Entscheidungsstichwort (Thema)
Abführung von Aufsichtsratstantiemen an Gewerkschaft
Leitsatz (amtlich)
Ein Gewerkschaftsmitglied ist zur satzungsgemäß vereinbarten Abführung erhaltener Tantiemen für seine Tätigkeit im Aufsichtsrat eines Unternehmens auch dann verpflichtet, wenn er ohne Unterstützung durch die Gewerkschaft in dieses Amt gelangt ist.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 19.09.2014; Aktenzeichen 2-18 O 28/14) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.9.2014 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main Az. 2-18 O 28/14 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die klagende Gewerkschaft hat von ihrem Mitglied - der Beklagten - die Abführung anteilsmäßiger Tantiemen verlangt, die diese als Aufsichtsratsmitglied einer AG erzielte.
Die Beklagte trat der Klägerin zum Januar 2005 bei. Unter anderem in den Jahren 2010 bis 2012 gehörte sie dem Unternehmen, in dem sie tätig ist, als Mitglied des Aufsichtsrats an; in dieses Amt gelangte sie nicht über eine Gewerkschaftsliste der Klägerin und erhielt von der Klägerin auch keine Wahlhilfe. Eine vom Vorstand erlassene Richtlinie der Klägerin (Anlage K 2) sieht vor, dass Mitglieder, die als Aufsichtsratsmitglieder tätig sind, von den Bezügen bis 3.500,- EUR 10 % und von allen darüber hinausgehenden Beträgen 90 % an die Hans-Böckler-Stiftung abführen müssen.
Mit der Klage hat die Klägerin von der Beklagten noch die Abführung von Tantiemen in Höhe von 29.400,- EUR für die Jahre 2010 bis 2012 gefordert, nachdem die Beklagte eine zunächst verlangte Auskunft über die Höhe der Tantiemen während des Verfahrens vor dem Landgericht entsprechend beantwortet hatte und die Parteien den Auskunftsantrag danach übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.9.2014 (Bl. 80 ff. d. A) verwiesen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Die Kosten des erledigten Auskunftsantrages hat es ebenfalls der Beklagten auferlegt.
Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Klägerin stehe unabhängig von der Frage, ob die Beklagte mithilfe der Klägerin in den Aufsichtsrat gewählt worden sei, ein Anspruch auf Abführung der geltend gemachten Beträge zu. Die entsprechende Richtlinie sei in demokratisch legitimierter Weise beschlossen und der Höhe nach festgeschrieben worden. Die Beklagte habe auch hinreichende Kenntnis von der Satzung der Klägerin gehabt, die die Verfassung der Vereinigung darstelle und Bindungswirkung für alle Mitglieder entfalte. Die Grenzen der Satzungskompetenzen seien nicht überschritten worden, wie bereits das OLG Frankfurt in der Entscheidung 23 U 177/00 entschieden habe. Es sei kein Verstoß gegen Treu und Glauben in den Abführungsregeln zu erkennen und diese stelle auch kein formbedürftiges Schenkungsversprechen dar. Die Beklagte könne nicht mit der Argumentation durchdringen, die Abführungspflicht sei unbegründet, weil sie die Position im Aufsichtsrat ohne Mithilfe der Klägerin erreicht habe. Ebenso wenig stehe der Abführungspflicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin die Einnahmen bereits versteuert habe. Schließlich seien die Ansprüche der Klägerin auch nicht verjährt, da die Verjährung wegen Vergleichsgesprächen gehemmt gewesen sei.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie fristgerecht begründete Berufung der Beklagten. Das Landgericht habe der Klage zu Unrecht stattgegeben. Das Landgericht stütze sich in seiner Argumentation im Wesentlichen auf das Urteil des OLG vom 22.8.2001, 23 U 177/00 . Der Sachverhalt dieses Falles weiche jedoch in zwei Punkten von dem vorliegenden ab. Dort habe es zusätzlich zur Mitgliedschaft eine Verpflichtungserklärung des Mitglieds auf Abführung der Tantiemen gegeben, an der es hier fehle. Außerdem sei das dortige Aufsichtsratsmitglied über die Wahlliste der Gewerkschaft gewählt worden. Das Landgericht gehe unzutreffend davon aus, dass es sich bei der Abführungspflicht aus § 3 Ziffer 11 der Satzung nicht um ein formbedürftiges Schenkungsversprechen nach § 518 BGB handele. Die Abführpflicht stehe in keinem synallagmatischen Zusammenhang mit der Mitgliedschaft, da insoweit schon 1 % des Bruttomonatslohns abzuführen seien. Tatsächlich erlange aber die Beklagte hinsichtlich der Abführung weitergehender Tantiemen nichts. Zudem begründeten auch steuerrechtliche Erwägungen das Vorliegen einer Schenkung. Entgegen der Auffassung des Landgerichts und der zitierten Entscheidung des OLG seien durch die A...