Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Vorfälligkeitsentschädigung neben Verzugszinsen
Leitsatz (amtlich)
Keine Vorfälligkeitsentschädigung neben abstrakt berechneten Verzugszinsen bei wegen Zahlungsverzugs außerordentlich gekündigten Immobiliendarlehen.
Kündigt der Darlehensgeber ein Immobiliendarlehen außerordentlich wegen Zahlungsverzuges, so steht ihm neben abstrakt berechneten Verzugszinsen kein Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung zu.
Normenkette
BGB §§ 497, 490
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.10.2014; Aktenzeichen 2-19 O 374/13) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 06.10.2014 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main - Gesch.-Nr.: 2-19 O 374/13 -abgeändert.
Die Beklagte bleibt verurteilt, an die Klägerin 5.296,31 EUR nebst 5 % Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 19.10.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil und - im Umfang der Zurückweisung der Berufung - auch das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert der II. Instanz wird auf 5.296,31 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, zweitrangig besicherte Darlehensgeberin und Zessionarin eines Anspruchs der Grundstückseigentümer und Darlehensnehmer gegen die Beklagte u.a. auf Zuteilung und Verteilung eines etwaigen Übererlöses in der Pfandversteigerung, macht aus eigenem und aus abgetretenem Recht nach Durchführung der Zwangsversteigerung eines Grundstücks durch die Beklagte, die erstrangig besicherte Bank, einen Anspruch auf Herausgabe eines vermeintlichen Übererlöses geltend. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird zunächst auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen; darüber hinaus ist lediglich folgende Ergänzung veranlasst:
Die Klägerin stützt eigene Ansprüche auf eine von der Beklagten unterzeichnete "Bestätigung des Grundschuldgläubigers" vom 16.11.2006 (Anlage K6; Bl. 87 d.A.). Die Beklagte kündigte die Darlehensverträge zum 31.01.2009 und berechnete ihre offene Darlehensforderung einschließlich einer "Vorfälligkeitsentschädigung" von 1.814,41 EUR bzw. 3.481,90 EUR auf diesen Zeitpunkt (Anlage B3, Bl. 138 d.A.; vgl. auch Anlage K9, Bl. 105 f. d.A.).
Das LG hat der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin EUR 5.296,31 nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Auszahlung eines Übererlöses in Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung zu, der seinen Grund in der über den Sicherungszweck hinausgehenden dinglichen Belastung des Grundstücks habe und nach dem Sicherungsvertrag dem Sicherungsgeber gebühre. Der durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingte Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückgewähr des nicht valutierten Teils der Grundschuld wandele sich nach deren Erlöschen in der Zwangsversteigerung des belasteten Grundstücks in einen Anspruch auf Herausgabe des Übererlöses um.
Ein solcher Übererlös bestehe, da die Beklagte nicht berechtigt sei, neben den abstrakt berechneten Verzugszinsen eine Vorfälligkeitsentschädigung geltend zu machen. Die Kammer folge in der in Literatur und Rechtsprechung streitigen Frage der Auffassung, dass der - hier anwendbare - § 497 Abs. 1 S. 1 und 3 BGB in der damaligen Fassung die Geltendmachung einer Vorfälligkeitsentschädigung neben dem abstrakt berechneten Verzugszins ausschließe. § 497 Abs. 1 BGB sei hinsichtlich der Geltendmachung von Schadensersatz abschließend, wenn davon Gebrauch gemacht werde. Auch die Vorgängerregelung des Verbraucherkreditgesetzes sei in ihren Regelungen nach § 18 S. 1 VerbrKrG abschließend gewesen, so dass dem Kreditgeber, der seinen Schaden habe abstrakt berechnen wollen, ausschließlich der Anspruch gemäß § 11 Abs. 1 VerbrKrG auf Verzugszinsen zugestanden habe. Hierzu sei überwiegend die Ansicht vertreten worden, dass im Fall fristloser Kündigung des Darlehens bei einer abstrakten Schadensberechnung nur noch der Verzugszins, nicht aber der Vertragszins, der Gegenstand der Vorfälligkeitsentschädigung sei, verlangt werden könne, nachdem eine zunächst vorgesehene Regelung, wonach der Kreditgeber abweichend von der Verzugszinspauschale den Vertragszins verlangen könne, gerade nicht in das Verbraucherkreditgesetz aufgenommen worden sei.
Dem könne nicht entgegen gehalten werden, dass der bis zur Darlehensrückführung zu zahlende Verzugszins und die Vorfälligkeitsentschädigung an sich völlig unterschiedliche Schadenspositionen seien. Nach der Gesetzesbegründung zu § 10 VerbrKrG habe der Verzugszins die gewöhnlich anfallenden Refinanzierungskosten sowie den Bearbeitungsaufwand der Ba...