Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozessveranlassung durch Kläger - Kosten bei Klagerücknahme
Normenkette
ZPO § 269
Verfahrensgang
BGH (Beschluss vom 23.02.2017; Aktenzeichen III ZB 60/16) |
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 08.12.2015; Aktenzeichen 2-24 O 154/15) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des LG Frankfurt am Main vom 08.12.2015, Az. 2-24 O 154/15, abgeändert.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Der Kläger hat zudem die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 3.123,72 festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger erteilte der A GmbH wegen ihm möglicherweise gegen die B GmbH & Co. KG zustehender Schadensersatzansprüche eine Inkassovollmacht und trat gleichzeitig die möglichen Schadensersatzansprüche an diese ab. Wegen des Inhalts der Inkassovollmacht wird auf das Muster Bl. 47 d.A., wegen des Inhalts der Forderungsabtretung wird auf das Muster Bl. 46 d.A. Bezug genommen. Am 02.09.2013 beantragte die A GmbH als Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen den Beklagten einen Mahnbescheid über einen Hauptforderungsbetrag in Höhe von EUR 30.000,00. Nach Zustellung des Mahnbescheids legte der Beklagte gegen diesen Widerspruch ein und stellte einen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens. Nach Fristsetzung zur Anspruchsbegründung (§ 697 Abs. 1 ZPO) hat der Kläger mit Schriftsatz vom 03.08.2015 die Rücknahme des Mahnantrags und der Klage erklärt. Auf Antrag des Beklagten, dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (Bl. 23 d.A.), hat das LG durch Beschluss vom 08.12.2015 die Kosten des Rechtsstreits dem Beteiligten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH auferlegt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 74-83 d.A. Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte mit seiner sofortigen Beschwerde. Er sei vom LG an dem vorliegenden Verfahren nicht beteiligt worden. Ihm sei auch kein rechtliches Gehör gewährt worden. Der Kläger habe den Prozess zurechenbar veranlasst, indem er die Vollmacht unterzeichnet habe. Die Inkassovollmacht sei deswegen erteilt worden, um im Namen der jeweiligen Antragsteller das Mahnverfahren einzuleiten. Die Forderungsabtretung habe lediglich der Sicherung der Ansprüche der Insolvenzschuldnerin gedient. Zudem sei der Kostenerstattungsanspruch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden, weswegen dieser nur im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden könne.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 132 ff. d.A.).
II. Die gemäß §§ 269 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere nach § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Das LG hat dem Beteiligten nach Klagerücknahme durch den Kläger in Abweichung zu § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu Unrecht die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist im Fall der Klagerücknahme der Kläger verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist eine Ausprägung des allgemeinen, den Regelungen der §§ 91, 97 ZPO zu Grunde liegenden Prinzips, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Nimmt der Kläger seine Klage zurück, begibt er sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen. Ob dieses Ergebnis mit dem materiellen Recht übereinstimmt, ist ohne Bedeutung. Letzteres betrifft allein den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, nicht aber die davon zu unterscheidende prozessuale Kostenlast (BGH NJW-RR 2005, 1662). Voraussetzung der genannten Vorschriften ist der Bestand eines Prozessrechtsverhältnisses (BGH NJW 1993, 1865 [BGH 04.03.1993 - V ZB 5/93]).
Das LG hat die Kosten entgegen § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 ZPO nicht dem Kläger auferlegt. Es hat auch keine Ausnahmeentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 ZPO getroffen. Weder ist im Sinne von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO über die Kosten des Rechtsstreits rechtskräftig erkannt noch sind sie dem Beklagten auferlegt worden. Vielmehr hat das LG die Kosten dem Beteiligten auferlegt. Dieser steht jedoch in dem die Kostenentscheidung betreffenden Rechtsstreit nicht in einem Prozessrechtsverhältnis zu den Parteien. Gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ZPO ist er nach Abgabe des Rechtsstreits an das LG Frankfurt am Main nicht einmal mehr an dem Rechtsstreit als Prozessbevollmächtigter beteiligt.
Die Entscheidung des LG, die Kosten dem Beteiligten aufzubürden, lässt sich auch nicht auf eine entsprechende Anwendung der §§ 91, 97 ZPO bzw. des § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 ZPO stützen. Die genannten Vorschriften beruhen auf dem Gedanken, dass die unterlegene Partei den Rechtsstreit verursacht hat. Hat die Partei - ausnahmsweise - keinen Anlass für den Prozess gegeben, so sind die Vorschriften entsprechend dahin anzuwenden, dass die Ko...