Leitsatz (amtlich)
Zur Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Hauptversammlung einer AG zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, zur Bestellung eines Abschlussprüfers und zur Gewinnverwendung.
Normenkette
AktG §§ 253, 256
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 31.05.2005; Aktenzeichen 3-5 O 99/04) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 31.5.2005 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Klägerin greift als damalige und heutige Aktionärin der Beklagten Beschlüsse der Hauptversammlung vom 2.6.2004 an, in der sie vertreten war, zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2003, zur Bestellung des Wirtschaftsprüfungsunternehmens A als Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2004 und den Gewinnverwendungsbeschluss, nachdem sie Widersprüche gegen die Beschlüsse bereits zur Niederschrift des beurkundenden Notars erklärt hatte.
Die Beklagte hatte sich 1999 nach Vorlage u.a. eines rechtlichen Due-Diligence-Berichts mit 30 % an der philippinischen Gesellschaft "B." (künftig nur: B) und zu anderen Quoten an deren Gesellschaftern beteiligt. Die B besaß eine staatliche Konzession zum Betrieb eines zu errichtenden Terminals am Flughafen in O1, die ihr durch eine Entscheidung philippinischer Gerichte im Jahre 2003 nach weitgehender Fertigstellung des Terminals aberkannt wurde. Dies führte bei der Beklagten für das Geschäftsjahr 2002 zu im 1. Quartal des Kalenderjahrs 2003 veranlassten Abschreibungen von mehr als 348 Mio. EUR.
Die Klägerin hat mit der Anfechtungsklage geltend gemacht, der Vorstand dürfe nicht entlastet werden, weil er kein ausreichendes Risikokontrollsystem eingerichtet gehabt habe, weil er trotz Kenntnis der Risiken der Beteiligung bei der A investiert und einen Totalverlust billigend in Kauf genommen habe, weil er für 2002 und 2003 einen nichtigen Jahresabschluss aufgestellt habe und weil er keinen Schadensersatzanspruch gegen den Aufsichtsrat aus dem O1-Engagement verfolgt habe. Dem Aufsichtsrat sei die Entlastung zu verweigern, wer er in Kenntnis der rechtlichen Risiken die Beteiligung mitgetragen und gegen den Vorstand insoweit keine Schadensersatzansprüche geltend gemacht habe. Der Aufsichtsrat habe auch für die Geschäftsjahre 1999 bis 2003 nichtige Jahresabschlüsse festgestellt.
Den in der Hauptversammlung vom 2.6.2004 gefassten Gewinnverwendungsbeschluss hält die Klägerin für nichtig, weil die Feststellung des nach HGB-Grundsätzen aufgestellten Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat wegen inhaltlicher Fehler des Jahresabschlusses nichtig sei. Es fehle an Rückstellungen für eine angekündigte Klage der B gegen die Beklagte sowie wegen einer von dieser gegen die Beklagte erhobenen Widerklage. Aus Strafverfahren auf den Philippinen sei die Einziehung von dortigem Vermögen der Beklagten zu besorgen, was ebenfalls eine Rückstellung veranlassen müsse. Es fehle auch an der Passivierung einer Einzahlungsverpflichtung zugunsten der B über 40 Mio. US-Dollar. Eine Rückstellung sei wegen notwendiger Brandschutzmaßnahmen auf dem Flughafen in O2 geboten. Schließlich sei der Jahresabschluss auch deshalb nichtig, weil der Konzernabschluss nicht darauf verweise, dass die Beteiligungsverhältnisse der Beklagten in deren Einzelabschluss aufgeführt seien.
Die Bestellung eines Abschlussprüfers für 2004 ficht die Klägerin an, weil der bestellte Abschlussprüfer befangen sei. Er könne geneigt sein, die von der Klägerin beanstandeten Fehler des Jahresabschlusses 2003 bei der Prüfung des Jahresabschlusses 2004 zu verbergen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 2.6.2004 für nichtig zu erklären, durch welche die Verwendung des gesamten Bilanzgewinns des Jahres 2003 i.H.v. 39.701.854,72 EUR zur Ausschüttung einer Dividende im Betrag von 0,44 EUR je dividendenberechtigter Stückaktie (Pkt. 2 der Tagesordnung) beschlossen, die Entlastung des Vorstands (Pkt. 3 der Tagesordnung), die Entlastung des Aufsichtsrates (Pkt. 4. der Tagesordnung) erteilt sowie die A, zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2004 (Pkt. 5 der Tagesordnung) bestellt wurde.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat den Jahresabschluss als inhaltlich richtig verteidigt und geltend gemacht, der Nichtigkeitsgrund, den das Gericht der Philippinen herangezogen habe, sei nicht vorhersehbar gewesen und im Prüfungsbericht nicht genannt worden. Ansonsten habe der Konzession und der Beteiligung der Beklagten an der B keine Gefahr gedroht.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zu den tatsächlichen Feststellungen des a...