Leitsatz (amtlich)

Die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung liegen - für das Gericht erkennbar - nicht vor, wenn sich aus den Akten eine E-Mail-Adresse der Partei, deren Aufenthalt dem Gegner und dem Gericht nicht bekannt ist, ergibt, so dass die Partei selbst zur Bekanntgabe ihres Aufenthaltes aufgefordert werden kann.

 

Normenkette

ZPO § 185

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-21 O 289/06)

 

Gründe

I. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Zu ergänzen ist, dass der Kläger vor Einreichung der Klage auch versucht hatte, mit dem Beklagten über dessen Mobil-Telefonnummer Kontakt aufzunehmen; dabei wurde lediglich die Mailbox des Beklagten aktiviert, ein unmittelbarer Gesprächskontakt mit ihm kam nicht zustande.

Bereits am 21.4.2004 hatte der Kläger einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gegen den Beklagten wegen eines Darlehensrückzahlungsanspruchs von 25.564,59 EUR gemäß Darlehen vom 10.10.2001 bei dem Mahngericht eingereicht. Der beantragte Mahnbescheid wurde am 27.4.2004 erlassen und dem Beklagten am 30.4.2004 zugestellt. Die Benachrichtigung des Mahngerichts von dem Widerspruch des Beklagten gegen den Mahnbescheid vom 18.5.2004 ging am 24.5.2004 bei dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers ein.

Der Beklagte meldete sich bei der anwaltlichen Vertreterin des Klägers, nachdem ihm deren Schreiben vom 26.2.2004 zugegangen war, telefonisch. Der Inhalt des Telefongesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Die Rechtsanwältin des Klägers und der Beklagte korrespondierten in der Folgezeit noch gemäß Schreiben vom 24.6.2004 und 16.7.2004 (Bl. 11, 14 d.A.). Mit E-Mail vom 20.7.2005 (Bl. 269 d.A.) schrieb der Beklagte an den Kläger als Reaktion auf eine zugegangene SMS, dass er derzeit Zahlungen, die offenbar der Kläger von ihm verlangt hatte, nicht leisten könne. Die E-Mail des für den Kläger vorgerichtlich tätig gewesenen Rechtsanwalts vom 4.7.2006, mit der eine Zahlungsaufforderung nebst Klageandrohung an den Beklagten versandt wurde, ging diesem zwar zu, blieb aber unbeantwortet (Bl. 16 - 18 d.A.).

Der Kläger hat behauptet, nach dem Anwaltsschreiben vom 26.2.2004 habe der Beklagte in dem Telefongespräch mit Rechtsanwältin RA1 mitgeteilt, dass er derzeit nicht in der Lage sei, das Darlehen zurückzuzahlen, dass er aber zur Rückführung des Darlehens die Abtretung von Ansprüchen an den Kläger vorschlage.

Nach öffentlicher Zustellung der Klage hat das LG den Beklagten im schriftlichen Vorverfahren gem. § 331 Abs. 3 ZPO durch Versäumnisurteil verurteilt, an den Kläger 25.564,59 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.10.2001 zu zahlen. Auf den Einspruch und Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten hin haben die Parteien vor dem LG im Termin am 17.3.2008 verhandelt. Das LG hat durch am 25.4.2008 verkündetes Urteil den Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und seinen Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 14.5.2007 als unzulässig verworfen (Bl. 154 - 161 d.A.). Gegen das ihm am 29.4.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 29.5.2008 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 30.7.2008 an diesem Tage begründet.

Mit der Berufung macht der Beklagte geltend, dass das Versäumnisurteil nicht wirksam zugestellt worden sei, da die Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung nicht vorgelegen hätten. Demgemäß sei die Einspruchsfrist nicht in Lauf gesetzt worden. Der Kläger hätte allen sich ihm bietenden Erkenntnisquellen in Bezug auf die Anschrift des Beklagten nachgehen müssen. Er hätte deshalb jedenfalls auch die ihm bekannt gewesene Mobilfunknummer sowie die E-Mail-Adresse des Beklagten nutzen müssen, um dessen Wohnanschrift zu erfragen. Er behauptet, dem Kläger sei die seit 1.5.2006 bestehende Anschrift in O1, Str ..., bekannt gewesen, weil er - der Beklagte - sie dem Kläger nach seiner Rückkehr nach Deutschland mitgeteilt habe. Jedenfalls sei die Klageforderung verjährt.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 25.4.2008 verkündeten Urteils des LG Frankfurt/M. das Versäumnisurteil vom 14.5.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Er führt aus, dass das LG dem Beklagten zu Recht die Wiedereinsetzung versagt habe. Obwohl der Beklagte nach Zugang der E-Mail vom 4.7.2006 mit Erhebung der Klage habe rechnen müssen, habe er dem Kläger seine Anschrift nicht mitgeteilt, sich auch - unstreitig - bei der Stadt O1 nicht polizeilich angemeldet. Die Verjährungseinrede des Beklagten greife nicht durch. Denn er habe das Bestehen der Darlehensforderung des Klägers sowohl bei den Telefonaten mit Rechtsanwältin RA1 in der Zeit vom 26.2.2004 bis 16.7.2004 als auch aufgrund seiner E-Mail vom 20.7.2005 anerkannt. Ferner sei die Hemmung der Verjährung durch die Rechtsverfolgung im Wege des Mahnverfahrens im Jahre 2...

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