Leitsatz (amtlich)
1. Auslegung der Treuhandauflage "Sicherstellung der Eigentumsumschreibung" der finanzierenden Bank als Übernahme der kaufvertraglichen Auszahlungsvoraussetzungen.
2. Zu den Folgen der Unwirksamkeit einer Auszahlungsregelung im Grundstückskaufvertrag wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 MaBV auf die Auszahlungsanweisung der finanzierenden Bank an den Notar im Rahmen eines erteilten Treuhandauftrages.
Normenkette
BeurkG § 54a; BGB §§ 134, 641; BNotO § 19 Abs. 1; MaBV § 3 Abs. 2, § 12
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 06.07.2004; Aktenzeichen 4 O 385/01) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin vom 15.12.2004 gegen das Urteil des LG Limburg - 4. Zivilkammer - vom 6.7.2004 werden zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin vom 28.6.2005 gegen das Urteil des LG Limburg - 4. Zivilkammer - vom 6.7.2004 wird verworfen.
Von den Kosten des Rechtsmittelverfahrens haben die Klägerin 43 % und der Beklagte 57 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von dem beklagten Notar Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzungen bei der Erledigung von Treuhandaufträgen, die sie dem Beklagten im Zusammenhang mit der Gewährung von Darlehen an verschiedene Käufer zur Finanzierung des Erwerbs von noch zu sanierenden Eigentumswohnungen erteilt hatte.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des LG Limburg vom 6.7.2004 Bezug genommen.
Das LG hat mit dem genannten Urteil erkannt, dass der Beklagte an die Klägerin 185.903,77 EUR Zug um Zug gegen Abgabe der notariellen Angebote zur Übertragung der zugunsten der Klägerin eingetragenen Grundschulden und gegen Abtretung der Ansprüche aus den Darlehensverträgen zu zahlen hat. Der Beklagte, so hat das LG zur Begründung ausgeführt, habe seine Pflichten aus den jeweiligen Treuhandverhältnissen verletzt, weil er die auf den Notaranderkonten von der Klägerin zur Verfügung gestellten Beträge zu früh an die Verkäuferin ausgezahlt habe. Betreffend des Treuhandauftrages A. sei bei Auszahlung vom Anderkonto die Eigentumsumschreibung noch keineswegs sichergestellt gewesen. Die Wirksamkeit der zugunsten des Erwerbers A. angetragenen Auflassungsvormerkung sei davon abhängig gewesen, dass die Verkäuferin, die B. AG, tatsächlich das Eigentum erwerbe; erst am 11.5.1999 - mithin nach Auszahlung von Teilbeträgen - sei die B. AG aber als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen worden.
Betreffend der Treuhandaufträge C., D. und E. habe der Beklagte die in Bezug genommenen besonderen Auszahlungsvoraussetzungen in § 3 der notariellen Kaufverträge nicht beachtet, weil die ihm vorliegenden Bautenstandsberichte vom 10.3. und 7.5.1999 nicht von einem bauleitenden Architekten stammten. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass weder der Zeuge Z1 noch der Zeuge Z2 bauleitende Architekten gewesen seien. Die Funktion der die Bautenstandsberichte unterzeichnenden Personen hätte vom Beklagten indes vor Auszahlung der Teilbeträge überprüft werden müssen. Entgegen der Auffassung des Beklagten seien die klägerischen Forderungen nicht verjährt.
Gegen diese ihm am 9.7.2004 zugestellte Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der am 9.8.2004 eingelegten und innerhalb verlängerter Frist am 5.11.2004 begründeten Berufung.
Der Beklagte trägt mit der Berufung vor, betreffend des Treuhandauftrages A. fehle es an einer notariellen Pflichtverletzung. Aus der Verwahrungsvereinbarung in § 3 des Kaufvertrages könne auf keinen Fall eine Pflichtverletzung hergeleitet werden, weil die Bestimmungen der MaBV keine Schutzwirkungen für das hier maßgebliche Treuhandverhältnis im Rahmen der Darlehensauszahlung zugunsten der finanzierenden Bank entfalten würden. Eine Pflicht unmittelbar aus dem Treuhandauftrag der Klägerin habe er ebenfalls nicht verletzt, weil entgegen der Auffassung des LG die besonderen Auszahlungsvoraussetzungen aus dem Kaufvertrag nicht Inhalt des Treuhandauftrages geworden seien. Die danach allein maßgebliche Treuhandauflage "Sicherung der Eigentumsumschreibung" sei i.S.d. Vorliegens der allgemein üblichen Auszahlungsvoraussetzungen auszulegen. Die Auszahlung der Teilbeträge sei daher möglich gewesen, sobald
1. die Eintragung der Auflassungsvormerkung für den Käufer gesichert war,
2. die Eintragung einer Grundschuld an erster Rangstelle zugunsten der Klägerin eingetragen war und
3. die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes vorlag.
Ein Antrag auf Eigentumsumschreibung sei nicht erforderlich gewesen, weil ansonsten die Anweisu...