Entscheidungsstichwort (Thema)

Stromkennzeichnung nach § 42 EnWG in Anzeigentext

 

Leitsatz (amtlich)

1. Versorgungsunternehmen müssen die gem. § 42 EnWG vorgeschriebene Stromkennzeichnung für das letzte oder vorletzte Jahr auch dann nicht vor dem 15.12. eines Jahres in ihren Rechnungen an Letztverbraucher und in an diese gerichtetem Werbematerial angeben, wenn sie schon vor dem Stichtag über die aktuellen Strommix-Daten verfügen.

2. Zu den Anforderungen an eine Irreführungsgefahr durch zusätzliche, über die gemäß § 42 EnWG vorgeschriebenen Angaben hinausgehende Angaben zu einem voraussichtlichen künftigen Strommix.

 

Normenkette

EnWG § 42

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 26.01.2009; Aktenzeichen 11 O 56/08)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Wiesbaden - 3. Kammer für Handelssachen - vom 26.1.2009 (Az.: 11 O 56/08) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Beide Parteien bieten als Wettbewerber Haushaltskunden die Versorgung mit Strom an. Die Klägerin wendet sich gegen Werbeaussagen der Beklagten im Zusammenhang mit der Stromkennzeichnung gem. § 42 EnWG in einer Zeitungsanzeige vom 4.6.2008, auf der Internetseite der Beklagten sowie in einer aus dem Internet abrufbaren und ausdruckbaren Broschüre "X-Strom für Haushalte" mit Stand vom 1.4.2008 (Anlagen K3 bis K5 = GA 18, 23, 26).

Die Beklagte bietet seit 1.5.2007 auch einen Tarif "X Naturstrom" an, dessen Produktenergiemix vom Gesamtenergieträgermix der Beklagten dadurch abweicht, dass der bezogene Strom zu 100 % aus erneuerbaren Energieträgern stammt.

In ihrer von der Klägerin beanstandeten "Stromkennzeichnung" gab die Beklagte unter der Überschrift "Informationen über die Stromherkunft der X-Versorgungs AG" in der Rubrik "Voraussichtlicher Mix für 2008" einen "Energieträgermix für X Naturstrom" und einen "Energieträgermix für die Stromabgabe X allgemein" an. Unterhalb dieser Angaben gab sie in einer Fußnote 1) den X-Unternehmensmix 2006 an und teilte unter Fußnote 2) mit, der Residualmix entspreche dem Unternehmensmix. Wegen der näheren Ausgestaltung der Stromkennzeichnung wird auf die Anlagen K3-K5 (GA 18, 23, 26) Bezug genommen.

Die Klägerin hat behauptet, es sei der Beklagten im Zeitpunkt der Herausgabe der beanstandeten Werbematerialien möglich gewesen, für den Tarif X Naturstrom den tatsächlichen Produktenergiemix für das Jahr 2007 anzugeben. Der von der Beklagten angegebene voraussichtliche Produktenergiemix unterlaufe die Zielsetzung und den Wortlaut des § 42 EnWG. Die Angabe in der Fußnote 2), der Residualmix entspreche dem Unternehmensmix, sei zudem falsch.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes i.H.v 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollstrecken an dem Vorstand, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs,

a) für den Verkauf von Elektrizität, insbesondere ihres Tarifs X Naturstrom, gegenüber Letztverbrauchern in an diese gerichtetem Werbematerial zu werben oder werben zu lassen, ohne den Anteil der einzelnen Energieträger (Kernkraft, fossile und sonstige Energieträger, erneuerbare Energien) an dem Energiemix des beworbenen Produkts anzugeben, den die Beklagte im letzten und/oder vorletzten Jahr verwendet hat, wenn die Beklagte im Rahmen des Verkaufs von Elektrizität an Letztverbraucher eine Produktdifferenzierung mit unterschiedlichen Energieträgermixen vornimmt;

b) für den Verkauf von Elektrizität, insbesondere ihres Tarifes X Naturstrom, gegenüber Letztverbrauchern in an diese gerichtetem Werbematerial zu werben oder werben zu lassen, ohne den Anteil der einzelnen Energieträger (Kernkraft, fossile und sonstige Energieträger, erneuerbare Energien) an dem nach Herausrechnung des Produktmixes aus dem Gesamtenergieträgermix der Stromlieferungen der Beklagten verbleibenden Energiemix (sog. "Residualmix") gem. § 42 Abs. 3 EnWG anzugeben, den die Beklagten im letzten und/oder vorletzten Jahr verwendet hat, sofern die Beklagte im Rahmen des Verkaufs von Elektrizität an Letztverbraucher eine Produktdifferenzierung mit unterschiedlichen Energieträgermixen vornimmt.

c) für den Verkauf von Elektrizität, insbesondere ihres Tarifes X Naturstrom, gegenüber Letztverbrauchern in an diese gerichtetem Werbematerial zu werben oder werben zu lassen und dabei unter der Überschrift "Stromkennzeichnung" den voraussichtlichen Strommix für ein Stromprodukt der Beklagten und/oder für den Gesamtenergieträgermix der Beklagten anzugeben, wenn dies wie in Anlage K3, K4 oder K5 geschieht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat die Klage mit Urteil vom 26.1.2009 abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die angefochtene Entsche...

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