Entscheidungsstichwort (Thema)

Notarielle Amtspflichten bei Vertrag über ausländische Immobilie

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die hinreichende Aufklärung der Urkundsbeteiligten hinsichtlich der rechtlichen Problematik der Beurkundung eines Verfügungsgeschäfts über ein in der Türkei belegenes Wohneigentum setzt gem. § 17 Abs. 3 Satz 1 BeurkG den Hinweis auf das möglicherweise zur Anwendung berufene ausländische Recht voraus.

2. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 BeurkG muss ein Notar die Beteiligten zwar nicht über den Inhalt ausländischer Rechtsordnungen belehren; er muss indes die Beteiligten darauf hinweisen, dass eine Orientierung am deutschen Recht zur Unwirksamkeit des beurkundeten Rechtsgeschäfts führen kann.

3. Wenn sich die Beteiligten mit dem nicht zufrieden geben und auf der Beurkundung bestehen, kann der Notar nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BNotO eine Urkundstätigkeit ablehnen, oder er muss bei Zweifeln an der Wirksamkeit des Geschäfts gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 BeurkG seine Belehrung und die dazu abgegebenen Erklärungen der Beteiligten in der Urkunde vermerken.

4. Fehlt ein solcher Vermerk, so kehrt sich im Haftungsprozess die Beweislast dahingehend um, dass nicht der Anspruchsteller das Fehlen der Belehrung, sondern der Notar deren Erteilung zu beweisen hat.

5. Hat der Notar nicht in dem erforderlichen Umfang belehrt und erfährt er nach Beurkundung positiv von der Unwirksamkeit des Geschäfts, so hat er die Urkundsbeteiligten auf die Unwirksamkeit hinzuweisen, gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG den wahren Willen der Beteiligten zu erforschen und ihnen den zur Erreichung des Ziels geeigneten Weg vorzuschlagen.

 

Normenkette

BeurkG § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2, Abs. 3 Sätze 1-2; BNotO § 15 Abs. 1 S. 1, § 19 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 26.06.2009)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 26.6.2009 verkündete Urteil des LG Limburg - 2. Zivilkammer - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der beklagten Notarin Schadensersatz wegen einer notariellen Pflichtverletzung im Zuge eines von der Beklagten beurkundeten "Darlehens- und Übereignungsvertrages mit Auflassung".

Dem Kläger, einem Viehhändler, stand ggü. den Brüdern A und B X sowie deren Vater C X, die eine Metzgerei betrieben, aus Warenlieferung eine Forderung i.H.v. insgesamt 78.000 EUR zu. Der Kläger und B X wandten sich an die Beklagte mit dem Ziel einer notariell beurkundeten vertraglichen Vereinbarung, mit der die Kaufpreisforderung in ein Darlehen umgeschuldet und die Darlehensansprüche des Klägers abgesichert werden sollten. Am 10.3.2006 beurkundete die Beklagte den Vertrag, bei dem B X im eigenen Namen und dem seines Bruders A handelte (Bl. 8 ff. GA). In § 2 des Vertrages ist die Umwandlung des Kaufpreisforderung in eine mit 6 % verzinsliche Darlehensforderung, die ratenweise Tilgung und die Titulierung dieses Anspruchs geregelt, indem sich B X und sein Bruder insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwarfen. Zur Sicherung der Darlehensansprüche des Klägers trat B X an diesen zum einen die Grundschuld an einem Grundstück in Stadt1 ab (§ 3 des Vertrages). Darüber hinaus übereignete B X (§ 4 des Vertrages) an den Kläger eine nicht näher bezeichnete Wohnung in Stadt2/Türkei zu Alleineigentum. Insoweit erklärten die Parteien die Auflassung, wobei die Beklagte angewiesen wurde, die Eigentumsumschreibung erst zu veranlassen, wenn B X seiner Rückzahlungsverpflichtung aus dem Darlehen bis zum Ablauf von 3 ½ Jahren nach Beurkundung nicht nachgekommen sein sollte. Zur Sicherung des Anspruches auf Übertragung des Eigentums bewilligte B X die Eintragung einer Vormerkung; beide Urkundsbeteiligten beantragten insoweit die Eintragung (§ 5 des Vertrages). Zugleich wurde die Beklagte beauftragt, die Eintragung der Auflassungsvormerkung zu veranlassen und "ggf. einen türkischen Notar mit der Abwicklung zu beauftragen." Aus § 1 des Vertrages ergibt sich, dass der Beklagten bezüglich dieses Wohneigentums des B X ein Grundbuchauszug nicht vorlag und die Beteiligten auf die Risiken hingewiesen gleichwohl um sofortige Beurkundung baten. Mit notarieller Erklärung vom 17.3.2006 genehmigte A X den Vertrag.

Nachdem sich die Beklagte beim Deutschen Notarinstitut hinsichtlich der Voraussetzungen für die Übertragung des Eigentums an einer in der Türkei gelegenen Wohnung sachkundig gemacht und erfahren hatte, dass das türkische Recht eine Auflassungsvormerkung nicht kennt, wandte sie sich mit Schreiben vom 13.04. 2006 an B X sowie mit Schreiben vom 18.4.2006 an den Kläger mit dem Hinweis, dass eine "Sicherungsabtretung der Wohnung in der Türkei" nach türkischem Recht nicht möglich sei, so dass dieser Teil der Urkunde...

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