Entscheidungsstichwort (Thema)
Kapitalmaßnahmen der Commerzbank; Zur Wirksamkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung der Commerzbank 2011
Leitsatz (amtlich)
1. Keine Außenwirkung des § 221 Abs. 1 AktG.
2. Zum Anwendungsbereich des § 221 AktG.
Normenkette
AktG §§ 131, 186, 221, 241, 243
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.11.2011; Aktenzeichen 3-5 O 30/11) |
Tenor
Die Berufungen der Klägerin und ihres Streithelfers zu 4) gegen das am 15.11.2011 verkündete Urteil des 5. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. werden zurück gewiesen.
Von den Gerichtskosten zweiter Instanz sowie den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zweiter Instanz haben die Klägerin 82 % und der Streithelfer der Klägerin zu 4) 18 % zu tragen.
Im Übrigen haben die Parteien und ihre Streithelfer ihre zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Das vorliegende wie auch das angefochtene erstinstanzliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin und ihrem Streithelfer zu 4) wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Beklagte ist eine deutsche Großbank. Die Klägerin sowie ihre Streithelfer sind Aktionäre der Beklagten.
In der Vergangenheit nutzte die Beklagte das von der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Finanzkrise des Jahres 2008 ins Leben gerufene Programm zur Stärkung der Eigenkapitalbasis angeschlagener Kreditinstitute. Am 19.12.2008 sowie am 3.6.2009 schlossen die Beklagte und der bei der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung eingerichtete Finanzmarktstabilisierungsfonds (im Folgenden: SoFFin) zwei am 22.6.2010 und 25.1.2011 neu gefasste Verträge über die Einrichtung zweier stiller Gesellschaften. Auf Grundlage dieser Verträge brachte der SoFFin zwei stille Einlagen i.H.v. jeweils 8,2 Mrd. Euro in die Beklagte ein. Darüber hinaus erwarb der SoFFin im Rahmen einer Kapitalerhöhung einen Aktienanteil von 25 % plus einer Aktie an der Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 4/5) Bezug genommen.
Am 6.4.2011 beschloss der Vorstand der Beklagten mit Zustimmung des Aufsichtsrats ein Konzept zur vorzeitigen weitgehenden Rückführung der stillen Einlagen des SoFFin, welches auch an diesem Tag veröffentlich wurde. Die Beklagte plante, die stillen Einlagen des SoFFin i.H.v. zusammen noch rund 16,2 Mrd. Euro bis Juni 2012 um rund 14,3 Mrd. Euro zurückzufahren und damit weitgehend abzulösen. Dies sollte - insbesondere mit Blick auf Basel III - eine Verbesserung der Eigenkapitalstruktur der Beklagten sowie die Schaffung von Klarheit für den Kapitalmarkt über die künftige Kapitalstruktur der Beklagten herbeiführen. Zudem sollte die Kapitalmaßnahme dazu dienen, dass die Rechte von Aktionären auf Dividende im Umfang der Rückführung der stillen Einlagen des SoFFin nicht mehr hinter dessen Ansprüche zurücktreten müssen.
In diesem Zusammenhang bot die Beklagte ab dem 6.4.2011 eine Zahl von 1.004.149.984 EUR bedingten Pflichtumtauschanleihen (..., kurz "A") an. Hierzu veröffentlichte sie auf ihrer Internetseite einen Prospekt gem. §§ 5, 12 WpPG, der auch eine Beschreibung der Gesamttransaktion enthielt. Die A wurden den Aktionären (mit Ausnahme des SoFFin) unter Einräumung eines Erwerbsrechts im Verhältnis 1:1 angeboten, d.h. jede gehaltene Aktie berechtigte zum Erwerb eines A.
Die Teilschuldverschreibung war nach der Prospektbeschreibung mit der Verpflichtung verknüpft, dass sie nach der Hauptversammlung der Beklagten vom 6.5.2011 in eine neue Aktie der Beklagten, vorbehaltlich bestimmter Beschlussfassungen auf der Hauptversammlung umgetauscht werden sollte. Dabei waren die Aktien nicht von der Beklagten selbst zu liefern. Vielmehr sollten die Aktien vom SoFFin über eine Umtauschstelle den Inhabern der A zur Verfügung gestellt werden. Der SoFFin wiederum sollte die Aktien dadurch erhalten, dass er einen Teil seiner stillen Einlage in Aktien der Beklagten umwandelte, nachdem die Hauptversammlung der Schaffung eines entsprechenden Umtauschrechts zugestimmt und hierfür ein bedingtes Kapital geschaffen haben würde. Im Gegenzug für die Bereitstellung der Umtauschaktien sollte der SoFFin den Bruttoerlös aus der Platzierung der A i.H.v. je 4,25 EUR, insgesamt ca. 4,3 Mrd. Euro, erhalten. Dadurch sollte sich die stille Einlage II des SoFFin von rund 8,0 Mrd. Euro auf rund 3,7 Mrd. Euro reduzieren. Zur Beibehaltung seines Anteils i.H.v. 25 % plus eine Aktie sollte der SoFFin anschließend zusätzlich einen weiteren Teil seiner stillen Einlage II i.H.v. rund 1,4 Mrd. Euro in Aktien der Beklagten wandeln. Auf diese Weise sollte sich die stille Einlage II auf rund 2,3 Mrd. Euro reduzieren.
Mit Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger lud die Beklagte zu ihrer ordentlichen Hauptversammlung am Freitag, dem...