Verfahrensgang
LG Gießen (Entscheidung vom 20.01.1989; Aktenzeichen 3 O 281/85) |
Tenor
1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gießen vom 20. Januar 1989 wird zurückgewiesen.
2.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.500,- DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4.
Der Wert der Beschwer beträgt 62.520,90 DM.
Tatbestand
Am 1. Februar 1985 gegen 2.50 Uhr ereignete sich auf der Bundesautobahn ... bei Kilometer 191,250 in der Gemarkung ... ein Verkehrsunfall. Der Kläger befuhr mit seinem PKW Marke ... die rechte Fahrspur. Er fuhr auf einen vor ihm langsam fahrenden Brückenpanzer der US-Armee auf. An dem Fahrzeug entstand Totalschaden, der Kläger erlitt schwere Verletzungen. Im Verlaufe des Rechtsstreites erster Instanz ist zwischen den Parteien unstreitig geworden, daß die Beklagte eine Grundhaftung in Höhe von 2/3 trifft, den Kläger eine Mithaftungsquote von 1/3. Auch der von der früheren Klägerin zu 2), der ... als Kaskoversicherer geltend gemachte Fahrzeugschaden steht nicht mehr im Streit. Der Streit der Parteien geht noch um die Höhe des Schmerzensgeldes.
Durch den Verkehrsunfall erlitt der Kläger folgende Verletzungen, die in dem Arztbericht der Gutachtenstelle des Zentrums Chirurgie in ... vom 18. März 1985 (Bl. 6 d.A.), dem neurologischen Zusatzgutachten der Neurologischen Klinik de ... vom 19. Mai 1987 (Bl. 247-261 d.A.), dem chirurgischen und unfallchirurgischen Fachgutachten der Gutachtenstelle der Chirurgen des Zentrums Chirurgie in ... vom 5. Februar 1987 (Bl. 262-266 d.A.), dem ersten Rentengutachten der ... vom 17. Oktober 1986 (Bl. 267-270 d.A.) und der ärztlichen Bescheinigung des Arztes für innere Krankheiten vom 8. November 1988 (Bl. 18 in Bd. II d.A.) aufgeführt sind:
Der Kläger ist auf beiden Augen erblindet. Die Erwerbsfähigkeit ist dadurch um 100 % gemindert. Der Kläger erlitt weiter ein offenes frontales Schädel-Hirntrauma mit einer Hirnkontusion, es kam zu einer Substanzschädigung des Fronthirns. Weitere Folgen des Unfalls sind eine Le-Fort-Fraktur III links, die zu einer Geschmacksstörung führte, eine Trümmerfraktur des rechten Ellenbogens, eine Radiusfraktur links, eine Fraktur des rechten Sprunggelenks und ein Außenbandabriß des linken Sprunggelenkes. Die Beweglichkeit im Ellenbogengelenk ist eingeschränkt. Auf neurologischem Gebiet wurde eine Hyposmie, eine Geschmacksstörung, ein leichtes organisches Psychosyndrom mit Weitschweifigkeit und Umständlichkeit im Denken, leichte Paresen im Bereich der rechten Hand und des rechten Fußes sowie schwere Paresen und Sensibilitätsstörungen im Versorgungsgebiet des linken Nervus peronaeus festgestellt. Der Geruchssinn ist eingeschränkt. In dem neurologischen Zusatzgutachten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 40 % geschätzt, ebenso in dem unfallchirurgischen Fachgutachten. In dem neurologischen Zusatzgutachten ist weiter ausgeführt, daß mit einer Besserung der Hyposmie, der Folgen der Hirnkontusion sowie der peripheren Nervenschädigung nicht mehr zu rechnen sei, eine Verschlimmerung könne durch die Manifestation einer traumatischen Spätepilepsie oder durch einen traumatischen Spätabszeß eintreten. Als Spätfolgeschäden des Unfalls treten Kopfschmerzen, Ohrenschmerzen, Augenbrennen, Schmerzen im Kiefergelenk rechts, trockene und brennende Schleimhäute der Nase und des Rachens, Schmerzen in beiden Sprunggelenken und Durchblutungsstörungen beider Beine auf.
Der Kläger war nach dem Unfall wochenlang bewußtlos, als er wieder zu sich kam, wurde er wegen eines Luftröhrenschnittes und großer Schmerzen gezielt schläfrig gehalten, er lag bis Ende März 1985 auf der Intensivstation. Bis in den Monat April 1985 hinein wurde der Kläger künstlich beatmet und hing an einer künstlichen Niere. Der Krankheitsverlauf war kompliziert durch eine pulmonale Insuffizienz, rezidivierende Septikämien, eine Pankreatitis, eine passagere dialysepflichtige Niereninsuffizienz, eine Thrombozytopathie, eine Meningitis aufgrund einer Liquorfistel, die operativ verschlossen wurde, sowie einer Polyneuropathie im Rahmen der Intensivbehandlung mit Druckschädigung beider Nervi peronaei.
Der am 5. Oktober 1958 geborene Kläger hatte eine Ausbildung als Elektrodenschweißer abgeschlossen. Er war als solcher in der Industrie tätig gewesen.
Das ... lehnte mit Bescheid vom 20. Mai 1985, zugestellt am 22. Mai 1985, den geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 70.000,- DM ab. Mit der am 13. Juni 1985 beim Landgericht Gießen eingegangenen und am 13. August 1985 zugestellten Klage hat der Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld verlangt, wobei er zunächst einen Teilbetrag von 70.000,- DM für angemessen hielt, weiterhin hat er die Feststellung begehrt, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm jeden aus dem Unfallereignis entstehenden Schaden zu ersetzen.
Am 17. August 198...