Normenkette
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.05.2014; Aktenzeichen 2-12 O 396/13) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 30.5.2014 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 9.118,18 EUR abzüglich am 16.4.2013 gezahlter 911,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.9.2012 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten von 775,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.10.2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch Beschluss vom 30.5.2014 der Klägerin auferlegten außergerichtlichen Kosten der X AG zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf die Rückzahlung einer von ihr und ihrem Ehemann gemeinsam geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung aus einer Immobilienfinanzierung in Anspruch.
Die Klägerin und ihr Ehemann nahmen bei der Beklagten ein Darlehen zur Finanzierung des Anwesens Straße1 in O1 über eine Darlehenssumme von insgesamt 113.000 EUR auf. Der für zehn Jahre festgeschriebene effektive Zinssatz lag bei 5,54 % p.a.
Nach dem Auftreten von Zahlungsrückstände mahnte die Klägerin die Beklagte und ihren Ehemann mit Schreiben vom 19.12.2011 zur Zahlung der damals rückständigen Rate in Höhe von 639,70 EUR und erinnerte anschließend mit Schreiben vom 5.1.2012 (Blatt 72 d.A.) an die Begleichung des Zahlungsrückstands, wobei sie vorsorglich auf die nach ergebnislosem Fristablauf drohende Möglichkeit der Kündigung hinwies.
Mit Schreiben vom 13.2.2012 erklärte die Beklagte schließlich die Kündigung wegen Zahlungsverzugs gem. Nr. 12 ihrer Darlehensbedingungen mit sofortiger Wirkung und forderte die Klägerin und ihren Ehemann zur Rückzahlung des offenstehenden Betrages von 102.002,78 EUR nebst 2,62 % Zinsen p.a. zuzüglich eines von ihr errechneten Refinanzierungsschadens in Höhe von 9.118,18 EUR auf. Als die Beklagte die Verwertung der zugunsten der Beklagten bestellten Grundschuld in Höhe einer Summe von 145.000,- EUR betrieb, kam es anschließend zur notariellen Veräußerung des Grundstücks, anlässlich derer der Notar den Käufer zur Überweisung des Kaufpreises in Höhe von 229.000,- EUR auf das Konto der Klägerin und ihres Ehemanns bei der Beklagten veranlasste. Davon übertrug die Beklagte neben dem offenen Darlehensbetrag nebst Verzugszinsen auch eine Vorfälligkeitsentschädigung auf das bei der Beklagten geführte Darlehenskonto, worauf anschließend die als Sicherheit dienende Grundschuld gelöscht wurde. Dabei ermittelte die Klägerin die zu ihren Gunsten vereinnahmte Vorfälligkeitsentschädigung auf der Grundlage der am Tage der vollständigen Rückzahlung noch offenen Darlehensschuld mit 8.206,38 EUR, deren Rückzahlung die Klägerin sowohl aus eigenem Recht als auch zugleich aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes geltend gemacht hat.
Durch das am 30.5.2014 verkündete Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 I Nr. 1 ZPO in vollem Umfang Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Rückforderung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, da die Beklagte gem. § 498, 280 BGB neben dem Verzugsschaden insoweit auch die Vorfälligkeitsentschädigung als denjenigen Schaden ersetzt verlangen könne, welcher ihr durch die vorzeitige Kündigung des Darlehens entstanden sei. Eine Beschränkung des Anspruchs des Darlehensgebers bei Kündigung auf den reinen Verzugsschaden gem. §§ 503 Abs. 2, 497 Abs. 1 BGB komme nicht in Betracht, da zwischen dem Verzugsschaden als Verzögerungsschaden und dem Erfüllungsschaden zu unterscheiden sei. Auch aus der Regelung des § 497 Abs. 1 BGB ergebe sich nichts anderes. Dass der Darlehensnehmer nach dem Wortlaut des § 497 Abs. 1 BGB den "geschuldeten Betrag" zu verzinsen habe, stelle eine Regelung über den Verzugsschaden dar, ohne dass sich daraus eine Aussage zu einem Erfüllungsschaden ergebe. Auch wenn § 503 Abs. 1 BGB anordne, dass die Vorschrift des § 502 BGB auf Immobilienverträge keine Anwendung finde, führe das nicht zu einem Ausschluss der Geltung des § 490 Abs. 2 BGB für Immobiliendarlehensverträge. Vielmehr entstünde andernfalls ein Wertungswiderspruch, wenn der Vertragstreue, das Darlehen vorzeitig kündigende Darlehensnehmer einen Schadensersatz in Form einer Vorfälligkeitsentschädigung zahlen müsste, während der säumige Darlehensnehmer im Falle einer auf seinen nicht vertragsgerechtes Verhalten zurückzuführenden Kündigung durch den Darlehensgeber einen solchen Sc...