Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenswert für isoliert geführte Familiensache, die ursprünglich im Scheidungsverbund geltend gemacht wurde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird eine nicht nach § 137 Abs. 2 FamFG verbundfähige Familiensache gleichwohl im Scheidungsverbund geltend gemacht und sodann nach §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 145 ZPO getrennt und selbstständig fortgeführt, so ist deren Verfahrenswert nicht nach § 44 FamGKG im Verbund, sondern in dem isoliert geführten Verfahren festzusetzen.

2. Dies gilt in Ansehung der Anwaltsgebühren auch dann, wenn der Rechtsanwalt sein Wahlrecht dahin ausüben möchte, die Gebühren auch für das getrennte Verfahren im Scheidungsverbund abzurechnen.

3. Zur Erhöhung des Verfahrenswerts nach § 48 Abs. 1, 3 FamGKG bei werthaltigen Immobilien (hier verneint)

 

Normenkette

FamFG §§ 113, 137; FamGKG §§ 44, 48; ZPO § 145

 

Tenor

Das erstinstanzliche Aktenzeichen wird aus Gründen des Datenschutzes nicht mitgeteilt.

Der Abhilfebeschluss des Amtsgerichts vom 23.9.2020 wird dahin abgeändert, dass eine Wertfestsetzung für den Kindesunterhalt entfällt.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Das vorliegende Verfahren betrifft die Ehe der Beteiligten, die mit Beschluss vom 05.06.2020 geschieden wurde. Im Verbund anhängig war der Versorgungsausgleich und die Überlassung der Ehewohnung für die Zeit nach Rechtskraft der Ehescheidung. Mit Antrag vom 27.4.2020 wurde von der Antragsgegnerin auch der Kindesunterhalt ab August 2017 geltend gemacht, der nach einem gerichtlichen Hinweis - ohne dass sich ein entsprechender Beschluss in der Akte finden würde - vom Scheidungsverbund getrennt wurde und isoliert geführt wird. Mit Antrag vom 25.9.2019 machte der Antragsteller eine Nutzungsentschädigung wegen der Überlassung der Ehewohnung an die Antragsgegnerin in Höhe von monatlich 500 EUR ab 1.9.2017 für die Zeit des Getrenntlebens im hiesigen Verfahren geltend. Dieser Antrag wurde vom Amtsgericht mit Beschluss vom 25.3.2020 aus dem Scheidungsverbund "abgetrennt" und zu dem beim Amtsgericht damaligen Ehewohnungsverfahren für die Zeit des Getrenntlebens (...) hinzuverbunden. Im Verfahren ... (Zuweisung der Ehewohnung an die Ehefrau und Nutzungsentschädigungsansprüche des Ehemannes) setzte das Amtsgericht den Verfahrenswert mit Beschluss vom 15.4.2020 auf 22.000 EUR fest. Auf die Wertbeschwerde des hiesigen Antragstellers änderte der Einzelrichter des Senats im dortigen Verfahren mit Beschluss vom 26.6.2020 (OLG Frankfurt v. 26.6.2020 - 5 WF 114/20, veröffentlicht in NZFam 2020, 829) den Verfahrenswert auf 3.000 EUR ab.

Im hiesigen Ehescheidungsverfahren setzte das Amtsgericht mit Beschluss vom 5.6.2020 den Wert für die Ehescheidung zunächst auf 10.050 EUR, für den Versorgungsausgleich auf 5.025 EUR und für die Ehewohnungssache auf 4.000 EUR fest.

Gegen die Wertfestsetzung des Amtsgerichts richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, mit der sie eine Erhöhung des Verbundwertes anstrebt. Sie ist der Ansicht, dass in der Wohnungssache eine Erhöhung des Werts auf 6.000 EUR deshalb zu veranlassen sei, weil es sich um ein besonders werthaltiges Anwesen (500 m2 Grundstücksgröße, 180 m2 Wohnfläche) handle. Auch sei die im Scheidungsverfahren geltend gemachte Nutzungsentschädigung mit einem Betrag iHv 6.000 EUR und auch der Kindesunterhalt (5.340 EUR) im hiesigen Verfahren zu bewerten.

Der hiesigen Beschwerde und der auch von der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin erhobenen Wertbeschwerde half das Amtsgericht mit Beschluss vom 23.9.2020 teilweise ab und setzte den Wert im Hinblick auf das Vermögen der Beteiligten für die Ehescheidung (§ 43 FamGKG) auf 37.550 EUR fest. Außerdem setzte es für den im Ehescheidungsverfahren ursprünglich geltend gemachten Kindesunterhalt einen Wert von 5.340 EUR an. Die Wertbeschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin wird nach erfolgter Teilabhilfe nicht weiterverfolgt.

II. Die nach §§ 59 Abs. 1 FamGKG iVm § 32 Abs. 2 RVG zulässige Wertbeschwerde ist in der Sache unbegründet.

Das Amtsgericht hat im Rahmen seiner nach § 44 FamGKG erfolgten Wertfestsetzung den Wert der Ehewohnungssache zutreffend nach § 48 Abs. 1 FamGKG auf 4.000 EUR festgesetzt. Die von der Beschwerde erstrebte Werterhöhung auf 6.000 EUR ist nicht vorzunehmen. Zwar kann in Ehewohnungssachen nach § 48 Abs. 3 FamGKG der Regelwert erhöht werden, wenn dessen Ansatz nach den besonderen Umständen des Einzelfalles als unbillig erscheint. Ein solcher Ausnahmefall wird im Rahmen von § 48 Abs. 3 FamGKG zwar bei besonders wertvollen Immobilien angenommen (OLG Brandenburg AGS 2015, 183; OLG Köln AGS 2014, 130; Türck-Brocker in Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 3. Aufl. 2019, § 48 Rn. 20). Dass es sich hier um eine besonders werthaltige Immobilie handelt, ist aber nicht ersichtlich. So wird im Rahmen des isolierten Wohnungsverfahren für die Trennungszeit der objektive Mietwert von beiden Beteiligten unterhalb einer Grenze von 1.000 EUR monatlich angesetzt. Auch die Größe der Woh...

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