Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.11.2022; Aktenzeichen 2-12 O 354/21) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2022 (Az.: 2-12 O 354/21) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit dem Dieselskandal auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger erwarb im Oktober 2017 den streitgegenständlichen PKW - einen Audi Q 2 Avant 2.0 TDI quattro - als (noch anzufertigenden) Neuwagen zum Preis von 31.592,57 Euro. Das Fahrzeug ist mit dem von der Beklagten hergestellten Motor EA 288 ausgestattet. Es hat die Schadstoffklasse EU6 und verfügt über einen SCR-Katalysator. Ein "Thermofenster" ist verbaut, dieses legte die Beklagte gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt (im Folgenden: KBA) im Januar 2016 offen. Eine Fahrkurvenerkennung war im Fahrzeug zu keinem Zeitpunkt verbaut.
Das KBA ordnete für das streitgegenständliche Fahrzeug keinen Rückruf an. Es teilte im Rahmen von Anfragen anderer Stellen fortlaufend mit (Anlagenkonvolut B22 = Bl. 313 ff. d.A.), bei sämtlichen Fahrzeugen mit dem Motor EA 288 sei überhaupt noch keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt worden.
Der Kläger hat erstinstanzlich noch behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug sei mit einer Fahrkurvenerkennung ausgestattet. Er hat zudem behauptet, es sei ferner noch mit anderen unzulässigen Abschalteinrichtungen ausgestattet.
Im Übrigen wird anstelle einer Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Klageanträge auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 369 ff. d.A.) Bezug genommen, soweit dieser zu den hiesigen Feststellungen nicht im Widerspruch steht.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auch wenn man von der Unzulässigkeit des "Thermofensters" ausgehe, reiche dies für die Annahme von Verwerflichkeit und Sittenwidrigkeit nicht aus. Für den klägerischen Vortrag, die Software verfüge über eine Fahrkurvenerkennung, fehle es an greifbaren Anknüpfungspunkten. Entsprechendes gelte für weitere angebliche Manipulationen. Es sei fernliegend, dass das KBA diese übersehen habe. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB bestehe nicht, weil keine Schutznormen verletzt worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Gegen das ihm am 21. November 2022 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14. Dezember 2022 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist bis zum 31. Januar 2023 an diesem Tag begründet.
Mit der Berufung verfolgt er sein erstinstanzliches Begehren weiter. Er trägt umfangreich zu den Eigenschaften sowie Auswirkungen einer Fahrkurvenerkennung und zu der Bedeutung einer etwa fehlenden Grenzwertkausalität vor - stellt aber in der mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 2023 (S. 1 des Protokolls = Bl. 687 d.A.) unstreitig, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug nie eine Fahrkurvenerkennung verbaut war. Er behauptet darüber hinaus, auch ohne Fahrkurvenerkennung erkenne das streitgegenständliche Fahrzeug "anhand physikalischer Randbedingungen", dass es gerade geprüft werde (S. 31 der Berufungsbegründung = Bl. 446 d.A., siehe auch S. 5 der Berufungsreplik = Bl. 586 d.A.).
Zudem hat der Kläger vorgetragen, von der D. U. (DUH) veröffentlichte Unterlagen enthielten auch eine Präsentation der B. AG vom 2. Oktober 2015, in welcher Funktionen mit einem besonderen Potential "für nicht behördenkonforme Applikation" aufgeführt seien. Mehrere Manipulationen seien für die Beklagte bereitgestellt worden.
Maßgeblich für eine Täuschung sei der Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs (S. 45 f. der Berufungsreplik = Bl. 626 f. d.A.).
Der Kläger hat zunächst die Zahlung von 24.922,75 Euro abzüglich einer weiteren Nutzungsentschädigung unter Zugrundelegung des Kilometerstandes zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz beantragt und beantragt nunmehr, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 24.097,76 Euro (Kaufpreis abzüglich der Nutzungsentschädigung mit Kilometerstand zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erster Instanz) abzüglich einer weiter zu berechnenden vom Gericht auf Basis einer Gesamtlaufleistung von zumindest 300.000 km zu schätzenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs unter Zugrundelegung des Kilometerstandes zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. Dezember 2021 zu zahlen Zug ...