Leitsatz (amtlich)
1. Spielen mehrere Hunde verschiedener Tierhalter miteinander und wird einer der Tierhalter durch einen der spielenden Hunde verletzt, ist bei einem Anspruch gegen dessen Halter nach §§ 833 ff., 253 Abs. 2 BGB die mitwirkende Tiergefahr des eigenen und der anderen Hunde im Rahmen eines Gesamtschuldnerausgleichs zu berücksichtigen.
2. Dabei entfällt nicht zwingend auf jeden der beteiligten Tierhalter die gleiche Quote, da sich trotz des Zusammenwirkens der mehreren spielenden Hunde bei der Verwirklichung der Tiergefahr diese sich bei den einzelnen Hunden in unterschiedlichem Maße verwirklichen kann.
Normenkette
BGB §§ 253, 833
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-10 O 426/05) |
Gründe
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Die Klägerin verlangt - nach Rücknahme der ursprünglich auch gegen die Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 1) erhobenen Klage - von dem Beklagten zu 1) - im weiteren: Beklagten - die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes i.H.v. insgesamt mindestens 10.000 EUR, abzgl. von der Haftpflichtversicherung des Beklagten bereits gezahlter 2.700 EUR. Bei dem zugrunde liegenden Schadensereignis wurde die Klägerin am 13.2.2003 im ...-Park in O1 von dem Hund des Beklagten, einem Schäferhund, umgerannt und erlitt durch den Sturz eine laterale Tibiakopf-Depressions-Impressionsfraktur am linken Bein. Die erforderliche Operation erfolgte am 14.2.2003. Der stationäre Krankenhausaufenthalt dauerte bis zum 26.2.2003. Es folgten unfallbedingt weitere stationäre Aufenthalte in der Zeit vom 27.2.2003 bis 13.3.2003 und vom 22.5.2003 bis 26.3.2003. Die postoperative ambulante Behandlung dauerte etwa 12 Wochen.
Zum Unfallzeitpunkt befand sich die Klägerin mit ihrem Hund im ... park und stand in einer Gruppe von vier Hundehaltern, deren insgesamt drei Hunde unangeleint herumtobten, wobei der von seiner Ehefrau ausgeführte Hund des Beklagten hinter der Hündin der Klägerin und der Hündin der Eheleute A herlief, bevor er mit der Klägerin zusammenstieß. Der nähere Hergang des Unfalles wird von den Parteien im Detail unterschiedlich dargestellt.
Nachdem die Haftpflichtversicherung des Beklagten an die Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. 2.700 EUR gezahlt hatte, macht die Klägerin nunmehr ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch weitere 7.300 EUR geltend.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Es hat gemeint, ein Schmerzensgeld i.H.v. 7.300 EUR sei im Hinblick auf die von der Klägerin erlittenen Verletzungen und notwendigen Behandlungen angemessen. Unter Verneinung eines Mitverschuldens der Klägerin hat das LG den Beklagten wegen Gefährdungshaftung nach §§ 833, 253 Abs. 2 BGB dem Antrag der Klägerin entsprechend verurteilt.
Dagegen richtet sich die zulässige Berufung des Beklagten. Er ist der Auffassung, dass das LG eine Schadensmitverantwortlichkeit der Klägerin unzutreffend an dem Maßstab des Mitverschuldens und nicht am Maßstab einer wegen ihrer Mithaftung aus der für ihre Hündin bestehenden Tiergefahr orientiert habe. Auch habe das LG die von der Hündin der Eheleute A ausgehende Tiergefahr nicht berücksichtigt. Überdies habe es bei der Feststellung der Angemessenheit des Schmerzensgeldes nicht erkannt, dass die Klägerin bereits 2.700 EUR erhalten hatte. Ein weiterer Anspruch stehe der Klägerin nicht zu. Überdies sei auch die Kostenentscheidung lückenhaft.
Der Beklagte beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
In der Berufungsinstanz wiederholten und vertieften die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Akten des Rechtsstreits 2/28 O 308/05 des LG Frankfurt/M., in dem die Haftpflichtversicherung des Beklagten die Eheleute A im Regresswege in Anspruch genommen hat, waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Die Berufung des Beklagten hat zum Teil Erfolg.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Schmerzensgeldanspruch i.H.v. weiteren 1.300 EUR gem. §§ 833, 253 Abs. 2 BGB zu.
Der von dem Beklagten gehaltene Schäferhund hat den Unfall der Klägerin als einer der drei herumtollenden Hunde mitverursacht. Insoweit hat sich die typische Tiergefahr verwirklicht, indem der Hund unkontrolliert in die stehende Personengruppe hineingelaufen und dabei gegen die Klägerin gestoßen ist. Dabei kann das Verhalten des Hundes des Beklagten jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr hat sich - für die Hundehalter auch erkennbar - die Unberechenbarkeit des tierischen Verhaltens dieses Hundes dadurch erhöht, dass mehrere Hunde miteinander herumgetobt haben, wobei hinsichtlich grundsätzlichen Haftungsvoraussetzungen unerheblich ist, welcher der Hunde den anderen Hunden nachgelaufen ist und wie sich die Hunde im Einzelnen vor dem Unfallereignis verhalten haben, so dass es auch auf die insoweit teilweise unterschiedlichen Darstellungen nicht ankommt. Hunde, die in der Nähe anderer Hunde her...