Verfahrensgang

LG Kassel (Urteil vom 01.06.2021; Aktenzeichen 8 O 2355/20)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 1. Juni 2021 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Kassel wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil des Landgerichts vom 1. Juni 2021 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Wert des Streitgegenstands für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 6.861,42 Euro.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte mit der am 6. Januar 2021 zugestellten Klage auf Zahlung von Restschadensersatz in Anspruch, hilfsweise im Wege der Stufenklage nach Auskunft und Rechnungslegung, wegen des Erwerbs eines Fahrzeugs der Marke VW vom Typ Passat Variant 2.0 TDI mit der Fahrzeug-Identifikationsnummer (FIN) ... (im Folgenden kurz: Passat).

Der Kläger erwarb das Fahrzeug mit Kaufvertrag vom 6. März 2014 als Neuwagen von der X GmbH zum Kaufpreis von 28.368,40 Euro (vgl. die Rechnung vom 11. April 2014, K1, Bl. 35 Bd. I d. A.), das mit einem Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet ist. Die Beklagte ist die Herstellerin des Fahrzeugs.

Die im Zusammenhang mit dem Motor verwendete Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid (NOx) - optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typgenehmigung der festgestellten Emissionsklasse maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand. Die Stickoxidgrenzwerte der maßgeblichen Euro 5-Norm wurden nur im Abgasrückführungsmodus 1 eingehalten.

Im September 2015 räumte die Beklagte öffentlich die Verwendung einer entsprechenden Software ein. Unter dem 15. Oktober 2015 erging gegen sie ein bestandskräftiger Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) mit nachträglichen Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung, der auch das Fahrzeug des Klägers betrifft. Das KBA ging vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung aus und gab der Beklagten auf, diese zu beseitigen und die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte anderweitig zu gewährleisten. Die Beklagte gab mit Pressemitteilung vom 25. November 2015 bekannt, Software-Updates durchzuführen, mit denen diese Software aus allen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA189 mit 2,0-Liter-Hubraum entfernt werden sollte.

In der Folge ließ der Kläger das auch ihm angebotene Software-Update an dem Passat aufspielen.

Der Kläger hat zunächst die Ansicht vertreten, er habe einen - nicht verjährten - Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagte auf Ersatz des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Passats. Auf seinen Schadensersatzanspruch lasse er sich Nutzungsvorteile für bei Klageeinreichung am 10. Dezember 2020 gefahrene 155.000 Kilometer anrechnen. Er hat behauptet, bei Erwerb habe die zu erwartende Gesamtlaufleistung des Neufahrzeugs 300.000 Kilometer betragen, woraus sich ein Wert des Nutzungsvorteils von 14.657,01 Euro ergebe. Verjährungsbeginn sei frühestens mit Ablauf des Jahr 2017 eingetreten. Zuletzt hat der Kläger die Auffassung vertreten, mit Ablauf des Jahres 2019 sei Verjährung seines Anspruchs eingetreten, so dass die Beklagte die Leistung zu Recht nach § 214 BGB verweigere. Allerdings habe er nunmehr Anspruch auf Herausgabe des Erlangten gemäß §§ 852, 818 Abs. 1 und 2 BGB im Rahmen eines Restschadensersatzanspruchs. Dass die Beklagte selbst am Kaufvertrag nicht beteiligt gewesen sei, spiele dabei keine Rolle. Es sei ihm nicht bekannt, ob die Beklagte das von ihr hergestellte Fahrzeug durch Direktverkauf an den Vertragshändler oder im Wege eines Kommissionsgeschäftes mit diesem vertrieben habe. Weil er den Passat als Neufahrzeug von einem VW-Vertragshändler erworben habe, müsse die Beklagte den verbleibenden Erlös, den sie abzüglich der entsprechenden Kosten aus dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs erlangt habe, also die Gewinnmarge, herausgeben.

Nachdem der Kläger zunächst in der Hauptsache Zahlung eines Betrags von 13.711,39 Euro Zug um Zug gegen Herausgabe des Passats an die Beklagte verlangt hatte, hat er zuletzt - im Wege der Stufenklage - beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die aus dem In-Verkehr-Bringen des PKW VW Passat Variant, Fahrgestellnummer ... erlangte,

2. für den Fall, dass die Auskunft bezüglich der Gewinnmarge n...

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