Verfahrensgang
LG Marburg (Urteil vom 19.03.1997; Aktenzeichen 2 O 15/97) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 19. März 1997 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer des Klägers wird festgesetzt auf 24.945,– DM.
Tatbestand
Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe einen Anspruch gegen die Beklagten aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen seiner Leistungen für Frau …, die Großmutter der Beklagten zu 2), geltend.
Die Eheleute … und … waren Eigentümer eines mit einem Einfamilienwohnhaus bebauten Grundstücks in …, das sie mit Vertrag vom 02.03.1968 auf ihren Sohn … übertrugen. Im Rahmen dieses Übergabevertrages verpflichtete sich der Übernehmer, an die Eltern auf Lebenszeit folgende Leistungen zu erbringen:
1) Gewährung eines unbeschränkten, unentgeltlichen Einsitzrechtes in den beiden Räumen des übergebenen Hauses, die sich im Obergeschoß rechts – vom Hauseingang gesehen –, befinden …
2) Gewährung von Unterhalt und Verpflegung, insbesondere Pflege und Aufwartung in gesunden und kranken Tagen in vollem Umfange.
Weiter heißt es unter Ziffer 2) in der notariellen Urkunde:
Die Berechtigten werden von diesem Recht ohne Gegenleistung nur Gebrauch machen, wenn sie aus irgendeinem Grunde bedürftig werden.
Nach dem Tod des Übernehmers am 18.04.1974 erhielt die Beklagte zu 2) aufgrund Erbauseinandersetzungsvertrages vom 11.12.1985 das Eigentum an dem mit dem Einsitzrecht belasteten Grundstück übertragen. Das Einsitzrecht blieb bestehen. Mit Vertrag vom 12.12.1985 übertrug die Beklagte zu 2) ihrem Ehemann, dem Beklagten zu 1), das Eigentum an dem Grundstück zur ideellen Hälfte. Der Beklagte zu 1) ließ sich das Bestehenbleiben des in Abteilung II des Grundbuches eingetragenen Einsitzrechtes gefallen.
… nahm das Einsitzrecht zunächst zusammen mit ihrem Ehemann und nach dessen Tod allein in Anspruch. Als sie später nicht mehr allein in dem Haus wohnen wollte, entschlossen sich die Beklagten, sie in ihrem Haus … in … aufzunehmen, wo sie 1986 einzog.
Durch notariellen Vertrag vom 18.02.1988 verkauften die Beklagten den mit dem Einsitzrecht belasteten Grundbesitz zu einem Kaufpreis von 80.000,– DM. In diesem Vertrag verpflichteten sie sich zu lastenfreier Übereignung. Zu diesem Zweck bewilligte die seinerzeit 78 Jahre alte … am 19.02.1988 die Löschung des Einsitzrechtes.
Am 19.11.1991 wurde … aus gesundheitlichen Gründen in dem Alten- und Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt in … untergebracht. Der tägliche Pflegesatz betrug einschließlich des Einzelzimmerzuschlages 177,45 DM täglich. Außerdem wurde ein Taschengeld gewährt. Die durch die Rente von etwa 1.000,– DM monatlich nicht gedeckten Heimpflegekosten wurden zunächst vom Landeswohlfahrtsverband Hessen getragen. Seit 01.01.1993 gewährte der klagende Landkreis … Hilfe zur Pflege durch Übernahme der durch ihre Rente nicht gedeckten Heimpflegekosten nach dem BSHG. Diese Kosten beliefen sich bis zum Tode von Frau … am 24.11.1995 auf rund 190.000,– DM. Noch vor ihrem Tod leitete der Kläger durch Bescheid vom 25.05.1994 (Bl. 19, 20 d.A.) einen Rückforderungsanspruch der … aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB nach § 90 BSHG mit der Begründung auf sich über, Frau … habe den Beklagten die Löschung des Einsitzrechtes schenkweise bewilligt.
Der Kläger bewertet den aus der Löschung des Einsitzrechtes den Beklagten erwachsenen, ihnen vermeintlich von Frau … geschenkten Vorteil mit 24.945,– DM (5.040,– DM für das Einsitzrecht; für das Pflegerecht 8.400,– DM; für das Verpflegungsrecht 3.823,60 DM im Jahre 1993, 3.952,80 DM im Jahre 1994 und 3.729,– DM für die 11 Monate im Jahre 1995).
Die Beklagten haben eingewandt, sie seien durch die Erteilung der Löschungsbewilligung nicht unentgeltlich bereichert worden. Vielmehr, so haben sie unwidersprochen vorgetragen, habe … aus freien Stücken in die Löschung des Rechts eingewilligt, weil sie sich bei ihnen ausreichend untergebracht und versorgt gefühlt habe. Die Gegenleistung für die Löschung habe darin gelegen, daß … bis zu ihrer Unterbringung im Altenheim im November 1991 eine Wohnung in ihrem, der Beklagten, Haus bewohnt habe und von ihnen auch verpflegt und versorgt worden sei, so wie es in dem ursprünglichen Einsitzrecht vorgesehen gewesen sei.
Vorsorglich haben die Beklagten ausgeführt, Frau … hätten nach ihrem aus freien Stücken erfolgten Umzug zu ihnen im Jahre 1986 auch keinerlei Zahlungsansprüche nach Art. 1 § 9 Abs. 3 des Preußischen Ausführungsgesetzes zum BGB zugestanden.
Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Marburg hat durch Urteil vom 19.03.1997 die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: … habe ein Schenkungsrückforderungsanspruch gegen die Beklagten nicht zugestanden. Hinsichtlich des das Recht auf Unterhalt und Pflege betreffenden Teils des Einsitzrechtes ergebe sich das bereits daraus, daß … nach § 2 Ziffer 2 des Übergabevertrages Unterhalt und Pflege nur dann ohne Gegenleistung habe beanspruchen können,...