Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverhältnis zwischen Bio-Bauer und Online-Shop trotz unterschiedlicher Vertriebswege
Leitsatz (amtlich)
Bei der Frage, ob ein Bio-Bauer und ein Online-Shop-Betreiber im Hinblick auf das Anbieten von Müslimischungen und entsprechenden Zutaten in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen, kommt es nicht darauf an, ob der Bio-Bauer auch an Hofläden liefert und nur Großmengen von 5 kg abgibt. Es ist auch nicht maßgeblich, dass beide unterschiedliche Vertriebswege bedienen.
Normenkette
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 25.03.2021; Aktenzeichen 13 O 2262/20) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 25.3.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden abgeändert.
Die einstweilige Verfügung vom 24.11.2020 wird - im Sinne eines Neuerlasses - aufrechterhalten mit folgender Maßgabe:
"wie geschehen auf der Internetseite '(...).de', Anlage A3, A4"
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Eilverfahrens beider Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Verletzung von Informationspflichten im Rahmen eines Online-Shops.
Der Antragsteller ist Bio-Landwirt und verkauft Getreide aus eigenem Anbau. Daneben bietet er auch Müslis aus eigenem Getreide und zugekauften Zutaten an. Diese Produkte können über eine Website bestellt und nach Absprache auf dem Hof abgeholt werden. Über einen Hofladen verfügt er nicht.
Die Antragsgegnerin betreibt unter der Domain www.(...).de einen Online-Shop, über den sie Müslimischungen vertreibt, die Kunden aus verschiedenen Zutaten selbst zusammenstellen können. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen A3, A4 Bezug genommen.
Der Antragsteller mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 20.10.2020 wegen des Verstoßes gegen gesetzliche Informationspflichten ab. Die Antragsgegnerin wies die Abmahnung zurück.
Das Landgericht hat auf Antrag des Antragstellers der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 24.11.2020 unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,
I. im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Fernabsatz an Letztverbraucher betreffend Lebensmittelangebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten,
1. bei denen es sich um nach Volumen von 10 ml und mehr angebotene und/oder beworbene Fertigpackungen handelt, für die nicht gleichzeitig der Preis je Mengeneinheit (Grundpreis) und der Gesamtpreis jeweils unmissverständlich, klar erkennbar (in unmittelbarer Nähe) und gut lesbar angegeben werden und/oder
2. ohne über das gesetzliche Widerrufsrecht, über Form und Frist des Widerrufs, sonstige Fristen, Wertersatz, Rechtsfolgen und Rückabwicklung zu belehren und/oder eine Widerrufsbelehrung ohne Information über das Muster-Widerrufsformular gemäß dem amtlichen Muster zur Verfügung zu stellen und/oder
3. ohne den Liefertermin anzugeben und/oder
4. ohne einen leicht zugänglichen Link zur Online-Streitschlichtungsplattform einzustellen;
II. im elektronischen Geschäftsverkehr zu Zwecken des Wettbewerbs betreffend Lebensmittelangebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten,
1. ohne die Kunden darüber zu informieren, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer selbst gespeichert wird und ob der Unternehmer selbst den Vertragstext dem Kunden zugänglich macht;
2. ohne den Kunden die Möglichkeit zu verschaffen, die Vertragsbestimmungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern.
Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht die Beschlussverfügung mit Urteil vom 25.3.2021 wieder aufgehoben und den Eilantrag zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, dem Antragsteller fehle es an der Anspruchsberechtigung, da kein konkretes Wettbewerbsverhältnis der Parteien gegeben sei.
Dagegen richtet sich die Berufung des Antragstellers, mit der er seinen Eilantrag weiterverfolgt. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.
Der Antragsteller beantragt,
das Urteil des Landgerichts Wiesbaden 13 O 2262/20 aufzuheben und die einstweilige Verfügung vom 14.11.2020 zu bestätigen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II. Die zulässige Berufung des Antragstellers hat auch in der Sache Erfolg.
1. Den Eilanträgen fehlt es nicht an der nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Bestimmtheit. Zwar sind Unterlassungsanträge, die im Wesentlichen lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen (vgl. BGH WRP 2000, 389 - Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge). Das gilt jedoch nicht, wenn sich das Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert (BGH GRUR 2017, 537 - Konsumgetreide m.w.N.). Der Antragsteller hat seine Anträge nicht ausdrücklich auf die konkrete Verletzungsform be...