Entscheidungsstichwort (Thema)
Ghostwriter-Vereinbarung nicht immer sittenwidrig
Leitsatz (amtlich)
Jedenfalls außerhalb des Hochschulbereichs können die Umstände des Einzelfalls auch bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen dazu führen, dass eine sog. "Ghostwriter-Vereinbarung", mit der sich der Urheber zum Verschweigen der eigenen Urheberschaft verpflichtet und dem Namensgeber gestattet, das Werk als eigenes zu veröffentlichen, nicht sittenwidrig ist.
Normenkette
UrhG § 13
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.06.2008; Aktenzeichen 2-3 O 433/07) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 12.6.2008 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. (Az.: 2/3 O 433/07) wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen den Beklagten urheberrechtliche Ansprüche wegen der Veröffentlichung eines wissenschaftlichen Aufsatzes in der Zeitschrift ... (X) geltend. Die Zeitschrift X hat eine Auflage von ca. 730 Exemplaren und wird hauptsächlich an Bibliotheken ausgeliefert.
Die Parteien waren im Jahr 2002 Partner der A. AG (nachfolgend: A). Der Beklagte war als Mitglied des Vorstands u.a. für die Leitung desjenigen Geschäftsbereichs tätig, dem das wissenschaftlich-theoretisch ausgerichtete Researchteam der A unter Leitung des Klägers organisatorisch angehörte. Dieses Researchteam hatte eine Marktstudie mit dem Titel "..." durchgeführt, die im Mai 2002 durch die A publiziert wurde.
Prof. Dr. B, Herausgeber der Zeitschrift X und gleichzeitig Aufsichtsrat der A, wandte sich im Sommer 2002 an den Beklagten, da für das Septemberheft der X noch ein Beitrag fehlte. Der Beklagte sprach daraufhin den Kläger wegen der Abfassung eines solchen Artikels an. Der Aufsatz wurde unter Zugrundelegung der A-Studie gefertigt, wobei die Urheberschaft des Aufsatzes zwischen den Parteien streitig ist. Die Parteien einigten sich jedenfalls darauf, dass der Aufsatz in der X im deutschsprachigen Raum unter der Nennung des Beklagten als alleinigem Verfasser erscheinen und der Beklagte in diesem Aufsatz eine angemessene Danksagung an den Kläger veröffentlichen sollte.
Im September 2002 erschien in Heft 5 der X der betriebswirtschaftliche Aufsatz mit dem Titel "..." (X 2002, S ...-... = Bl ...-... d.A.). Als Verfasser war "Dr. C" angegeben. Der Kläger wurde in der ersten Fußnote des Aufsatzes in einer Danksagung genannt.
Der Aufsatz war auch über das Internetportal des Verlages gegen Zahlung von EUR 11,- im Volltextservice abrufbar. Zudem nannte der Beklagte, der als Honorarprofessor an der ...-Universität tätig war, auf den Internetseiten der Universität den Aufsatz in seinem Schriftenverzeichnis. Beides wurde dem Kläger im Jahre 2006 bekannt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.12.2006 forderte der Kläger den Beklagten unter Widerruf seiner Zustimmung zur Autorennennung dazu auf, es zu unterlassen, sich künftig insbesondere im Internet als Urheber des Aufsatzes "Risiken und Erfolgsfaktoren von Transaktionen" zu bezeichnen (Bl. 22/23 d.A.). Der Beklagte gab die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab. Er veranlasste aber, dass der Aufsatz seit Januar 2007 nicht mehr über das Internetportal des Verlages abrufbar ist, und entfernte den Hinweis auf den Aufsatz aus seinem Literaturverzeichnis. Die Parteien korrespondierten anschließend erfolglos mit dem Ziel einer außergerichtlichten Einigung.
Anschließend hat der Kläger die vorliegende Klage auf Unterlassung, Geldentschädigung, Auskunft und Schadensersatz bzw. Bereicherungsausgleich erhoben. Mit der Berufungsbegründung hat der Kläger eine Erklärung des Beklagten vorgelegt, mit der dieser bestätigte, dass er mit einer Parallelveröffentlichung des Aufsatzes auf der Internetseite der X einverstanden gewesen wäre (K22 - Bl. 260 d.A.)
Der Kläger hat behauptet, er sei der alleinige Urheber des Aufsatzes, den er per E-Mail an den Beklagten gesandt habe (Bl. 8-11R d.A.). Der Beklagte habe nur geringe Änderungen "einzelner Tempi" vorgenommen und ein "unpassendes" Goethe-Zitat angehängt. Als der Beklagte ihn als sein direkter Vorgesetzter auf die Zustimmung zur Nennung des Beklagten als alleinigen Autor angesprochen habe, habe er erhebliche Nachteile für seine weitere berufliche Entwicklung befürchtet, wenn er dieses deutlich formulierte Ansinnen ausschlagen würde. Er habe sich deshalb mit dem Beklagten darauf verständigt, dass er einer einmaligen Veröffentlichung in der X unter dem Namen des Beklagten nicht widersprechen werde, sofern eine angemessen formulierte Danksagung bei dieser Gelegenheit mit veröffentlicht werde. Dafür habe er eine Formulierung vorgegeben. Er habe dem Beklagten allenfalls eine Duldung dahingehend angekündigt, den von ihm (Kläger) verfassten Aufsatz um einen wissenschaftlich fundierten, vor allem aber nennenswerten Beitrag zu ergänzen und die Bearbeitung über den Verlag unter dessen Namen zu veröffentlichen.
Der Kläger hat gemeint, sei...