Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebäudeversicherung: Gefahr bei Leerstand
Leitsatz (amtlich)
Zur Gefahrerhöhung bei Leerstand in der Gebäudeversicherung gegen Leitungswasserschäden
Normenkette
VVG § 23 Abs. 1, § 26 Abs. 1, § 81 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.10.2020; Aktenzeichen 2-08 O 11/20) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin hin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.10.2020, Az. 2-08 O 11/20, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte mit einem Haftungsanteil von 25 % aus dem Versicherungsvertrag mit der Nr. ... gegenüber der Klägerin verpflichtet ist, Deckung für bereits entstandene oder noch entstehende Schäden aufgrund des Schadensereignisses vom 26.01.2017 am Objekt Straße1, Stadt1 auf Grundlage der vereinbarten Versicherungsbedingungen zu erteilen.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren der Rechtsanwälte A & B in Höhe von 1.973,90 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 75% und die Beklagte 25 % zu tragen.
Von den Kosten zweiter Instanz haben die Klägerin 66 % und die Beklagte 34 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche auf bedingungsgemäße Leistungen aus einer Gebäudeversicherung geltend.
Für das versicherte Gebäude unterhielt ausweislich des Versicherungsscheins Herr C (im Weiteren: Versicherungsnehmer) mit Beginn zum 01.03.2016 eine Wohngebäudeversicherung.
Wie zwischen den Parteien unstreitig geworden ist, hatte der Versicherungsnehmer mit notariellem Vertrag vom 03.02.2016 unter anderem die versicherte Liegenschaft von Frau Vorname3 Nachname2, Frau Vorname1 Nachname1 und Herrn Vorname2 Nachname1, letztere auch handelnd als alleinige Gesellschafter der Vorname2 und Vorname1 Nachname1 GbR, erworben. Darüber hinaus ist zwischen den Parteien unstreitig geworden, dass der Versicherungsnehmer den Kaufvertrag im August 2016 wegen arglistiger Täuschung angefochten hatte. Über die Wirksamkeit des Kaufvertrages standen die Parteien des Kaufvertrages in der Folgezeit und auch noch im Zeitpunkt des Schadenereignisses im (Rechts-)Streit. Dieser wurde durch Vergleich vom 09.01.2018 beendet, der die Rückübertragung des Grundstücks beinhaltete. Diese wurde in der Folgezeit umgesetzt. Im Zuge dessen trat der Versicherungsnehmer seine Ansprüche gegen die Beklagte aus der Gebäudeversicherung wegen des streitgegenständlichen Schadens an die (Wieder-)Eigentümer ab.
Wie zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig geworden ist, ist nunmehr die Klägerin Eigentümerin der versicherten Liegenschaft. Sie hatte diese mit notariellem Vertrag vom 07.11.2018 erworben und war am 24.01.2019 als Eigentümerin eingetragen worden. Zuvor waren ihr bereits die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten worden.
Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen der Beklagten (VGB 2003) zugrunde lagen. Nach § 24 Ziffer 1 c) VGB 2003 hat der Versicherungsnehmer nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten. Nach § 24 Ziffer 2 VGB 2003 hat der Versicherungsnehmer bei Verletzung einer der Sicherheitsvorschriften keinen Versicherungsschutz, wenn der Versicherer von seinem Recht Gebrauch macht, den Vertrag innerhalb eines Monats ab Kenntnis von der Verletzung der Sicherheitsvorschrift fristlos zu kündigen. Der Versicherer hat kein Kündigungsrecht und der Versicherungsschutz bleibt bestehen, wenn die Sicherheitsvorschrift weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt wurde. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein und die Versicherungsbedingungen Bezug genommen.
Das versicherte Gebäude stand seit mindestens November 2016 leer. Die wasserführenden Anlagen und Leitungen waren nicht geleert und abgesperrt worden.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.11.2016 ließ der Versicherungsnehmer gegenüber dem anwaltlichen Vertreter der Voreigentümer Nachname2 und Nachname1 mitteilen, dass das (versicherte) "Anwesen jetzt in der kalten Jahreszeit geheizt werden sollte, um Schäden durch Einfrieren oder ähnliches zu verhindern". Es werde davon ausgegangen, "dass sich Ihre Partei darum kümmert". Des Weiteren heißt es: "Unsere Mandantschaft tut dies nicht, da sie, wie Sie wissen, nicht Eigentümer geworden ist".
Am 26.01.2017 wurde in dem versicherten Anwesen ein Leitungswasserschaden entdeckt. Schadensursache wa...