Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ist kein betriebsbezogener Eingriff.
2. Zur Ursächlichkeit der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht für eingetretene Schäden.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.11.2003; Aktenzeichen 2/19 O 140/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 25.11.2003 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird gestattet, eine Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte demontierte im Dezember 1999 im Gebäude der D.B. AG in der Sch.-straße in F. eine Rolltreppe, die vom Kellergeschoss zum Erdgeschoss führte. Durch die Demontage der Rolltreppe entstand eine Öffnung in der Betondecke. Durch diese Öffnung wurde eine etwa 80 cm tiefer gelegene abgehängte Decke über dem Kellergeschoss frei gelegt. Diese in Leichtbauweise gefertigte abgehängte Decke bestand aus Gipskartonplatten, sie war deshalb nicht tragfähig. An die abgehängte Decke war vom Kellergeschoss her eine Leiter angelehnt. Am 9.12.1999 besichtigte der Kläger zusammen mit dem bauleitenden Architekten Z. die Baustelle. Sie beabsichtigten, in das Kellergeschoss abzusteigen, um von dort aus Art und Umfang der noch von der Elektro-H. GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger ist, zu verrichtenden Elektroarbeiten festzustellen. Das durch die Arbeiten der Beklagten entstandene Loch war nicht abgesichert. Als der damals 104 kg schwere Kläger auf die Gipskartonplatte der abgehängten Decke stieg, um auf diese Weise in den Keller zu gelangen, brach die Decke ein. Der Kläger stürzte in das Kellergeschoss und zog sich schwere Verletzungen zu. Der Kläger, der Alleingesellschafter der Firma Elektro-H. GmbH ist, nimmt die Beklagte aus eigenem sowie aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch.
Der Kläger hat behauptet, die Firma Elektro-H. GmbH habe für den Zeitraum seiner Arbeitsunfähigkeit einen anderen Elektromeister beschäftigen müssen. Im Zeitraum vom 3.1. bis 12.2.2000 habe sie hierfür 13.974,59 Euro aufwenden müssen. Der Kläger hat diese Schadensposition aus eigenem Recht im Rahmen einer Drittschadensliquidation geltend gemacht und sich vorsorglich Schadensersatzansprüche der Firma Elektro-H. GmbH abtreten lassen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.974,59 Euro sowie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen; sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Vorfall vom 9.12.1999 zu ersetzen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, die Leiter sei nicht von ihr, sondern bauseits aufgestellt worden. Sie habe die Leiter an die Zwischendecke nicht angestellt. Die Anbringung eines Flatterbandes zur Absicherung der Fußbodenöffnung sei nicht notwendig gewesen, weil zum Unfallzeitpunkt ausschließlich Mitarbeiter der Beklagten auf der Baustelle tätig gewesen seien. In jedem Fall müsse sich der Kläger ein erhebliches Mitverschulden zurechnen lassen.
Das LG hat mit dem angegriffenen Urteil die Klage abgewiesen, weil eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht für den Sturz des Klägers nicht ursächlich gewesen sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit seiner zulässigen Berufung verfolgt der Kläger unter Hinweis auf seine weiterhin bestehenden erheblichen Beschwerden und die Einschränkung seiner Arbeitsfähigkeit in Anbetracht der Art und des Umfangs der erlittenen Verletzungen ein Schmerzensgeld i.H.v. 30.000 Euro. Unter Hinweis auf den Geschäftsvertrag, wonach er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sei, verlangt er auch weiterhin den durch die Beschäftigung eines Elektromeisters entstandenen Schaden.
Der Kläger ist der Auffassung, das LG habe den Umfang der der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht verkannt. Nach §§ 12 und 12a der Unfallverhütungsvorschriften BGVC 22 Bauarbeiten müssten an Öffnungen in Bödendecken und Dachflächen sowie Vertiefungen Einrichtungen vorhanden sein, die ein Abstürzen, Hineinfallen oder Hineintreten von Personen verhinderten. Neben der Anbringung einer Absperrung wäre es auch erforderlich gewesen, die Leiter wegzustellen. Es könne nicht darauf ankommen, durch wen die Leiter aufgestellt worden sei. Er hätte selbst bei Anbringung einer einfachen Absperrung den Unfallort nicht betreten (Beweis: Parteivernehmung des Klägers). Der Kläger könne als geschäftsführender Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft den Vermögensnacht...