Leitsatz (amtlich)
Zum Anscheinsbeweis für die Unfallursächlichkeit des Verstoßes gegen die Vorschriften zur Beleuchtung von Fahrzeugen: Es gehört zu den typischen Folgen der Nichtbenutzung notwendiger Beleuchtungseinrichtungen, dass ein Verkehrsteilnehmer zu spät gesehen wird; eine typische "Verlaufsvariante" ist die, dass die Fahrerin eines schnelleren Kraftwagens wegen des für sie plötzlichen Auftauchens unbeleuchteter Radfahrer zu ruckartigen Ausweichbewegungen gezwungen wird und dabei die Kontrolle über ihr Fahrzeug verliert.
Normenkette
StVO § 17; StVZO § 67
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 18.07.2003; Aktenzeichen 8 O 13/99) |
Tenor
Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Darmstadt v. 18.7.2003 werden zurückgewiesen.
Die Beklagten haben gesamtschuldnerisch die Kosten der Berufungsinstanz zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten sind mit weniger als 20.000 Euro beschwert.
Gründe
1. Die Klägerin verlangt Schadensersatz in Geld aus einem Verkehrsunfall.
Dieser Unfall ereignete sich am 25.12.1997 zwischen 16.40 Uhr und 16.45 Uhr auf gerade verlaufender Landstraße; zum Straßenverlauf im Einzelnen wird auf die Lichtbilder Bl. 95 der Ermittlungsakte Bezug genommen.
Der Beklagte A. und hinter ihm fahrend der Beklagte B. befuhren die Landstraße auf der rechten Fahrbahnseite mit ihren Rennrädern; die Rennräder waren nicht mit Beleuchtungseinrichtungen versehen. Von hinten her näherte sich die Klägerin mit ihrem Automobil; ihre Geschwindigkeit betrug zwischen 80 und 95 km/h. Sie überholte die Radfahrer und kam ins Schleudern; in der Folge stieß sie frontal mit einem entgegenkommenden Pkw zusammen. Die in ihrem Fahrzeug sitzende Mutter wurde getötet, die Klägerin selbst verletzt.
Das LG hat die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Geld verurteilt; dabei ist es dem Grunde nach von einer Mitverantwortlichkeit der Klägerin zu 40 % ausgegangen.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Einzelnen wird auf das Urt. v. 18.7.2003 Bezug genommen.
Mit der Berufung tragen die Beklagten vor, der Beklagte B. - hinter dem Beklagten A. fahrend - habe eine Batterieleuchte am Rückenteil seiner Jacke befestigt gehabt, und die Leuchte sei eingeschaltet gewesen. Beide seien unmittelbar hintereinander - mit einem Abstand von etwa 2 Metern - gefahren. Die Klägerin sei erst nach dem Überholen ins Schleudern geraten.
Der Beklagte zu 2) - Herr B. - beantragt, das am 18.7.2003 verkündete Urteil des LG Darmstadt - Az. 8 O 13/99 - aufzuheben und die Klage gegen den Beklagten zu 2) abzuweisen.
Der Beklagte zu 1) - Herr A. - beantragt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.
Sie trägt vor, sie habe die beiden Radfahrer zu spät gesehen, weil diese in der bereits hereingebrochenen Dunkelheit ohne Beleuchtung gefahren seien. Nach einer ruckartigen Ausweichbewegung um den Beklagten B. herum habe sie ihr Fahrzeug wieder nach rechts gezogen, und als sie den Beklagten A. erkannt habe, erneut ruckartig ausweichen müssen; dadurch sei sie ins Schleudern geraten.
Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sachvortrages der Parteien wird auf die vor dem OLG gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
2. Die Berufungen der Beklagten sind unbegründet. Zu Recht hat das LG die beiden Beklagten dem Grunde nach für schadensersatzpflichtig erachtet, und es ist ebenso zu Recht von einem überwiegenden Verschulden der Beklagten ausgegangen.
Das Berufungsgericht sieht nichts, was die tatsächlichen Feststellungen des LG zum Unfallverlauf in ihrer Richtigkeit in Frage stellen könnte. Insbesondere folgt das Berufungsgericht der Auffassung des LG, dass es den Beklagten oblegen hätte, nachzuweisen, dass wenigstens die behauptete "Notbeleuchtung" - und eine andere Bezeichnung verdiente eine an der Jacke befestigte Batterieleuchte angesichts der eindeutigen Regelungen des § 67 StVZO nicht - leuchtete.
Die Beweiswürdigung, wie das LG sie zu diesem tatsächlichen Aspekt gefunden hat, wird vom Berufungsgericht vollem Umfanges mitvollzogen. Es sieht keinen Anhaltspunkt dafür, den Aussagen der am Unfallort erschienenen Zeugen mehr an Kenntnis beizumessen, als diese Zeugen zu haben erklärten; erklärtermaßen wussten sie aber nicht zu sagen, ob an der Kleidung des Beklagten zu 2) eine Batterieleuchte in Funktion war.
Zu Recht hat das LG auch hervorgehoben, dass kein Anscheinsbeweis dafür spricht, dass eine mitgeführte "Notbeleuchtung" auch verwendet wurde; einen dahin gehenden Erfahrungssatz gibt es nicht. Gerade angesichts dessen, dass die Beklagten behaupten, es sei zur Unfallzeit noch nicht ganz dunkel gewesen, weiter angesichts dessen, dass sie schon längere Zeit auf ihren Fahrrädern unterwegs waren, erscheint im Gegenteil durchaus denkbar, dass der Beklagte zu 2) die Leuchte - noch - nicht in Funktion gesetzt hatte, hätte er doch nach der von ihm behaupteten Befestigungsart zu diesem Zweck absteigen und seine Jacke ausziehen müssen. Zu Recht we...