Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 21.02.1990; Aktenzeichen 5 O 327/89)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.2.1990 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 7.100,– DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 21.7.1989 richtet.

Die Entscheidung über die Berufung der Beklagten gegen die Abweisung ihrer Widerklage, deren Erweiterung und über die Kosten des Rechtsstreits bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt 7.100,– DM.

 

Tatbestand

(Abgekürzt nach § 543 Abs. 1 ZPO)

I.

Mit notariellem Vertrag vom 18. Mai 1989 erwarben die Kläger von den Beklagten ein Hausgrundstück. Mit ihrer Klage machen sie einen Anspruch auf Auszahlung der Barkaution in Höhe von 7.100,– DM geltend, die den Beklagten aufgrund vor der Veräußerung des Grundstücks geschlossener und vollzogener Mietverträge ausgekehrt worden waren. Der Anspruch ist dem Grunde und der Höhe nach unstreitig. Die Parteien streiten ausschließlich um eine von den Beklagten im Wege der Aufrechnung (in Hohe von 7.100,– DM) und der Widerklage (in Höhe von 2.900,– DM) geltend gemachten Gegenforderung auf Zahlung eines behaupteten Restkaufpreises.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, die ihre Widerklage im Hinblick auf die mögliche Unzulässigkeit der Aufrechnung hilfsweise auf 10.000,– DM erweitert haben.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Rechtsstreit ist im tenorierten Umfange entscheidungsreif, die Widerklage bedurfte hingegen nach der Aufklärung im Tatsächlichen, so daß durch Teilurteil entschieden werden konnte (§ 501 ZPO).

Die Berufung ist nicht begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Auszahlung der Barkaution richtet. Der Anspruch ergibt sich aus § 572 Satz 1 BGB. Die Höhe der Forderung ist unstreitig. Die Zinsforderung ergibt sich aus Verzug (§§ 284 Abs. 1, 285, 288 Abs. 1 BGB).

Die Forderung ist nicht durch Aufrechnung erloschen. Die Aufrechnung gegen die Forderung auf Auszahlung der Barkaution (§ 572 Satz 1 BGB) mit der nach Behauptung der Beklagten bestehenden Restkaufpreisforderung ist unzulässig.

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob gegen den Anspruch des Erwerbers auf Auszahlung an den Veräußerer gezahlter Mietkautionen mit einem restlichen Kaufpreisanspruch aus dem Veräußerungsgeschäft aufgerechnet werden kann. Soweit ersichtlich verneint expressis verbis nur Sternel (Mietrecht, 3. Aufl., Rdnr. III, 235) die Möglichkeit einer Aufrechnung. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (MDR 1983, 404) hat die Frage offengelassen. Bejaht wird eine Aufrechnungsmöglichkeit von der ganz überwiegenden Literatur (vgl. Palandt-Putzo, BGB, 50. Aufl., § 572, Rdnr. 4; Münch.Komm. – Voelskow, BGB, 2. Aufl., § 572 Rdnr. 8; Soergel-Kummer, BGB, 11. Aufl., § 572, Rdnr. 8; Staudinger-Emmerich, BGB, 12. Aufl., 2. Bearbeitung 1981, § 572, Rdnr. 12; Emmerich-Sonnenschein, Miete, 5. Aufl., § 572, Rdnr. 4 mit unzutreffendem Hinweis auf OLG Düsseldorf MDR 1983, 405; Stückmann, ZMR 1972, 328; Schopp, ZMR 1969, 1, 8; vgl. auch Rödding BB 1968, 934, 937). Der Senat schließt sich der Auffassung von Sternel an.

Die herrschende Meinung in der Literatur wird – soweit ersichtlich – nicht näher begründet. Sie konzentriert sich mehr auf die Frage, ob die Kaution dem Erwerber auch dann im Sinne des § 572 Satz 2 BGB ausgehändigt ist, wenn eine Aufrechnung oder eine einverständliche Verrechnung mit der Restkaufpreisforderung erfolgte (vgl. auch LG München WM 1986, 320), setzt also die Zulässigkeit einer Aufrechnung implizit voraus. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hingegen thematisiert das Problem, ob in Parallele zu dem von der Rechtsprechung (vgl. etwa BGHZ 14, 342, 346 f.; BGH WPM 1985, 1399, 1400) und der Literatur (vgl. Palandt-Heinrichs a.a.O. § 387, Rdnr. 15; Münch. Komm. – von Feldmann a.a.O. § 387, Rdnr. 19; Staudinger-J. Schmidt a.a.O. § 242, Rdnr. 1300 jeweils m.w.N.) entwickelten Verbot der Aufrechnung des Treuhänders gegen Ansprüche des Treugebers, bzw. des Beauftragten gegen Ansprüche des Auftraggebers auf Herausgabe des Erlangten stillschweigend ein Aufrechnungsausschluß vereinbart (§ 157 BGB) sei, bzw. die Natur der Rechtsbeziehung oder der Zweck der Leistung eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar erscheinen lasse (§ 242 BGB). Von letztgenanntem Standpunkt aus kann die Aufrechnung gegen den Anspruch auf Auskehrung der Kaution nur mit solchen Forderungen unzulässig sein, die mit der Forderung auf Auszahlung der Kaution in keinem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang steht. Hingegen könnte der aus der Veräußerung folgende Zusammenhang der Kaufpreisforderung von der Forderung auf Auszahlung der Mietsicherheit die Aufrechnung rechtfertigen. Nach Auffassung des Senats bedarf es zur Bestimmung von Grenzen der Aufrechnung gegen eine Forderung auf Herausgabe der Mietkaution weder eines R...

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