Leitsatz (amtlich)
Verkehrsunfall: Haftungsabwägung bei Kollision mit bereits verunfalltem Fahrzeug
Normenkette
StVG § 18
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.02.2019; Aktenzeichen 2-10 O 379/15) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.2.2019 - 2-10 O 379/15 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche der Klägerinnen nach einem Verkehrsunfall, der sich in der Nacht des XX.XX.2014, gegen 2.30 Uhr bis 2.43 Uhr, auf der BAB ... ereignete.
Die Klägerin zu 1) ist Eigentümerin und Halterin des von der Klägerin zu 2) am Unfalltag gefahrenen Pkw Marke1 Modell1. Im Beklagtenfahrzeug befanden sich neben der Beklagten zu 1) die drei Zeuginnen D.
Die Klägerin zu 2) befuhr am Unfalltag aus Stadt1 kommend die rechte Fahrspur von insgesamt drei Fahrspuren der BAB ... in Fahrtrichtung Stadt2. In Höhe Kilometer 9,950 kollidierte das klägerische Fahrzeug mit dem zuvor verunfallten Pkw Marke2 Modell2. Dieser war zuvor von der Beklagten zu 1) auf der linken Fahrspur gefahren worden, bis er infolge überhöhter Geschwindigkeit ins Schleudern geriet, gegen die Leitplanke prallte und herumgeschleuderte wurde und schließlich quer ausgerichtet auf der rechten Fahrspur zum Stehen kam. Das Warnblinklicht wurde nicht eingeschaltet und die Unfallstelle wurde auch nicht abgesichert. Auf der Fahrbahn lagen zudem Fahrzeugteile des verunfallten Beklagtenfahrzeugs.
Die Insassen beider Fahrzeuge wurden verletzt. Am Fahrzeug der Klägerin zu 1) entstand ein wirtschaftlicher Totalschaden (vgl. das Gutachten des Ingenieurbüros X vom 1.7.2014, Anlagenband).
Die Klägerin zu 1) hat von den Beklagten Schmerzensgeld für eine erlittene HWS-Distorsion, eine Thoraxprellung und Gurtverletzungen in Höhe von mindestens 1.500 EUR begehrt (Klageantrag zu 2). Ferner hat sie Schadensersatz, u.a. Ersatz des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs abzüglich des Restwerts, der Sachverständigenkosten und der Abschleppkosten sowie Nutzungsausfall und Ersatz des Haushaltsführungsschadens verlangt. Aufgrund der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung hat sie in Höhe von 8.527,44 EUR Zahlung an die Versicherung beantragt (Klageantrag zu 3). Die Versicherung ist bereit, den Rabattverlust nach Rückerstattung des verauslagten Betrages rückgängig zu machen. Im Übrigen hat die Klägerin zu 1) in Höhe von 2.207,12 EUR Zahlung an sich verlangt (Klageantrag zu 1).
Die Klägerin zu 2) hat unfallbedingt eine HWS-Distorsion, Hämatome, Prellungen und Gurtverletzungen erlitten. Sie hat ein Schmerzensgeld von mindestens 1.500 EUR geltend gemacht sowie Schadensersatz, u.a. in Form des Haushaltsführungsschadens, begehrt. Die Beklagten haben auf den von der Klägerin zu 2) geltend gemachten Gesamtschaden in Höhe von 2.321,64 EUR bereits einen Teilbetrag von 1.160,82 EUR bezahlt. Die Restforderung von 1.160,82 EUR ist Gegenstand des Klagantrags zu 4).
Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung zahlreicher Zeugen teilweise stattgegeben. Dabei hat es nach Vorwegabzug der als unbegründet angesehenen Positionen eine Haftungsquote von 25 % zulasten der Klägerinnen und von 75 % zulasten der Beklagten zugrunde gelegt.
Der Klägerin zu 1) stehe gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Schadensersatzanspruch aus §§ 7, 18 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 426 BGB zu. Im Verhältnis der Parteien zueinander hänge die Verpflichtung zum Schadensersatz gemäß §§ 7, 18 Abs. 3, 17 Abs. 1 StVG von den Umständen und insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden sei. Nach Durchführung der Beweisaufnahme stehe fest, dass sowohl die Klägerin zu 2) als auch die Beklagte zu 1) den Unfall verschuldet hätten. Das Verschulden der Beklagten zu 1) überwiege jedoch deutlich.
Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) das Fahrzeug ohne gültige Fahrerlaubnis geführt habe. Dies sei auch unfallursächlich gewesen, da sie infolge überhöhter Geschwindigkeit oder infolge eines anderen Fahrfehlers die Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren habe. Dies habe sich auch auf den Zweitunfall ausgewirkt, da sich das Fahrzeug ohne den vorangegangenen Unfall nicht in fahrunfähigem Zustand in Querstellung auf der Autobahn befunden hätte. Die Beklagte zu 1) sei zudem ihrer Verpflichtung, sofort nach dem Liegenbleiben des Fahrzeugs das Warnblinklicht einzuschalten (vgl. § 15 S. 1 StVO) nicht nachgekommen. Außerdem habe sie die Unfallstelle nicht durch Aufstellen eines Warndreiecks nach § 15 S. 2 StVO abgesichert.
Der Klägerin zu 1) sei ein Verstoß gegen das Sichtfahrgebot des § 3 StVO vorzuwerfen. Auch auf Autobahnen müsse ein Fahrzeugführer tags und nachts mit plötzlichen Hindernissen rechnen. Nach durchgeführter Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das q...