Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Rechtsweg zu den Zivilgerichten zwecks Naturalrestitution im Rahmen von Amtshaftung
Leitsatz (amtlich)
1. Weder Art. 34 Satz 3 GG noch § 72 Abs. 2 Nr. 2 GVG eröffnen den Zivilrechtsweg für einen auf Naturalrestitution gerichteten Amtshaftungsanspruch (hier: Löschung von Unterlagen aus Ermittlungsakten).
2. Bei der Entscheidung über die Löschung/Vernichtung von Unterlagen aus Ermittlungsakten handelt es sich um einen Justizverwaltungsakt. Zuständig zur Entscheidung ist ein Strafsenat des OLG.
Normenkette
BGB § 839; GVGEG §§ 23, 25; GVG § 72 Abs. 2 Nr. 2; GG Art. 34 S. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den am ... 2011 verkündeten Beschluss des LG Frankfurt/M. über die Verweisung des Rechtsstreits bezüglich des Klagenantrags zu 2. wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Kläger.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Beschwerdewert wird auf 2.666,67 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger, ein gemeinnütziger Verein mit humanitären, mildtätigen Zielsetzungen, macht zum einen materiellen Schadensersatz geltend, weil er im Jahre ... in Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Vorstand von der beim OLG/Generalstaatsanwaltschaft geführten gemeinsamen Liste zuwendungsberechtigter gemeinnütziger Einrichtungen gestrichen worden ist; aufgrund dessen habe er keine Zuwendungen aus Geldbußen oder Geldauflagen mehr erhalten. Zum anderen begehrt er mit seinem Klageantrag zu 2. - so wörtlich -, " im Wege schadensersatzrechtlicher Folgenbeseitigung" die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gewonnenen und ausgewerteten Bank- und Kontendaten sowie sonstige derartige Daten des Klägers und außerdem aus Anlass des Ermittlungsverfahrens hergestellte Kopien von beschlagnahmten Briefen zu vernichten oder zu löschen. Der Kläger macht geltend, Rechtsschutzziel sei insoweit die Löschung und Vernichtung als Naturalrestitution im Wege der schadensersatzrechtlichen Folgenbeseitigung unter Amtshaftungsgesichtspunkten. Zuständig sei gem. Art. 34 Satz 3 GG, § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG das LG.
Dem gegenüber vertritt der Beklagte die Auffassung, die vom Kläger begehrte Maßnahme sei eine solche der Strafrechtspflege, über die gem. §§ 23 ff EGGVG durch den zuständigen Strafsenat des OLG zu befinden sei.
Wegen des Schadensersatzes wurde vom LG anderweitig entschieden; die Sache befindet sich in der Berufung. Wegen des Klageantrags zu 2. - Vernichtung und Löschung von Akten - hat das LG mit am ... 2011 verkündetem Beschluss (...), dem Kläger zugestellt am ... 2011 (...), den beschrittenen Rechtsweg zu den Zivilgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit insoweit an den zuständigen Strafsenat des OLG Frankfurt verwiesen. Gegen diesen Verweisungsbeschluss richtet sich die am ... 2011 beim LG und am ... 2011 beim OLG eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers, der das LG nicht abgeholfen hat.
Wegen des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschrift sowie auf die Schriftsätze des Klägers vom ...,... und ... 2011 verwiesen. Der Beklagte ist der Beschwerde entgegengetreten; zu seinem Vorbringen wird auf den Schriftsatz vom 5.10.2011 verwiesen.
Der Kläger hat den Antrag gestellt, im Zusammenhang mit der Übersendung eines Schriftsatzes durch eine für unzuständig gehaltene Richterin des LG an ihn die Frage der Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter und den Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs (Art. 47 EU-Charta), außerdem wegen der zu löschenden Daten die Frage der Verletzung des Rechts auf Achtung der Kommunikation (Art. 7 EU-Charta) und des Schutzes der personenbezogenen Daten (Art. 8 Abs. 1 EU-Charta) sowie wegen der Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter für die geltend gemachten Ansprüche gem. Art. 34 GG i.V.m. §§ 839, 249 ff, 1004, 862 BGB (Art. 47 Abs. 2 EU-Charta) gem. Art. 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Auch insoweit wird auf die Begründung in den Schriftsätzen des Klägers vom ...,... und ... 2011 verwiesen.
II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 17a Abs. 4 Satz 3 GVG i.V.m. § 567 ZPO) und auch ansonsten zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Das LG hat den Klageantrag zu 2. auf Vernichtung und Löschung von Aktenteilen zu Recht an den zuständigen Strafsenat des OLG Frankfurt verwiesen.
1. Etwaige Verfahrensfehler im Nichtabhilfeverfahren, wie sie vom Kläger geltend gemacht werden, sind durch den weiteren Gang des Beschwerdeverfahrens geheilt.
a) Soweit der Kläger eine Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 GG) im auf die sofortige Beschwerde des Klägers durchzuführenden Abhilfeverfahren des LG darin sieht, dass der Schriftsatz der Gegenseite vom 5.10.2011 durch die Vorsitzende der 5. Zivilkammer an ihn zur Stellungnahme übersandt wurde, braucht nicht entschieden zu werden, ob ein Verstoß gegen die genannte Verfassungsnorm bereits in einem Fall anzunehmen wäre, in dem ein Schriftsatz der Gegenseite zur Stellungnah...