durch das Gericht dem Betroffenen zugerechnete, gegenüber gewöhnlichen Tatumständen größere abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer. Maßgeblich für die Höhe der Geldbuße ist gemäß § 17 Abs. 3 S. 1 1. Alt. OWiG, neben weiteren Kriterien, wie dem den Täter treffenden Vorwurf, § 17 Abs. 3 S. 1 2. Alt. OWiG, und der Schuldform, § 17 Abs. 2 OWiG, die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit. Unter Letztgenannter werden vornehmlich objektive, die konkrete Tat prägende Bemessungskriterien wie die Tathandlung, die Tatauswirkungen einschließlich außertatbestandlicher Weiterungen, erfasst (Krennberger/Krumm, § 17 OWiG, Rn. 8 f.; BeckOK-Sackreuter § 17 OWiG, Rn. 40). Dabei sind der Grad und Maß der Gefährdung der geschützten Rechtsgüter oder Interessen (KK-Mitsch § 17 OWiG, Rn. 39 f.; Krennberger/Krumm, § 17 OWiG, Rn. 9; OLG Düsseldorf VRS 72, 120 (122); KG BeckRS 2020, 6531, Rn. 22) regelmäßig wichtiger Bestandteil des Tatbildes.
Ein V...