Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts ... Zivilkammer - vom 19.05.1992 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 1.500,00 nebst 4 % Zinsen seit dem 19.08.1991 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin 77 % und dem Beklagten 23 % zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Klägerin beträgt DM 5.000,00, die des Beklagten DM 1.500,00.
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 516, 518, 519 ZPO.
In der Sache hat das Rechtsmittel nur teilweise Erfolg; hingegen ist es im überwiegenden Umfange unbegründet.
Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin wegen der ihr am 01.11.1990 im ... Markt - Filiale ... in ... zugefügten Körper- und Gesundheitsverletzung ein Schmerzensgeld in Höhe von DM 1.500,00 zu zahlen.
Nach § 847 Abs. 1 BGB kann der Verletzte im Falle einer Körper- oder Gesundheitsverletzung auch wegen eines immateriellen Schadens von dem Schädiger eine Entschädigung in Geld verlangen.
Der Beklagte hat die körperliche und gesundheitliche Integrität der Klägerin verletzt, indem er ihr einen Schlag auf die linke Gesichtshälfte versetzte.
Dabei handelt es sich um einen tatbestandsmäßigen, objektiv rechtswidrigen Eingriff, an den die Folge der Schadensersatzpflicht geknüpft ist. Denn jede Verletzung der in § 823 ... Abs. 1 BGB genannten Rechte oder Rechtsgüter durch positives Tun indiziert grundsätzlich die Rechtswidrigkeit.
Die Widerrechtlichkeit der Rechtsgutverletzung ist nicht nach § 227 BGB ausgeschlossen. Dem Beklagten steht der Rechtfertigungsgrund der Notwehr nicht zur Seite.
Nach der gesetzlichen Definition in § 227 Abs. 2 BGB ist Notwehr diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
Der Beklagte verteidigte sich durch den Schlag in das Gesicht der Klägerin jedoch nicht gegen eine von dieser ausgehenden, rechtswidrigen Angriff.
So ist der Beweiswürdigung des Landgerichts zwar darin zuzustimmen, daß die Klägerin zuvor ihrerseits eine Ausholbewegung in Richtung auf den Beklagten gemacht hatte, der zurückwich, so daß sie ihn am Kinn oder an der Wange traf.
Dabei handelte die Klägerin aber nach den Umständen des Falles zum Schutze eigener berechtigter Interessen, denn sie wollte dadurch einen bestehenden Eingriff in ihre körperliche Integrität beenden.
Dieser lag darin, daß der Beklagte das linke Handgelenk der Klägerin fest umklammert hielt und auch auf ihre wiederholte Aufforderung hin nicht losließ, wodurch sie dort leichte Rötungen und schmerzhafte Bewegungseinschränkungen erlitt.
Das Landgericht hat seine hiervon abweichende Überzeugung, wonach der Beklagte die Klägerin nur kurz am Oberarm oder an der Schulter gepackt habe, nicht in einer den Anforderungen des § 286 ZPO gerecht werdenden Weise gewonnen.
In Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Gericht ist davon auszugehen, daß keiner der Zeugen die von der Klägerin behauptete Umklammerung ihres Handgelenks bestätigte.
Mit der Würdigung der Zeugenaussagen ist indessen nicht der gesamte Streitstoff erschöpft. Vielmehr ist auch das Attest des Arztes ... vom 16.11.1990 einzubeziehen.
Die darin enthaltenen Angaben rechtfertigen den Schluß, daß der Arzt, den die Klägerin noch am Tage der Auseinandersetzungen aufsuchte, die von ihr behaupteten Beschwerden diagnostizierte. Diese Diagnose weist als Beweisanzeichen deutlich auf eine Verletzung des Handgelenks der Klägerin durch den Beklagten hin. So behauptet er selbst nicht, die Klägerin sei am selben Tage in der Zeit zwischen dem Aufenthalt im ... Markt und dem Besuch des Arztes in eine weitere tätliche Auseinandersetzung verwickelt gewesen, anläßlich derer sie sich die Verletzung des linken Handgelenkes zugezogen haben könnte.
Die gegen den Angriff des Beklagten gerichtete, mit Verteidigungswillen geführte Handlung der Klägerin war erforderlich. Dabei bestimmt die Stärke des Angriffs Art. und Maß der Abwehr. Stehen mehrere wirksame Mittel zur Verfügung, ist dasjenige zu wählen, welches für den Angreifer am wenigsten gefährlich ist.
Es ist indessen nicht ersichtlich, daß der Klägerin gegen den körperlichen Angriff des Beklagten ein anderes Mittel zur Verfügung stand, als ihrerseits tätlich zu werden. Insbesondere mußte sie sich nicht auf den Versuch beschränken, ihr Handgelenk aus der Umklammerung zu ziehen. Sie durfte vielmehr das Mittel wählen, das auch bei Abschätzung der beiderseitigen Körperkräfte sicheren Erfolg versprach.
Somit kann die Klägerin den Rechtfertigungsgrund der Notwehr für sich beanspruchen, denn sie wehrte sich gegen einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff des Beklagten.
Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Beklagte der Klägerin am 26.10.1990 ...