Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung der Verbreitung von Videos auf YouTube
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.10.2020; Aktenzeichen 2-03 O 148/19) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 1.10.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt, 3. Zivilkammer, abgeändert:
Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt, 3. Zivilkammer, vom 17.4.2019, ergänzt durch den Beschluss vom 7.5.2019, wird aufgehoben und der Antrag der Verfügungskläger auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung der Verfügungskläger wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfügungsverfahrens in beiden Instanzen hat die Verfügungsklägerin zu 1) 4/7 und hat der Verfügungskläger zu 2) 3/7 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 70.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) nehmen die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte), die die Video-Hosting-Plattform "YouTube" betreibt, im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Unterlassung der Verbreitung zweier Videos und Unterlassung des Behauptens und Verbreitens von drei Äußerungen, welche in weiteren auf Youtube eingestellten Videos enthalten sind, in Anspruch.
Die Kläger haben mit Schreiben vom 21.3.2019 (Anlage ASt 4, Bl. 70 ff. d.A.) die Beklagte zur Einleitung des Prüfverfahrens und zur Löschung der Videos aufgefordert und ihr dafür eine Frist bis zum 25.3.2019 gesetzt. Per E-Mail versandt wurde dieses Schreiben am 22.3.2019 (ASt 12, Bl. 505 d.A.) an die im Impressum vom Youtube angegebene E-Mailadresse email@adresse.de. Mit weiterem E-Mail-Schreiben vom 2.4.2019 (Anlage ASt 5, Bl. 83 ff. d.A.), versendet am selben Tag, haben sie dies mangels Reaktion der Beklagten - teilweise unter Ergänzungen - wiederholt und der Beklagten eine Frist bis zum 3.4.2019 gesetzt.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Videos mit den Nr. 2 und 8 (Gegenstand des Antrages zu 1.) bereits am 30.3.19 und am 1.4.2019 von dem Nutzer selbst entfernt worden seien (eidesstattliche Versicherung A, AG 7, Bl. 589 d.A.). Die Videos Nr. 1, 3, 4, 5, 11 habe sie am 5.4.2019 in der deutschen Länderversion des Dienstes Youtube "entfernt bzw. gesperrt" (Bl. 316 d. A. sowie eidesstattliche Versicherung A, AG 4, Bl. 340 d. A.). Das Video Nr. 7, welches Gegenstand des Antrages zu 3. ist, habe sie nach Erlass der ergänzenden einstweiligen Verfügung (Beschluss vom 7.5.2019) für die deutsche Länderversion gesperrt. Die im vorgerichtlichen Schreiben aufgeführten Videos Nr. 6, 9 und 10 sind nicht Gegenstand des Verfügungsverfahren.
Das Landgericht hat den Anträgen mit Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung entsprochen, hinsichtlich des Antrages zu 3. jedoch erst nach Beschwerde im Abhilfeverfahren, nachdem die Kläger eidesstattliche Versicherungen des Herrn B und des Klägers zu 2) dazu vorgelegt haben.
Im Widerspruchsverfahren haben die Kläger eine weitere eidesstattliche Versicherung des Klägers zu 2) betreffend die Äußerung des Antrages zu 2. a) vorgelegt (ASt 16, Bl. 610 d. A.).
Auf den Widerspruch der Beklagten hat das Landgericht die ausgesprochenen Verbote dahin eingeschränkt, dass die Untersagung nur für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelte.
Wegen der einzelnen Antragsgegenstände und des weiteren Sachvortrages wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Hiergegen richtet sich zum einen die Berufung der Beklagten mit dem Antrag, das landgerichtliche Urteil aufzuheben und den Verfügungsantrag zurückzuweisen. Sie wendet sich im Wesentlichen gegen die Reichweite des ausgesprochenen Verbots und vertritt zu den einzelnen Videos/Äußerungen die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer Prüfpflicht für sie nicht vorgelegen hätten. Hilfsweise beruft sie sich darauf, dass die Videos noch rechtzeitig, innerhalb von 14 Tagen, vom Nutzer entfernt bzw. von ihr gelöscht worden seien.
Mit ihrer Anschlussberufung beantragen die Kläger, den ursprünglichen Beschluss vollständig zu bestätigen, also das landgerichtliche Urteil im Hinblick auf die Beschränkung des räumlichen Geltungsbereichs abzuändern.
B. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Anschlussberufung war zurückzuweisen.
I. Zur Berufung der Beklagten
Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Verfügungsanspruch aus den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung des Verbreitens zweier Videos (Antrag zu 1.) bzw. Behauptens und Verbreitens der mit den Anträgen zu 2. und 3. bezeichneten Äußerungen zu.
1. Hinsichtlich der Anträge zu 1. und 2. a) und b) ist ein Anspruch deshalb nicht gegeben, weil, wenn man davon ausgeht, dass diese Äußerungen das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin zu 1. bzw. das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers zu 2. verletzen, die Beklagte dafür nicht als Störerin i.S. von § 1004 ...