Leitsatz (amtlich)
Anspruch auf Rückbau eines auf dem Nachbargrundstück neu errichteten Daches
Normenkette
BauNVO § 22; BGB § 1004; HBO § 6
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 09.11.2018; Aktenzeichen 2-18 O 278/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin gegen das am 9.11.2018 verkündete Teil-Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird dieses aufgehoben, soweit die Klage bezüglich des Antrags 2 a) abgewiesen worden ist. Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Frankfurt am Main zurückverwiesen.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 9.11.2018 verkündete Teil-Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird im Übrigen zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil - soweit es nicht der oben bezeichneten Aufhebung unterliegt - sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zum Rückbau eines neu errichteten Daches auf ihrem Anwesen sowie um Folgen des Dachumbaus.
Die Parteien sind Nachbarinnen und jeweils Eigentümerinnen von Doppelhaushälften in Stadt1-Stadtteil1, die aneinandergrenzen. Die Beklagte nahm im Jahre 2015 einen Umbau ihres Hausanwesens (A-Straße3) vor, wodurch das Dach umgestaltet und im Ergebnis erhöht wurde. Über die Einzelheiten der Erhöhung streiten die Parteien. Die Anwesen befinden sich im Bereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB).
Infolge des Umbaus wurde die vormals an die klägerische Dachgaube unmittelbar anschließende, straßenseitige Dachgaube des Hauses der Beklagten entfernt und in anderer Gestalt neu errichtet. Eine Verkleidung der in der Folge ohne weiteren Gebäudeanschluss offenen klägerischen Grenzwand der Gaube durch die Beklagte erfolgte nicht.
Die Klägerin macht geltend, dass aufgrund der durch die Beklagte vorgenommenen Erhöhung ihres Daches von 64 cm der Schornstein am Hausanwesen der Klägerin (A-Straße1) nicht mehr nutzbar sein. Denn ihr wurde durch Verfügung der Bauaufsichtsbehörde vom 4.10.2016 aufgegeben, den Mindestabstand des Schornsteins von "40 cm über First" herstellen zu lassen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Dacherhöhung der Beklagten baurechtswidrig erfolgt sei, da ihr Schornstein nicht mehr die notwendige Höhe über dem vormals vorhandenen First auf der Hausseite der Beklagten aufweise. Deshalb könne auch ihr Keller nicht mehr beheizt werden, was bereits zu Schäden geführt haben. Sie begehrt den Rückbau des Daches, um eine Nutzung ihres Schornsteins ohne Veränderung hieran zu ermöglichen.
Die Beklagte verfüge über keine wirksame Baugenehmigung. Der durch sie durchgeführte Dachumbau verstoße auch gegen §§ 6 HBO und § 22 BauNVO,da hiernach eine gleiche Dachfirsthöhe einzuhalten sei, wogegen die Beklagte verstoßen habe.
Die Klägerin macht weiter geltend, dass aufgrund des Dachumbaus bei dem Hausanwesen der Beklagten der vorher durchlaufende gemeinsame Firstbalken des Dachstuhls beider Häuser durch die Beklagte gekappt worden sei. Hierdurch sei das Dach des Hausanwesens der Klägerin A-Straße1 instabil geworden.
Sie begehrt weiter die Wiederherstellung des Mindestabstands des Schornsteins des Anwesens A-Straße1 von 40 cm über dem Dachfirst und die Wiederherstellung der Brandwandqualität der verbauten Holzteile an der Grenzwand der straßenseitigen Gaube auf ihrem Dach.
Die Beklagte macht geltend, dass die Erhöhung ihres Dachfirstes nur 27 cm betrage. Der durchgeführte Umbau ihres Hausanwesens entspreche aber auch insoweit der ihr erteilten baurechtlichen Genehmigung in vollem Umfang.
Zur Ergänzung des Sachverhalts und hinsichtlich der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatbestandlichen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch Teilurteil vom 9.11.2018 hinsichtlich des Hauptantrages zu 1. und hinsichtlich der hilfsweise gestellten Anträge zu 2 a), b) und d) abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Umbau der Beklagten hinsichtlich der Dachhöhe nicht gegen die ihr erteilten Baugenehmigungen und auch nicht gegen die §§ 6 HBO oder 22 Abs. 2 BauNVO verstoße. Das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich einer Kappung des Dachbalkens sei nicht hinreichend substantiiert. Ein Anspruch auf Wiederherstellung des Mindestabstands des Schornsteins der Klägerin von 40 cm über dem Dachfirst der Klägerin bestehe nicht gegenüber der Beklagten, da die brandschutzrechtliche Zulässigkeit eines Schornsteins in der Verantwortung des Eigentümers liege. Ein Anspruch der Klägerin bestehe auch nicht hinsichtlich der Verkleidung der an das Grundstück der Beklagten grenzenden Dachgaube, da sie keinen Anspruch darauf habe, dass die ordnungsrechtlichen Anforderungen an ihr Eigentum durch die Gestaltung des Nachbarhauses hergestellt werden oder erhalten werden. Hinsichtlich eines noch nicht beschiedenen Hilfsantrages (c) hat das Landgericht einen Beweisbeschluss erlassen, wonach Beweis durch Einholung eines schriftlichen S...